Grüne wollen Tierschutzbeauftragten
Die größte Oppositionspartei fordert einen neuen Posten für den Tierschutz. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann ist sicher: So könnten Skandale vermieden werden
München Rund neun Monate ist es nun her, dass einer der größten Milchviehbetriebe Deutschlands ins Visier der Ermittler geriet: Aktivisten der „Soko Tierschutz“deckten auf, dass in einem Betrieb in Bad Grönenbach Tiere hungern mussten, kranke wurden nicht behandelt. Es sollte nicht bei einem Hof bleiben: In den folgenden Wochen wurden viele weitere Betriebe in Bad Grönenbach und anderen Gemeinden des Landkreises Unterallgäu bekannt, in denen mutmaßlich Tiere gequält wurden. Auch im Landkreis Oberallgäu kamen Fälle ans Licht. Die Skandale könnten einer Forderung der Grünen wieder Auftrieb geben. Erst vor kurzem haben sie einen Antrag in den Bayerischen Landtag eingebracht. Die Forderung: ein bayerischer Landestierschutzbeauftragter.
„Die vergangenen Monate haben klar gezeigt, dass die bestehenden Maßnahmen nicht ausreichen“, sagt Fraktionschef Ludwig Hartmann, dessen Fraktion die Forderung seit Jahren immer wieder stellt. „Die Fälle im Allgäu haben uns leider in
Bedenken bestätigt.“Der Beauftragte soll nach Wunsch der Grünen im Umweltministerium mit eigenem Budget und eigener Öffentlichkeitsarbeit agieren, losgelöst von den bestehenden Strukturen des Ministeriums. Seine Aufgabe wäre es, an Bestimmungen und Konzepten mitzuarbeiten, als Ombudsmann zu fungieren und einmal jährlich dem Landtag zu berichten. „Man braucht ein starkes Rückgrat und den Mumm, der Regierung auf die Finger zu klopfen, wenn etwas schiefläuft“, sagt Hartmann.
Auch wenn die Grünen sich wegen der Skandale im Allgäu darin bestätigt fühlen, einen Tierschutzbeauftragten zu fordern – Hintergrund des Antrags waren die Enthüllungen nicht. Vorrangig gehe es darum, „die wachsenden Spannungen zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und landwirtschaftlichen Produzenten zu versöhnen“, heißt es in der Begründung des Antrages. Der derzeit etablierte, ehrenamtliche Tierschutzbeirat werde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Hartmann verweist auf Bundesländer wie Hessen oder BadenWürttemberg, die einen solchen Beauftragten schon seit vielen Jahren haben. Seiner Einschätzung nach hätte mithilfe der Stelle das Ausmaß der Tierskandale wohl deutlich geringer ausfallen können. Zumindest für die Zukunft gelte: „Ein Landestierschutzbeauftragter kann dafür sorgen, dass wir in Zukunft weniger solche Fälle in Bayern haben werden.“
Hans-Joachim Weirather von den Freien Wählern sieht das ganz anders. „Ein neuer Beauftragter bringt da gar nichts“, sagt der Unterallgäuer Landrat. Stattdessen müsse man die Veterinärämter aufstocken – was auch in den vergangenen Monaten passiert ist. Allerdings nicht so, wie Weirather es für sinnvoll hält. „Man muss Personal- und Aufgabenschwerpunkte einander anpassen“, sagt er. Soll heißen: Sein Landkreis benötige ein besonders großes Veterinäramt, gibt es dort doch mehr Kühe als in manchem Regierungsbezirk.
Das Umweltministerium stockte die Zahl der Mitarbeiter in den Veterinärverwaltungen der Landratsämter in Bayern kürzlich um 47 auf – jedoch verteilt auf den gesamten Freistaat. Hinzu kommen 20 Veteriunseren näre, die von den Bezirksregierungen nach Bedarf eingesetzt werden können. „Meinen Veterinären kann ich keinen Vorwurf machen“, sagt Weirather. „Die betteln seit Jahren um mehr Personal.“Acht Stellen bräuchte das Unterallgäu seiner Einschätzung zufolge – tatsächlich im Dienst sind jedoch nur halb so viele.
Im Umweltministerium wählt man einen anderen Weg: Dort arbeitet man am „Kontrollkonzept 2030“. Man wolle die Kontrollstrukturen für große Betriebe anpassen, berücksichtige Aspekte wie Ausbildung der Mitarbeiter und Personalbedarf, heißt es von einer Sprecherin. Außerdem setze man sich „für weitere personelle Verstärkungen der Kreisverwaltungsbehörden ein“. Beschließen kann solche Maßnahmen jedoch nur der Landtag.
Wie das Ministerium zu einem Tierschutzbeauftragten steht, den sich die Grünen wünschen, lässt die Sprecherin offen. Jedoch verweist sie darauf, dass das Thema bereits mehrfach behandelt wurde. „Der Landtag hat diese Forderung stets abgelehnt.“
(raf)
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