Jüdisch deutsch
Dana von Suffrins schwungvolles Debüt
„Allen pensionierten Ingenieuren“widmet Dana von Suffrin ihren ersten Roman, denn ein solcher war ihr Vater Otto, wie auch schlicht der Buchtitel heißt. Otto ist jetzt, da die Autorin erzählt, ein alter Mann, der sich mehr im Krankenhaus als zu Hause aufhält. Sobald er aber wieder mal mithilfe der Medizin dem Tod von der Schippe gesprungen ist, droht er seinen Töchtern, er werde sie noch alle beide überleben, und wenn sie ihn dann brav nach Hause holen, fängt er schon wieder an, sie zu tyrannisieren. Eine Erfahrung, die vermutlich nicht wenige Erwachsene mit ihren vergreisten Eltern machen. Bei der Ich-Erzählerin freilich ist etwas anders: Ihr Vater ist ein Jude, der den Nazis entkommen ist und sich nach dem Krieg eine Existenz in München aufgebaut hat. Seine jüdische Geschichte spielt also immer mit bei diesem Lebensende.
Dana von Suffrin erzählt davon ohne jede Ehrfurcht, lebendig, flapsig und aus der Perspektive einer Tochter, der die Last der Vergangenheit eigentlich bis obenhin steht. Sie schildert – nicht ohne Holprigkeiten, aber teilweise sehr amüsant – eine junge Frau, die eigentlich daheim ist und daheim sein will in München, der aber immer wieder deutsch-jüdische Missverständnisse in die Quere kommen. Etwa, wenn sie sich in einen Niederbayern aus dem Gäuboden verliebt und versteht, er komme aus dem Goj-Boden, jener „fruchtbaren Erde, die einen Goj nach dem anderen hervorbringt“. (aba)