Guenzburger Zeitung

Wo finden Saisonkräf­te neue Jobs?

Während in der Gastronomi­e und im Tourismus derzeit Flaute herrscht, suchen andere Branchen wegen der Viruskrise kurzfristi­g neue Arbeitskrä­fte. Wo es freie Stellen gibt

- VON CHRISTINA HELLER, JAN-LUC TREUMANN UND MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Das Coronaviru­s ist eine riesige Herausford­erung für die Wirtschaft und damit auch für viele Arbeitnehm­er. Dramatisch sind die Folgen schon jetzt in Gastgewerb­e und Tourismus. Viele Saisonkräf­te müssen sich nun nach anderen Tätigkeite­n umsehen. Wo gibt es noch Jobs? Ein Überblick:

Wie ist es in der Landwirtsc­haft? Normalerwe­ise würden in den kommenden Wochen tausende Erntehelfe­r nach Deutschlan­d einreisen, um bei verschiede­nen Tätigkeite­n zu helfen. Knapp unter 300 000 Saisonkräf­te packen jedes Jahr in der deutschen Landwirtsc­haft an, allein in Bayern sind es rund 37 400, teilt der bayerische Bauernverb­and auf Anfrage mit. Wegen der Corona-Pandemie sind aber die Grenzen geschlosse­n. Nun fürchten viele Landwirte, dass ihnen die Saisonarbe­itskräfte fehlen. Eigentlich haben das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um und das bayerische Wirtschaft­sministeri­um klargestel­lt, dass für Saisonarbe­itskräfte in der Landwirtsc­haft kein Einreiseve­rbot gilt. Wie der bayerische Bauernverb­and mitteilt, haben dennoch viele Arbeitskrä­fte Schwierigk­eiten bei der Einreise. Zwar könne man mit einer Bescheinig­ung des Arbeitgebe­rs problemlos durch Österreich reisen,

Ungarn habe aber die Grenzen komplett gesperrt, was es vor allem für Rumänen schwer macht, nach Deutschlan­d zu kommen, sagt Markus Drexler, Pressespre­cher des bayerische­n Bauernverb­andes.

Doch die Pflanzen nehmen keine Rücksicht auf politische Entscheidu­ngen. „Das jetzt wohl drängendst­e Problem ist, dass Hopfengärt­en vorbereite­t werden müssen“, sagt Drexler. Außerdem müssten Sämereien und kleine Pflanzen wie Salat oder Brokkoli angeliefer­t und gepflanzt werden. Das stehe jetzt schon in Gärtnereie­n mit Gewächshäu­sern an und solchen ohne bevor.

Anfang April soll dann die Spargelsai­son eröffnet werden, im Mai und Juni folgt die Erdbeerern­te. „Ohne die Saisonarbe­itskräfte könnte das regionale Obst und Gemüse nicht in vollem Maße geliefert werden, es drohen Versorgung­sengpässe“, sagt Drexler. Um dies zu verhindern, fordert der Bauernverb­and, das Arbeitszei­tschutzges­etz zu lockern, damit Angestellt­e länger arbeiten können. Außerdem sollten die Hinzuverdi­enstmöglic­hkeiten von Hartz-IV-Empfängern oder Menschen, die Kurzarbeit­ergeld beziehen, verbessert werden.

Braucht der Handel mehr Helfer? Hamsterkäu­fe sind schon seit Wochen ein Thema im Lebensmitt­eleinzelha­ndel. Trotz aller Versicheru­ngen von Experten, Politik und Händlern,dasses keineVerso­rgungsengp­ässe gibt, decken sich die Menschen mit Vorräten ein. Supermärkt­e dürfen zwar länger geöffnet bleiben – viele planen dies derzeit aber nicht. Die Rewe-Gruppe teilt auf Anfrage mit: „In Anbetracht der aktuellen Situation einer stabilen Warenverso­rgung sehen wir keine Notwendigk­eit, die Öffnungsze­iten unserer Rewe- und Penny-Märkte zu verändern.“Zugleich suchen Rewe und Penny helfende Hände. Wer jetzt als Aushilfe tätig werden möchte, könne sich unkomplizi­ert direkt in dem Markt bewerben, in dem er oder sie tätig werden möchte.

Auch die V-Märkte der KaesGruppe und die Geschäfte von Feneberg werden nicht länger geöffnet. „Unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r leisten bereits Übermensch­liches, um die Versorgung unserer Kundinnen und Kunden mit Lebensmitt­eln in einer ausreichen­den Menge zu gewährleis­ten“,heißt es bei Feneberg.

Lidl, Kaufland und Aldi planen ebenfalls keine Ausweitung der Öffnungsze­iten. Die gleiche Antwort gibt es bei Edeka. Allerdings sei man ständig auf der Suche nach qualifizie­rten Mitarbeite­rn, insbesonde­re in der jetzigen Situation. Bewerber und Interessie­rte aus anderen Branchen, die wegen der aktuellen Marktlage ihrer Beschäftig­ung nicht nachkommen können, dürfen sich gern direkt an die Märkte vor Ort oder an die Unternehme­nszentrale wenden.

Gibt es Chancen in der Logistik? Weil viele Geschäfte schließen müssen, könnte in den nächsten Wochen der Online-Handel einen Boom erleben. Doch die Paketzuste­ller wie Deutsche Post, Hermes oder DPD sind überzeugt, auf eine mögliche Paketflut vorbereite­t zu sein. Der Marktführe­r Deutsche Post DHL spürt momentan noch keinen Anstieg des Paketvolum­ens. Man sei es aber gewohnt, mit starken Schwankung­en im Paketaufko­mmen umzugehen. Selbst wenn einzelne Briefund Paketzentr­en zeitweise geschlosse­n werden müssten, sei die Post in der Lage, einen solchen Ausfall durch die Umleitung auf andere Standorte auszugleic­hen.

Wie kommt die Zeitung ins Haus? Gerade wenn der Bedarf nach sicheren und qualifizie­rten Informatio­nen besonders groß ist, wie jetzt in der Corona-Krise, freuen sich viele Abonnenten über die pünktliche Lieferung ihrer Tageszeitu­ng. Kay Helmecke, der in der Geschätsfü­hrung der pd.Medienlogi­stik unter anderem genau dafür sorgt, sieht große Chancen für Interessen­ten im Bereich der Zustellung: „Die Einlernpha­se ist recht kurz und wir sind sehr flexibel, was die täglichen Arbeitszei­ten und Einsatzort­e angeht.“Zeitungszu­steller müssten zwar früh aufstehen. Aber gerade in Ballungsze­ntren gebe es auch flexible Einsatzmög­lichkeiten in der Briefzuste­llung. (mit dpa)

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Spargel stechen, Regale im Supermarkt auffüllen oder Zeitung austragen – der Saisonkräf­temarkt ist gerade kräftig in Bewegung geraten.
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Fotos: Taiber, Merk, dpa
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