„Mamma Mia“: Agnetha wird 70
Wie die frühere Abba-Sängerin die Liebe zur Musik entdeckte und später Pop-Geschichte schrieb
Stockholm Manchmal reicht die Existenz eines Musiklehrers in der Wohnung über einem, um eine weltumspannende Karriere loszutreten. Als Agnetha Fältskog ein kleines schwedisches Mädchen war, raste sie eines Tages angezogen von unbekannten Klängen zu ihrem Nachbarn Sigvard Andersson hinauf. „Onkel Sigge“, wie sie ihn nannte, hatte gerade ein Klavier geliefert bekommen. Er zeigte ihr, dass kleine Finger Töne erzeugen können, wenn sie auf bestimmte Tasten drücken. Für die damals Fünfjährige war das ein magischer Moment – und der Startschuss für ein Leben in der Welt der Musik.
Was folgte, ist eine der großen Popmusik-Geschichten des 20. Jahrhunderts. Agnetha Fältskog wurde Sängerin, verschmolz mit Björn Ulvaeus, Benny Andersson und Anni-Frid „Frida“Lyngstad zur Kultband Abba und belieferte den Planeten mit Welthits wie „Dancing Queen“, „Mamma Mia“und „Super Trouper“. Am Sonntag wird die blonde Schwedin mit den blauen Augen und der klaren Sopranstimme 70 Jahre alt.
Die knallbunte Abba-Zeit ist mittlerweile knapp vier Jahrzehnte her. Während ihr Ex-Mann und -Bandkollege Ulvaeus heute noch ein Projekt nach dem anderen am Laufen hat, hat sich Agnetha Fältskog weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Auch ihren Ehrentag
werde sie ausschließlich im Privaten verbringen, Interviews gebe es keine, richtete die frühere Abba-Managerin Görel Hanser aus. Nur so viel: „Ihr geht es gut.“
Wer will es ihr nach den aufreibenden Abba-Jahren verübeln. Schon zu aktiven Zeiten wurde Fältskog Schüchternheit und Zurückhaltung nachgesagt, manche sahen darin gar Distanziertheit. „Es muss mir erlaubt sein, so zu sein, wie ich bin“, soll Fältskog einmal gesagt haben. Anfang der 80er Jahre erklärte sie in einem offenen Brief: „Ich schütze mein Privatleben, ich tue alles, um es zu beschützen, besonders zum Wohl meiner Kinder.“
Schon mit sechs Jahren schrieb sie ihren ersten musikalischen Fünfzeiler, der von zwei kleinen Trollen handelte. Später entdeckte Fältskog die Kraft der Gefühle: Aus Liebeskummer schrieb sie als 17-jährige Teenagerin 1967 „Jag var så kär“(Ich war so verliebt), ihren ersten Song, der auf Platte herauskam und Erfolg hatte. Auch eines der nationalen Teenie-Idole der damaligen Zeit hörte das Lied: Björn Ulvaeus.
Dass sich Ulvaeus und Fältskog später persönlich über den Weg liefen, war ein Glücksfall für die Popmusik. Die beiden wurden ein Paar, bekamen zwei Kinder namens Linda und Christian und verschmolzen mit Lyngstad und Andersson zu Abba. Später kam es zur Scheidung.
Der Musik ist Fältskog treu geblieben. Wie vor Abba nahm sie auch danach Soloalben auf. Vor zwei Jahren kündigte Abba urplötzlich zwei neue Songs an, die aber bis heute auf sich warten lassen. Auch privat spielte die Musik zumindest 2014 noch eine wichtige Rolle: „Manchmal sitze ich mit meinen Enkelkindern am Klavier, das ist ziemlich lustig“, sagte sie damals. So wie Onkel Sigge einst mit ihr.