Gegen den Trend
Fußball-Abteilungsleiter Sascha Petroschka erklärt, warum der SV Scheppach entgegen der bayernweiten Entwicklung wenig Nachwuchssorgen im Mädchenfußball hat, warum Nachbarn Probleme machen und wie der Verein mit der Corona-Krise umgeht
Mit dem Mädchenfußball in Bayern geht es bergab. Das hat eine kürzlich veröffentlichte Studie der Uni Würzburg ergeben. Der zufolge waren im Jahr 2010 in Bayern noch 1305 Mädchenteams unter 17 Jahren gemeldet. Im Jahr 2018 waren es nur noch 712, also 45,2 Prozent weniger. Herr Petroschka, warum sehen Sie ihren SV Scheppach als gutes Beispiel dafür, dass es auch anders geht? Petroschka: Wir merken den Trend schon etwas, weil das Sportangebot für Mädchen viel breiter geworden ist. Dennoch schaffen wir es fast jedes Jahr, Teams für den Punktspielbetrieb auf dem Kleinfeld zu stellen. In diesem Jahr bilden wir auch in der U17 und U13 Juniorinnen aus. Sehr erfreulich war der Zulauf bei den Kleinsten, mit derzeit 22 Mädels. Große Sorgen bereiten uns aber Abwerbeversuche der umliegenden Vereine mit einem Angebot, im Freizeitfußball frühzeitig aus dem Juniorinnenspielbetrieb auszuscheiden. Mit jedem Mädchenteam, das unter solchen Bedingungen aus dem Spielbetrieb ausscheidet, verlieren wir ungewollt weitere Spielerinnen. Ein Vereinswechselverbot zu Vereinen ohne Juniorinnenspielbetrieb wäre sehr hilfreich.
Um den bayernweiten Abwärtstrend zu stoppen, reiche es längst nicht mehr aus, abzuwarten bis der Nachwuchs allein den Weg zum Fußball findet, sagt Sandra Hofmann, die Vorsitzende des Mädchenausschusses beim Bayerischen Fußball-Verband. Was tut man beim SV Scheppach, um die Mädels zum Fußball zu locken und bei der Stange zu halten?
Petroschka: Wir machen Aushänge an den Schulen in Jettingen-Schepppach sowie in der näheren Umgebung und sind auch in den sozialen Medien aktiv. Ferner gehen die Mädels in ihren Schulen direkt auf ihre Kameradinnen zu und machen ihnen den Fußball schmackhaft. Wichtig ist zudem, dass man regelmäßigen Trainingsbetrieb anbietet und durchzieht, selbst wenn man mal die Mädels bei den Jungs im Training integrieren muss.
Es wurde auch schon die Forderung laut, der Verband möge doch jene Vereine, die an der Basis Nachwuchsarbeit betreiben, besser unterstützen. Welchen speziellen Wunsch hätten Sie an den Verband?
Petroschka: Eine Idee wäre, dass der Verband von den Vereinen durchgeführte Aktionen unterstützt, indem er die Werbungskosten übernimmt oder für gute Nachwuchsarbeit Geldpreise auslobt, die wir dann der Mädchenabteilung und somit wieder der Nachwuchsarbeit zugutekommen lassen. Unser Trainer Markus Heumader meint, dass auch die
Anzahl der männlichen Spieler problematisch ist. Weil immer mehr Mädels in den eigenen Vereinen dringend benötigt werden, um bei den Jungs die Teams aufzufüllen. Der SV Scheppach selbst steht nun vor dem Problem, dass die Nachbarschaft zwei Jungs aus dem aktuellen Kader abgeworben hat. Jetzt sind die Mädels fest zur Durchführung der Spiele eingeplant, was auch Auswirkungen auf unseren Spielbetrieb haben wird. Es müsste Ausnahmeregelungen hinsichtlich Einsatzmöglichkeiten in anderen Vereinen besprochen werden, etwa Lockerung des Zweitspielrechts oder die Erteilung einer Gastspielerlaubnis.
Hat die Tatsache, dass es beim SV Scheppach um den Nachwuchs gut bestellt ist, auch Auswirkungen auf die Frauenmannschaft, die nach der Trennung vom SV Freihalden vor fünf
Jahren mittlerweile in der Kreisklasse zu den Spitzenteams zählt? Petroschka: Ganz klar. Hier nur ein Beispiel: In der aktuellen Mannschaft der Frauen sind sechs Spielerinnen, die in den letzten drei Jahren altersbedingt in den Frauenbereich gewechselt sind und dort auch Fuß gefasst haben.
Die Frauen spielen in der Kreisklasse, aber den nachrückenden jungen Spielerinnen würden sie doch lieber Kreisliga statt nur Kreisklasse bieten, oder? Petroschka: Genau hierin liegt das Problem. Da nur wenige Vereine Nachwuchsarbeit betreiben, bedienen sich umliegende Vereine immer häufiger in unserer Jugend und locken die Spielerinnen teilweise weg von ihren Wurzeln. Das Bestreben der Frauenmannschaft ist heuer auch der Aufstieg. Vom Fehlstart in die neue Saison hat sich die Mannschaft schnell erholt und liegt jetzt auf Platz zwei hinter dem souveränen Spitzenreiter TSV Binswangen. In dieser Saison gibt es die Besonderheit, dass zwei Mannschaften direkt aufsteigen, und diese Chance wollen wir nutzen. So sind wir auch gegenüber anderen Vereinen konkurrenzfähiger, wenn es gilt, gute Spielerinnen zu halten.
Da kommt dem SV Scheppach die momentane Zwangspause wegen der Corona-Krise
doch alles andere als gelegen?
Petroschka: Klar ist das blöd. Wir haben uns gut vorbereitet und können jetzt nichts machen. Aber das geht ja anderen Vereinen genauso.
Wie wird bei den Fußballerinnen die Zwangspause überbrückt? Petroschka: Gruppentechnisch sind alle Trainings, wie übrigens bei den Herren und Jungen auch, abgesagt. Einige Spielerinnen halten sich durch Joggen bzw. Heim- und Krafttraining fit, so weit es geht.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Saison noch zu Ende gespielt wird? Petroschka: Sehr gute Frage. Die Hoffnung habe ich natürlich. Aber wenn es vom gesundheitlichen Aspekt nicht möglich ist, dann geht das soziale Wohl einfach vor.
Sollte der Super-Gau „vorzeitiges Saisonende“eintreten, wäre es Ihnen bestimmt am liebsten, wenn der aktuelle Tabellenstand gewertet würde, oder? Petroschka: Wenn es denn so wäre, hätten wir nichts dagegen. Aber das muss der BFV entscheiden. Und egal wie die Entscheidung ausfällt, wie werden sie akzeptieren. Viel wichtiger ist, dass wir gut aus der Corona-Sache rauskommen.