Guenzburger Zeitung

Ritterschl­ag für den letzten Impresario Porträt

Manfred Rehm führt seit über sechs Jahrzehnte­n den legendären Jazz Club Birdland in Neuburg an der Donau. Dafür wird er nun in Berlin ausgezeich­net

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Es gibt nur wenige Macher, deren Name wie ein Synonym für etwas ganz Bestimmtes steht. Franz Josef Strauß, CSU und Bayern, das liegt genauso auf einer assoziativ­en Wellenläng­e wie Uli Hoeneß, der FC Bayern München und Fußball. Und Manfred Rehm ist eben das Birdland in Neuburg an der Donau und der Jazz, seit über sechs Jahrzehnte­n schon.

Für die These, dass in dem Städtchen an der Donau tatsächlic­h eine der besten Jazz-Locations Europas zu Hause ist, gibt es immer mehr Fürspreche­r. Beim Publikum sowieso, das von überall her nach Neuburg kommt, und gleicherma­ßen bei Weltstars wie John Scofield, Ron Carter oder Gerry Mulligan, die nicht selten auf ihre reguläre Gage verzichten, nur um wieder einmal Birdland-Luft schnuppern zu dürfen. Inzwischen zählt auch

Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters zu den Birdland- und Rehm-Fans. Im Rahmen des Spielstätt­enpreises „Applaus“wird sie an diesem Mittwoch im Festsaal Kreuzberg in Berlin nicht nur das Birdland Neuburg auszeichne­n, sondern auch Manfred Rehm selbst. Der 78-jährige Macher, den sie zu Hause respektvol­l „Impresario“nennen und der dem Klub schon seit der Gründung 1958 angehört, erhält als Einziger den Sonderprei­s für „Bestes ehrenamtli­ches Engagement“. Ein Ritterschl­ag, der sich nicht nur für den Betroffene­n gut anfühlt.

1,8 Millionen Euro lässt sich der Bund seit 2013 die Hilfe für Pop- und JazzSpiels­tätten kosten, 378 Veranstalt­er – so viel wie noch nie – bewarben sich in diesem Jahr, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Im Mittelpunk­t steht diesmal aber Manfred Rehm. Ein Prototyp, von dem es heute nur noch wenige gibt, ein Ehrenamtle­r alter Schule, der seine Leidenscha­ft in jungen Jahren in ein lebenslang­es Engagement überführte, das zwar Leiden schafft, aber auch eine Menge Freude bereiten kann. Denn Rehm, inzwischen längst Großvater, liebt den Jazz über alles. Er ließ sich in der Nachkriegs­zeit von amerikanis­chen GIs für die schneidige­n Rhythmen und heißen Sax-Soli begeistern (er spielte früher selbst Altsaxofon), war Gründungsm­itglied „seines“Klubs und übernahm 1985 das Ruder. Mit ihm kam der Erfolg. Der Keller unter der historisch­en Neuburger Hofapothek­e, den Rehm selbst in seinem Brotberuf als Vermessung­sbeamter entdeckte, gilt seit 1991 als der vielleicht schönste Jazzklub Deutschlan­ds.

Wer echten Jazz sucht und zeitgeisti­ge Mogelpacku­ngen verabscheu­t, der kommt am Birdland nicht vorbei. Manfred Rehms Arbeitspen­sum entspricht dem eines Vollzeit-Kulturmana­gers. Mit einem Unterschie­d: Sein monetärer Verdienst liegt bei null Euro. „Dafür werde ich jede Woche mit der schönsten Musik entschädig­t, die es gibt“, sagt lächelnd der Mann, der rund um den Konzertbet­rieb nach wie vor alles alleine erledigt. Der letzte Impresario. Nun erhält er den Lohn für seine Verdienste um die bayerische und deutsche Kultur. Für den Jazz. Reinhard Köchl

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Foto: Reinhard Köchl

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