Arkema produziert fürs Landratsamt
Behörde verteilt Desinfektionsmittel an Krankenhäuser, Heime und Praxen weiter
Günzburg Normalerweise produziert und vertreibt die Firma Arkema mit ihrer Niederlassung in Günzburg organische Peroxide, die als Initiatoren chemischer Prozesse bei der Herstellung fast aller modernen Kunststoffe eingesetzt werden. Doch inzwischen wird als Folge der Corona-Pandemie auch anderes in Eigenregie produziert: dringend benötigte Desinfektionsmittel – zunächst für die rund 160 Mitarbeiter, was seit 4. März möglich war, wie das Unternehmen berichtet. Grundlage ist die Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) zur internen Herstellung und Verwendung von Mitteln zur hygienischen Händedesinfektion. Seit dem 20. März gibt es von der Bundesanstalt eine weitere, zeitlich begrenzte Genehmigung zur Herstellung von Desinfektionsmitteln durch die chemische Industrie und einer Abgabe an „berufsmäßige Verwender aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit“. Vier Tage später wurde Niederlassungsleiter Andreas Finken vom Landratsamt Günzburg angefragt, ob Arkema in größerem Stil Handdesinfektionslösungen selbst herstellen kann. Zuvor hatte der Landkreis einen Aufruf an die umliegenden Firmen gestartet, um einen Überblick zu erhalten, wer Alkohol oder Ähnliches zur Verfügung stellen kann. In der vergangenen Woche schließlich (26. März) beauftragte das Landratsamt die im Günzburger Stadtteil Wasserburg ansässige Firma, Desinfektionsmittel herzustellen. „Natürlich unterstützen wird das“, sagt Finken. „Wir müssen nur in entsprechender Größenordnung Rohstoffe bekommen, es geht vor allem um die Alkohole.“
Die Führungsgruppe Katastrophenschutz der Kreisverwaltungsbehörde koordiniert die Anlieferung des Rohstoffs, der in der Niederlassung Günzburg im Lösemittellager bis zur Verarbeitung eingelagert wird. Unter den Augen von Arkema-Laborleiter Edgar Rohr werden täglich zwischen 300 und 400 Liter Desinfektionsmittel nach Rezepturen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Produkte auf Ethanolund Isopropanol-Basis im Technikum des Betriebes hergestellt. Das Desinfektionsmittel wird in Zehn-Liter-Kanister abgefüllt und muss dann, entsprechend den WHO-Vorgaben, bis zur Ausgabe 72 Stunden „reifen“. Erst nach dieser Zeitspanne ist das Mittel durch den Zusatz von Wasserstoffperoxid keimfrei.
Die Logistik, also die Abholung sowie Verteilung an Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und so weiter wird vom Landratsamt Günzburg direkt mit Albert Müller, Leiter der Arkema-Werksfeuerwehr, übernommen. Zwei Lieferungen hat es bereits gegeben – die erste am 30. März und die zweite am Donnerstag. In dieser Woche wurden 650 Liter abgeholt. Außerdem wurden noch 60 Schutz- und Korbschutzbrillen zur Verfügung gestellt. Die Produktion sei vom Aufwand her „kein Drama“, sagt Finken. Zwei Mitarbeiter sind einen Teil ihrer Arbeitszeit damit beschäftigt. „Unser Ablauf in der Firma wird nicht durcheinandergebracht.“
Da es im Landkreis einen weiteren großen Produzenten von Handdesinfektionsmitteln gibt, werden wohl künftig Mittel zur Flächendesinfektion wichtiger werden. Finken: „Auch dafür stehen wir bereit. Man muss es uns nur sagen.“(ioa/zg)