Die Onleihe hält Leser vom Buchkauf ab
Börsenverein fordert eine faire Vergütung für elektronische Bücherei-Ausleihen
Berlin Der Börsenverein des deutschen Buchhandels ist sehr beunruhigt: Ausgerechnet buchaffine und kaufkraftstarke Leser drohen dem Buchhandel verloren zu gehen, weil sie die Titel in öffentlichen Büchereien online entleihen. „Knapp die Hälfte kauft weniger oder gar keine Bücher mehr, seitdem sie das Angebot der Onleihe nutzen“, lautet das Resümee einer aktuellen Studie des Börsenvereins und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Insgesamt 2,6 Millionen Menschen, so ergab die Studie, leihen in Deutschland über die Onleihe digital Bücher und andere Medien aus, insgesamt 1,9 Millionen Leser leihen E-Books aus dem Sortiment der öffentlichen Büchereien. Zwei Drittel der Onleihe-Nutzer sind unter 50 Jahre alt. Sie seien damit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich jung. Außerdem sind sie überdurchschnittlich gut situiert und gebildet. Sie gehören eigentlich zu den aktivsten Käufern am Buchmarkt, stellt der Börsenverein
fest. Der Großteil der Onleihe-Nutzer fühlt sich mit dem oft sehr kostengünstigen Angebot der öffentlichen Büchereien gut bedient. Sie seien mit dem Umfang und der Aktualität des Angebots der Onleihe zufrieden, ergab die Studie der Konsumforscher. „Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass die Onleihe-Nutzung unmittelbaren Einfluss auf den Buchmarkt hat“, sagte am Dienstag in Berlin Nadja Kneissler, die Vorsitzende des Verleger-Ausschusses des Börsenvereins.
Um ein weiterhin breit gefächertes Angebot an Büchern und E-Books in Deutschland bereitstellen zu können, seien „gerechte Lizenzregelungen“notwendig. „Die von Bibliotheken geforderten Ausnahmen vom Urheberrecht für die Onleihe, die sogenannten Schrankenregelungen, bieten keine faire Entlohnung für die Leistungen der Verlage und Autoren und sind für uns damit kein gangbarer Weg“, betonte Kneissler im Blick darauf, dass die Bundesregierung die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Onleihe durch öffentliche Bibliotheken überprüfen will. Der Börsenverein fordert stattdessen, dass Bibliotheken zukünftig so ausgestattet werden, dass sie unter fairen Bedingungen für alle Beteiligten E-Books anbieten können.
Lena Falkenhagen, Bundesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, meinte, um der bloßen Erweiterung des digitalen Bibliotheksangebots willen sei es nicht einzusehen, dass die Autorenrechte beschnitten werden – „insbesondere wenn davon finanzstarke Mid-Ager profitieren“. Eine der wichtigsten Aufgaben von Bibliotheken sei die Leseförderung für Kinder und Jugendliche. Um dieser Aufgabe auch mithilfe digitaler Bücher nachkommen zu können, braucht es vor allem eine auf digitale Leseförderung abgestimmte Strategie.