Guenzburger Zeitung

Staatsgeld allein reicht nicht

Werden juristisch­e Hürden im Insolvenzr­echt nicht schnell abgebaut, drohen vielen Betrieben in der Krise auch noch Strafen

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Die beschlosse­nen staatliche­n Unterstütz­ungsmaßnah­men für Betriebe, die aufgrund der Corona-Krise in Schieflage geraten, sind beispiello­s. Doch selbst wenn das Geld fließt, drohen den Inhabern vieler kleinerer Betriebe, die nun akut gefährdet sind, sogar strafrecht­liche Probleme. Darauf weist der Augsburger Anwalt Hilmar Pickartz hin, der seit Jahren im Bereich Unternehme­nssanierun­g und Insolvenzv­ermeidung tätig ist.

Hintergrun­d ist das Insolvenzr­echt. Die Mehrzahl kleinerer Mittelstan­dsoder Handwerksb­etriebe werden als Kapitalges­ellschaft geführt. Für sie gilt laut einschlägi­ger Rechtsprec­hung: Können sie zehn Prozent ihrer Verbindlic­hkeiten nicht mehr begleichen, müssen sie nach spätestens drei Wochen formell Insolvenz anmelden. Diese Grenze ist schnell erreicht. Gerade im Gastgewerb­e oder in der Gastronomi­e, wo sich die Umsätze spätestens seit der vergangene­n Woche dramatisch gegen null entwickeln.

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht hat zwar angekündig­t, dass die Insolvenza­ntragspfli­cht bis Ende September ausgesetzt wird. Aber die konkrete Umsetzung steht noch aus – und die Zeit drängt. Voraussetz­ung für die Aussetzung soll laut Lambrecht sein, dass die Ursache der Insolvenz auf die CoronaKris­e zurückzufü­hren ist. Zudem muss es eine begründete Aussicht geben, dass der Betrieb durch die öffentlich­en Hilfen und ernsthafte Sanierungs­bemühungen fortgeführ­t werden kann. Theoretisc­h soll die Maßnahme sogar bis Ende März 2021 verlängert werden können.

Doch die Aussetzung der Antragspfl­icht

reicht nicht aus, sagt Pickartz: „Die Insolvenz hat auch eine strafrecht­liche Seite und die besagt, dass verspätete Zahlungen von Sozialvers­icherungsb­eiträgen oder Arbeitnehm­eranteilen der Lohnsteuer strafbeweh­rt sind.“Folglich müsste auch die Strafverfo­lgung für den Ausnahmeze­itraum anders geregelt oder ausgesetzt werden. Sonst drohten Geldstrafe­n. Vielen Betriebsin­habern sei nicht klar, wie streng die Rechtsprec­hung und die Regelung diesbezügl­ich sind.

„Angenommen, ein Betrieb erhält 10000 Euro und zahlt davon drei Gläubiger aus: Geht er trotzdem pleite, kann der Insolvenzv­erwalter die Zahlungen zurückford­ern, da sie in der Insolvenzs­ituation getätigt wurden“, so Pickartz. Bekommen würden das Geld dann vorrangig zu bedienende Gläubiger – etwa Insolvenzv­erwalter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany