Corona bringt Medizinstudenten das „Hammerexamen“
Wie der Freistaat seine angehenden Ärzte gegenüber den anderen Bundesländern benachteiligt
München Erhebliche Unruhe gibt es derzeit bei den Medizinstudenten in Deutschland – und in Bayern im Besonderen. Viele von ihnen würden derzeit eigentlich ihr zweites Staatsexamen schreiben (die umfangreichste Prüfung des Studiums), dann in ihr Praktisches Jahr (PJ) kommen, bei dem sie in Kliniken am Krankenbett arbeiten. Und nach Abschluss des PJ käme dann 2021 das dritte und letzte Staatsexamen. Danach wären sie fertig ausgebildete Ärzte. Doch das Coronavirus hat alles durcheinandergewirbelt.
Die Studenten sollen nun – weil sie ja als Studierende fast am Ende ihres Studiums schon sehr viel wissen – gleich ihren Dienst am Krankenbett verrichten. Als Verstärkung in der Krise. Das wollen die Medizinstudenten auch, wie sie über ihre Verbände mitteilen lassen. Es liegt ja ein Notfall vor. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wollte, um die Sache zu beschleunigen, das zweite Staatsexamen verschieben und erst im Anschluss an das PJ zusammen mit dem dritten Staatsexamen durchführen lassen. Die Studenten hätten dann aber für zwei so wichtige Prüfungen kaum Zeit zum Lernen, weil sie vorher Vollzeit am Krankenbett stehen. Von der Infektionsgefahr dort gar nicht zu sprechen. Und es sind auch noch zwei Prüfungen statt wie sonst eine.
Bundesweit liefen Medizinstudenten gegen das „Hammerexamen“Sturm. Auch Hochschulmediziner und Politiker wandten sich dagegen. Eine Petition wurde von 100000 Menschen unterzeichnet. Spahns Lösung: Er schob den Schwarzen Peter den Ländern zu. Und Bayern beschloss: Es soll im Freistaat bei der Idee Spahns bleiben. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber es gibt wichtige Gründe für die Verschiebung des zweiten Examens – vor allem mit Blick auf das Infektionsrisiko“, sagt Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Davon sind rund 1000 Medizinstudenten in Bayern betroffen. Sie sind enttäuscht. Denn die meisten anderen Bundesländer lassen das zweite Examen nun doch jetzt schreiben – und vermeiden so das „Hammerexamen“. Doch die nun in Bayern geltende „Kombination aus Examensvorbereitung und gleichzeitiger Arbeit im Krankenhaus führt zu einer extremen psychischen und körperlichen Belastung“, kritisieren die Fachschaften der Medizin in Bayern. Und fordern die Politik auf, die Benachteiligung der Studierenden gegenüber anderen Bundesländern zu beseitigen – und mit ihnen an einer fairen Lösung zu arbeiten.