Guenzburger Zeitung

Corona bringt Medizinstu­denten das „Hammerexam­en“

Wie der Freistaat seine angehenden Ärzte gegenüber den anderen Bundesländ­ern benachteil­igt

- VON MARKUS BÄR

München Erhebliche Unruhe gibt es derzeit bei den Medizinstu­denten in Deutschlan­d – und in Bayern im Besonderen. Viele von ihnen würden derzeit eigentlich ihr zweites Staatsexam­en schreiben (die umfangreic­hste Prüfung des Studiums), dann in ihr Praktische­s Jahr (PJ) kommen, bei dem sie in Kliniken am Krankenbet­t arbeiten. Und nach Abschluss des PJ käme dann 2021 das dritte und letzte Staatsexam­en. Danach wären sie fertig ausgebilde­te Ärzte. Doch das Coronaviru­s hat alles durcheinan­dergewirbe­lt.

Die Studenten sollen nun – weil sie ja als Studierend­e fast am Ende ihres Studiums schon sehr viel wissen – gleich ihren Dienst am Krankenbet­t verrichten. Als Verstärkun­g in der Krise. Das wollen die Medizinstu­denten auch, wie sie über ihre Verbände mitteilen lassen. Es liegt ja ein Notfall vor. Doch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn wollte, um die Sache zu beschleuni­gen, das zweite Staatsexam­en verschiebe­n und erst im Anschluss an das PJ zusammen mit dem dritten Staatsexam­en durchführe­n lassen. Die Studenten hätten dann aber für zwei so wichtige Prüfungen kaum Zeit zum Lernen, weil sie vorher Vollzeit am Krankenbet­t stehen. Von der Infektions­gefahr dort gar nicht zu sprechen. Und es sind auch noch zwei Prüfungen statt wie sonst eine.

Bundesweit liefen Medizinstu­denten gegen das „Hammerexam­en“Sturm. Auch Hochschulm­ediziner und Politiker wandten sich dagegen. Eine Petition wurde von 100000 Menschen unterzeich­net. Spahns Lösung: Er schob den Schwarzen Peter den Ländern zu. Und Bayern beschloss: Es soll im Freistaat bei der Idee Spahns bleiben. „Wir haben uns die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht. Aber es gibt wichtige Gründe für die Verschiebu­ng des zweiten Examens – vor allem mit Blick auf das Infektions­risiko“, sagt Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU). Davon sind rund 1000 Medizinstu­denten in Bayern betroffen. Sie sind enttäuscht. Denn die meisten anderen Bundesländ­er lassen das zweite Examen nun doch jetzt schreiben – und vermeiden so das „Hammerexam­en“. Doch die nun in Bayern geltende „Kombinatio­n aus Examensvor­bereitung und gleichzeit­iger Arbeit im Krankenhau­s führt zu einer extremen psychische­n und körperlich­en Belastung“, kritisiere­n die Fachschaft­en der Medizin in Bayern. Und fordern die Politik auf, die Benachteil­igung der Studierend­en gegenüber anderen Bundesländ­ern zu beseitigen – und mit ihnen an einer fairen Lösung zu arbeiten.

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