Ulm hält an Schlafkapseln fest
Das „Ulmer Nest“für wohnungslose Menschen soll auch in Zukunft Unterschlupf bieten. Die Entwickler ziehen nach der Testphase ein positives Fazit
Ulm Die zwei Ulmer Schlafkapseln werden zur Dauereinrichtung. Der Sozialausschuss des Ulmer Gemeinderats stimmte mehrheitlich für die mobilen Obdachlosenunterkünfte. „Sie haben ihren Zweck erfüllt, die Entwickler haben positive Erfahrungen gemacht“, sagt Holger Hördt, der für die Ulmer Stadtverwaltung das Projekt begleitete.
Die Erprobungsphase des Projekts wurde Anfang Oktober vergangenen Jahres eingeleitet. Die beiden Prototypen der Ulmer Nester wurden, wie berichtet, am Karlsplatz und in der Nähe der Pauluskirche, am Eingang der Parkanlage Alter Friedhof in Ulm, aufgestellt und im Echtbetrieb getestet.
Die Universität Kassel begleitete das Projekt wissenschaftlich und kommt zu folgenden Schlüssen:
● Bewertung Die Ulmer Nester werden sowohl von den Nutzenden als auch von der potenziellen Zielgruppe vorwiegend positiv bewertet.
● Hindernisse Für einige potenzielle Nutzer stellen Vorurteile und Berührungsängste ein Nutzungshindernis dar.
● Konflikte Es gab keine Konflikte unter den Wohnungslosen um die Belegung der Nester. Interessierte Anwohner haben die Nester größtenteils positiv aufgenommen.
● Standorte Der Standort Alter Friedhof wurde negativ bewertet, der Standort am Karlsplatz wurde als vorteilhaft angesehen.
Wie Hördt auf Nachfrage sagt, wurde im Ausschuss nicht kontrovers diskutiert. Lediglich die Verwendung des Wortes „Erfrierungsschutz“wurde diskutiert. Dies ist nämlich auch ein Fachbegriff aus dem Gebiet der Wohnungslosenhilfe. Hördt macht klar: Das „Ulmer Nest“ist kein Erfrierungsschutz im juristischen Sinne. Die Zielgruppe: Menschen ohne Obdach, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur andere Menschen meiden.
Der Temperaturunterschied zwischen innen und außen betrug laut Studie im Schnitt zwischen fünf und
Grad. Das sind Bedingungen, in denen ein Mensch durchaus an Unterkühlung sterben kann.
Mit einer Wärmebildkamera wurden Isolationsschwachstellen ausfindig gemacht und optimiert. Über zusätzliche Isolierung soll der Temperaturunterschied weiter verbessert werden.
Entgegen ersten Vermutungen der Stadtverwaltung sowie der Entwickler, der Neu-Ulmer Firma Bootschaft, zeigen sich klar positive Faktoren bei dem belebteren Standort Karlsplatz. Aufgrund der positiven Erfahrungen hier werde dieser Standort auch ab Winter 2020/2021 beibehalten. Der Standort „Alter Friedhof“soll aufgrund der negativen Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung geändert werden. Daher wird ab Winter 2020/2021 ein neuer Standort erprobt. Hierzu finden noch Gespräche mit den Beteiligten statt. Als mögliche Standorte kommen unter anderem der Blaupark oder Kobelgraben in Betracht.
Die Schlafkapsel am Alten Friedhof viel bei den Nutzern wegen ihrer abgelegenen Lage in der Dunkelheit durch. Gefühle von Unsicherheit seien hier aufgekommen.
Die zukünftigen laufenden Kossechs ten für den Regelbetrieb betragen insgesamt etwa 5700 Euro jährlich. Die einmaligen Kosten aus der Überarbeitung beider Ulmer Nester aufgrund der Erkenntnisse aus dem Echtbetrieb belaufen sich auf insgesamt 7600 Euro. Konkret stehen eine Überarbeitung der Dichtungssituation an der Klappe, eine bessere Isolierung, die Überarbeitung der Liegeflächen und eine Versiegelung der Kanten der beiden 450-KiloHolz-Kisten an. Die Ulmer Verwaltung wird weiter prüfen, ob und wie die Kisten angenommen werden, und den Ulmer Stadträten die Ergebnisse präsentieren.