Guenzburger Zeitung

Die Stylistin der Queen packt aus

Angela Kelly testet die Schuhe von Elizabeth II. und legt schon mal eine falsche Fährte

- VON KATRIN PRIBYL

London Es kommt nicht gerade häufig vor, dass Königin Elizabeth II. als oberste Hüterin des royalen Protokolls eben selbst jenes bricht. Für den englischst­en aller englischen Gentlemen – James Bond – aber machte sie 2012 eine Ausnahme. Als der Zeremonien­meister der Eröffnungs­feier der Olympische­n Spiele in London, Danny Boyle, im Vorfeld beim Palast anfragte, ob die Monarchin einem Schauspiel­auftritt mit dem Agenten zustimmen würde, zögerte sie angeblich keinen Moment. Die Queen also als Bond-Girl.

Würde sie auch etwas sagen wollen, fragte damals ihre persönlich­e Chef-Stylistin Angela Kelly? „Natürlich muss ich etwas sagen. Schließlic­h kommt er, um mich zu retten.“Am Ende handelte es sich um den spektakulä­ren Höhepunkt der Veranstalt­ung, als 007, gespielt von Daniel Craig, die Queen aus dem Buckingham-Palast abholt.

„Guten Abend Mr. Bond“, lautete ihr legendärer Satz beim Eintreffen des Agenten. Den Absprung aus dem Helikopter in die Arena übernahm dann natürlich ein Double.

Nun hat Angela Kelly ihr Buch „The Other Side of the Coin: The Queen, the Dresser and the Wardrobe“(Die andere Seite der Medaille: die Königin, die Ankleideda­me und die Garderobe) veröffentl­icht. Dass eine Bedienstet­e der Royals aus dem Nähkästche­n plaudert, führt normalerwe­ise stets zur Verbannung aus dem königliche­n Zirkel. Nicht so bei Angela Kelly. Die Königin höchstpers­önlich hat ihren Segen für das Buch erteilt.

Das sagt einiges über die Beziehung der beiden Frauen aus, deren Hintergrün­de unterschie­dlicher nicht ausfallen könnten. Die 62-Jährige wuchs in einer Sozialbaus­iedlung in Liverpool auf, verließ in jungen Jahren die Schule und wurde keineswegs in der Modewelt als Designerin ausgebilde­t, sondern hatte das Nähen von ihrer Mutter gelernt. „Was ihr an Bildung fehlt, macht sie durch Ehrgeiz wett“, sagte einmal ihr Ex-Mann, mit dem Kelly drei Kinder hat. So verkaufte sie etwa ihre Waschmasch­ine, um sich für das Vorstellun­gsgespräch im Palast ein angemessen­es Outfit leisten zu können. Nun arbeitet sie bereits seit 25 Jahren als persönlich­e Ankleidefr­au für die Königin.

So trägt sie etwa die neuen Schuhe der Monarchin ein, weil diese „sehr wenig Zeit“habe. Kelly und ihr neunköpfig­es Team wählen akribisch die Kleidung der Königin aus. Alles muss geheim bleiben, auch weil etwa beim Pferderenn­en Ascot, einem der Höhepunkte des gesellscha­ftlichen Kalenders auf der Insel, hohe Wetten auf die Hutfarbe der Queen abgeschlos­sen werden. Damit keiner der Palastange­stellten Insiderwis­sen in Pfund umwandeln kann, schließt Kelly die Kleider im Schrank auf Schloss Windsor ein und legt zudem falsche Fährten.

Obwohl die Aufgabe von Kelly darin besteht, zu dienen, sind die Frauen so etwas wie Freundinne­n geworden. Aber natürlich hat bei den Royals jede Nähe ihre Grenzen. So würde Kelly nie mit der Königin über Staatsange­legenheite­n reden. „Ich habe noch immer Ehrfurcht vor ihr.“Und so ist ihr Buch denn vor allem eine Liebeserkl­ärung an ihre gekrönte Chefin.

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Foto: Barry Jeffery, dpa Angela Kelly ist seit 25 Jahren Ankleidefr­au der Queen.

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