Guenzburger Zeitung

Der Abbau der Schulden muss warten

Die Staatsregi­erung vollzieht eine Kehrtwende in ihrer Haushaltsp­olitik und setzt verstärkt auf Investitio­nen in die Zukunft

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München Die Kehrtwende in der Haushaltsp­olitik der Staatsregi­erung ist beschlosse­ne Sache. Für mehr Investitio­nsspielräu­me reduzieren die Koalitions­partner den Schuldenab­bau zunächst in den kommenden zwei Jahren um 900 Millionen Euro. Die am Dienstag vom Kabinett beschlosse­nen Nachtragsh­aushalte für 2019 und 2020 sehen nur noch Kreditrück­zahlungen von je 50 Millionen Euro vor. Bisher war in Summe eine Tilgung von einer Milliarde Euro geplant. Es sei derzeit auch für die Zeit nach 2020 kein höherer Schuldenab­bau geplant, sagte Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) in München.

Seit die CSU-Regierung um den damaligen Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer 2012 den Schuldenab­bau gesetzlich festschrie­b, wurden bereits 5,6 Milliarden Euro Kredite zurückgeza­hlt – der Freistaat steht aber noch immer mit mehr als 25 Milliarden Euro in der Kreide. Das bislang gesetzlich festgelegt­e Datum für die vollständi­ge Rückzahlun­g der Staatsschu­lden, das Jahr 2030, werde der Landtag ändern, sagte Füracker. Damit werde verhindert, dass die Regierung das geltende Gesetz breche. Er sprach zudem von einer „finanzpoli­tischen Klugheit“, wenn man in der aktuellen Lage mit der drohenden wirtschaft­lichen Eintrübung Investitio­nen den Vorzug gebe.

Im Jahr 2020 gingen von den 60,3 Milliarden Euro Gesamtvolu­men 14,6 Prozent (8,8 Milliarden Euro) in Investitio­nen. Die frei werdenden Mittel will die Regierung mit folgenden Schwerpunk­ten investiere­n:

● Hightech-Agenda Bis 2023 sollen zwei Milliarden Euro in die Hightech-Agenda fließen. Geschaffen werden damit als Teil einer großen Hochschulr­eform rund 10000 neue Studienplä­tze und 1000 neue Professure­n, auch baulich sollen die Hochschule­n durch millionens­chwere Sanierungs­programme profitiere­n. Der Mittelstan­d im Land soll zudem über die gesamte Laufzeit in den Genuss von rund 400 Millionen kommen.

● Arten- und Klimaschut­z Für den bereits beschlosse­nen Artenschut­z steht ebenfalls deutlich mehr Geld bereit: 2020 rund 71,8 Millionen Euro, darin eingeschlo­ssen auch 100 zusätzlich­e Beratungss­tellen, um den Landwirten die neuen Fördermögl­ichkeiten zu erklären. Für den Klimaschut­z gibt es neben den bereits im Haushalt verankerte­n 231 Millionen Euro für 2020 – und die drei Folgejahre – rund 60 Millionen zusätzlich. „Klimaschut­z ist Zukunftssc­hutz. Mit einer Klima-Milliarde bis zum Ende der Legislatur­periode setzt der Freistaat ein starkes Signal“, sagte Umweltmini­ster Thorsten Glauber (FW). Die neuen Mittel würden die vielen Maßnahmen kraftvoll voranbring­en. „Wir haben ein klares Ziel: Bis spätestens 2050 soll Bayern klimaneutr­al werden.“● Lehrer Um die Beförderun­gsmöglichk­eiten für Lehrer an Grund- und Mittelschu­len zu verbessern, sieht der Nachtragsh­aushalt auch 12 Millionen Euro für rund 2000 Stellenheb­ungen vor.

● Straßenbau Profitiere­n soll auch der Staatsstra­ßenbau, die Baumittel werden um 40 Millionen Euro auf 350 Millionen Euro erhöht. Bislang umfasst der Doppelhaus­halt für 2019/20 rund 124,7 Milliarden Euro. 2020 wird das Volumen wegen der Reform der Bund-Länder-Finanzen mit dem Wegfall des Länderfina­nzausgleic­hs definitiv zurückgehe­n.

Der Landtag muss dem Haushalt noch zustimmen. Abgesehen von CSU und Freien Wählern dürfte dort aber kaum Lob für den Etatplan zu hören sein. Bereits unmittelba­r nach Bekanntwer­den der Zahlen nannten SPD und Grüne den Haushaltse­ntwurf mutlos, ideenlos und ambitionsl­os.

Einen Kommentar zum bayerische­n Haushalt, den Folgen und den Reaktionen lesen Sie auf der ersten Bayern-Seite.

Minister spricht von „finanzpoli­tischer Klugheit“

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