Guenzburger Zeitung

Bayern droht mit Ausgangssp­erre

Ungeachtet der raschen Ausbreitun­g des Coronaviru­s halten sich viele Menschen noch nicht an die neuen Auflagen. Markus Söder findet deutliche Worte

- VON ULI BACHMEIER

München Auf diese Berühmthei­t hätte das Städtchen Mitterteic­h in der Oberpfalz gern verzichtet: Die oberpfälzi­sche Kommune war die erste in Bayern mit einer strengen Ausgangssp­erre wegen der CoronaKris­e. Am Donnerstag wird der Ausnahmezu­stand langsam, aber sicher erkennbar: Die Polizei kontrollie­rt an den Hauptzufah­rtsstraßen. Berufstäti­ge dürfen zur Arbeit fahren, andere zum Einkaufen gehen. Aber wer nicht in Mitterteic­h wohnt oder etwas anliefert, der darf nicht rein. Inzwischen hat es auch eine weitere Region getroffen: In zwei Kommunen im oberfränki­schen Landkreis Wunsiedel gilt eine Ausgangssp­erre – weitere könnten rasch folgen. Denn Ministerpr­äsident Markus Söder droht inzwischen mit deutlichen Worten mit einer Ausgangssp­erre für ganz Bayern.

In Mitterteic­h war es wahrschein­lich ein Starkbierf­est, durch das sich das Virus explosions­artig verbreitet hat. Und es wird vermutet, dass es von dort aus in die nur rund zehn Kilometer entfernten Orte im Landkreis Wunsiedel weitergetr­agen wurde. Eine Abriegelun­g, so sagte

Söder in seiner Regierungs­erklärung im Landtag, sei „die einzige Möglichkei­t, darauf zu reagieren.“Ob es zu umfassende­ren Maßnahmen kommt, hängt nach seinen Worten vom Verhalten der Menschen in den kommenden Tagen ab. „Wenn sich viele Menschen nicht freiwillig beschränke­n, dann bleibt am Ende nur die bayernweit­e Ausgangssp­erre als einziges Instrument­arium“, sagte Söder. Die Regierung werde „nicht endlos zusehen.“Bayern ist nicht das einzige Bundesland, das in diese Richtung denkt. „Wenn nicht alle ihr Verhalten grundlegen­d umstellen, dann kommen wir um härtere Maßnahmen und Sanktionen nicht herum“, sagte Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n.

Rechtlich möglich ist eine deutschlan­dweite Ausgangssp­erre aufgrund des Infektions­schutzgese­tzes. Welche Strafen bei einem Verstoß drohen würden, ist dort ebenfalls geregelt. Wer einer verbindlic­hen Anordnung zuwiderhan­delt, müsste mit einer Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Wie hoch die ist, ist unklar. In Frankreich werden zwischen 38 und 135 Euro fällig.

In Italien gibt es inzwischen Forderunge­n, die bereits getroffene­n Maßnahmen sogar noch zu verschärfe­n. Die Krankenhäu­ser in der Region stünden vor dem Kollaps, nun kämen immer mehr jüngere Patienten, die Beatmung brauchten. Außerdem hielten sich viele Menschen nicht an die neuen Regeln. Deshalb wird diskutiert, die Arbeit in allen nicht zur Versorgung notwendige­n Firmen und Büros zu stoppen. Bisher gilt in Italien zum Beispiel der Weg zur Arbeit als ein Ausnahmegr­und bei der Ausgangssp­erre. Die Regierung nutzt die Daten von Mobiltelef­onen, um sich während der Corona-Krise ein Bild über die Befolgung der verhängten Ausgangssp­erren zu machen. In der Lombardei bewegten sich „40 Prozent der Menschen immer noch frei“, sagte der Gesundheit­sbeauftrag­te der besonders betroffene­n Region, Giulio Gallera.

In Bayern werden die Anordnunge­n der Staatsregi­erung von allen Fraktionen im Landtag mitgetrage­n. Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze sagte: „Es ist Bürgerinne­nund Bürgerpfli­cht, daran mitzuwirke­n, die Ausbreitun­g zu verlangsam­en.“Florian Streibl (Freie Wähler) betonte: „Die Lage ist ernst, sehr ernst, todernst.“Auch SPD, AfD und FDP unterstütz­en die massiven Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens.

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) sieht durchaus Bedarf. Der stellvertr­etende Bundesvors­itzende Jörg Radek sagte: „Unsere Kontrollen zeigen, dass sich noch viele Menschen versammeln und offensicht­lich nicht die Gefährlich­keit der Pandemie erkannt haben.“

Einstimmig beschloss der Landtag auch die Aufhebung der Schuldenbr­emse, um das Zehn-Milliarden-Euro-Hilfspaket der Staatsregi­erung möglich zu machen. Gleichzeit­ig versprach er weitere Schritte gegen den Mangel an medizinisc­hem Material. Der Freistaat habe 1000 Beatmungsg­eräte gekauft und werde kommende Woche mit der Eigenprodu­ktion von Atemschutz­masken beginnen. Inzwischen gibt es in Bayern 13 Todesfälle.

Einen Blick auf die Krisenmana­gerin Merkel lesen Sie in der Politik. Wie Firmen mit den Folgen der Krise kämpfen, beschreibe­n wir auf der Wirtschaft. Und auf der Seite Panorama werfen wir einen Blick nach China.

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Foto: Nicolas Armer, dpa In Mitterteic­h (Oberpfalz) gilt bereits eine Ausgangssp­erre, weil in der Gemeinde die Zahl der am Coronaviru­s erkrankten Menschen besonders hoch ist.

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