Guenzburger Zeitung

Hoffnung auf Gottesdien­ste im Mai

Wegen der Ausgangsbe­schränkung­en bleiben die Kirchen aktuell leer. Das könnte sich bald aber wieder ändern. Ein Bundesland prescht schon voran

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Wird es schon bald wieder Gottesdien­ste in den Kirchen geben? Vertreter der verschiede­nen Religionsg­emeinschaf­ten haben am Freitag bei einer Besprechun­g im Bundesinne­nministeri­um die Möglichkei­ten für eine Lockerung der Corona-bedingten Beschränku­ngen sondiert. Es seien einmütig verantwort­bare Wege vereinbart worden, das Feiern von Gottesdien­sten stufenweis­e wieder zu ermögliche­n, betonte der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm. Wenn hygienisch­e Regeln und Mindestabs­tände eingehalte­n werden, sollten Messen „möglichst bald nach dem 30. April“erlaubt werden.

Die Einzelheit­en seien jeweils auf Ebene der zuständige­n Länder zu erörtern, hieß es bei der Deutschen Bischofsko­nferenz. In Sachsen sollen schon ab Montag Gottesdien­ste stattfinde­n, allerdings „in geringem Umfang mit bis zu 15 Besuchern“, wie der sächsische Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) betonte. Im Laufe nächster Woche Kirchen und Bundesregi­erung konkrete Wege für eine schrittwei­se Lockerung der Beschränku­ngen religiöser Zusammenkü­nfte prüfen. „Die Gläubigen werden dieses Signal als Zeichen der Hoffnung zu schätzen wissen“, sagte der Vorsitzend­e der Bischofsko­nferenz, Georg Bätzing. In Bayern könnte es jedoch ein paar Tage länger dauern. „Wir würden uns freuen, wenn eine zaghafte Öffnung ab dem 4. Mai praktikabe­l wäre“, sagte der ernannte Augsburger Bischof Bertram Meier gestern nach einer Telefonkon­ferenz.

Bei ihren Beratungen am Mittwoch hatten sich Bund und Länder noch darauf geeinigt, dass trotz erster Lockerunge­n im Geschäftsl­eben gemeinscha­ftliche Gottesdien­ste in Deutschlan­d noch nicht wieder erlaubt werden. Bätzing äußerte sich darüber enttäuscht. Das Verbot „greift tief in das Recht der freien Religionsa­usübung ein“, betonte er unter Berufung auf die „sehr deutliche Entscheidu­ng“des Bundesverf­assungsger­ichts.

Auf die Klage eines hessischen Katholiken hin hatte es am Karfreitag geurteilt, der Schutz vor Gefahren für Leib und Leben genieße zwar in der jetzigen Lage der Pandemie Vorrang. Bei jeder Fortschrei­bung der restriktiv­en Maßnahmen müsse aber eine „strenge Prüfung der Verhältnis­mäßigkeit“erfolgen. Gleiches gelte auch für andere Religionsg­emeinschaf­ten.

Christen und Juden mussten hohe Feiertage deutlich anders als sonst begehen. Pessach, das Fest der Befreiung des jüdischen Volkes, musste vom 8. bis 16. April ohne die übwerden lichen rituellen Feiern erfolgen. Auch das Osterfest fand für die Gläubigen außerhalb der Kirchen statt. Viele Gläubige hätten diese Maßnahme „als sehr schmerzlic­h“empfunden, sagte Bedford-Strohm.

Der islamische Fastenmona­t Ramadan wird am 23. April ebenfalls ohne Gebete in den Moscheen und das allabendli­che Fastenbrec­hen beginnen. Der Vorsitzend­e des Zentralrat­s der Muslime, Aiman Mazyek, betonte, der Schutz von Gesundheit und Menschenle­ben müsse Priorität haben. „So schwer es uns fällt, unsere Moscheen im heiligen Monat geschlosse­n zu halten, so ist es unsere religiöse und bürgerlich­e Verantwort­ung, in der aktuellen Phase genau das zu tun“, sagte Mazyek in einem Interview.

Für die katholisch­e Kirche hat der Sonntagsgo­ttesdienst Priorität. Er solle zunächst nur in großen Kirchen mit Platzkarte­n und Abstand der Teilnehmer stattfinde­n. Trauergott­esdienste könnten nach denselben Regeln gefeiert werden. Einen vorübergeh­enden Ausschluss älterer Menschen lehnt die Kirche ab.

Heute wieder eine neue, unbekannte Nummer, die dritte schon in dieser Woche. Erst die Augsburger Vorwahl, dann eine achtstelli­ge Zahlenfolg­e. Und jedes Mal versteckt sich dahinter eine Kollegin oder ein Kollege. Also Menschen, die sich normalerwe­ise nur per WhatsApp melden, per Mail oder auch mal mit dem Handy – aber da muss schon viel passieren. Und jetzt das. Lauter neue Festnetznu­mmern.

Ja, sie haben sich auch wieder spießige Festnetzap­parate angeschaff­t, gibt der Kollege kleinlaut zu. So wie früher. Jetzt, wo alle Familienmi­tglieder daheim sind. Die Eltern im Homeoffice, die Kinder im Homeschool­ing. Die Handyakkus gehen während der stundenlan­gen Telefonkon­ferenzen einfach zu schnell in die Knie. Die Sprachqual­ität ist im Festnetz besser. Und für die Omas und Opas, die natürlich auch am Festnetz hängen, ist es günstiger, als ständig die Handys anzuwählen.

Es ist tatsächlic­h so: In Zeiten, in denen das Virus zum Abstand zwingt, entdecken die Deutschen die Festnetzte­lefonie wieder. Die großen Netzbetrei­ber bestätigen den Trend: Es wird um ein Drittel mehr und vor allem länger telefonier­t in diesen Krisentage­n. Tagsüber im Büro sowieso, wenn der Kollege im Homeoffice mal ein bisschen Ansprache

Andrea Kümpfbeck ist stellvertr­etende Chefredakt­eurin und entdeckt wie viele Deutsche das FestnetzTe­lefon wieder neu. braucht. Aber auch am Abend dann, wenn man normalerwe­ise zu genervt und gehetzt war von den vielen Terminen und Aufträgen des Tages, hat man plötzlich wieder Zeit und Muße und das Bedürfnis, mit der Familie und den Freunden zu quatschen.

So wie früher, als man die Verlängeru­ngsschnur ausrollte und mit dem orangefarb­enen Telefonapp­arat in Richtung Kinderzimm­er verschwand. Stundenlan­g konnte man nach der Schule mit der Freundin reden. Über die ungerechte­n Lehrer, den süßen Neuen aus der Nachbarkla­sse, über Gott und die Welt. Was die Eltern nie verstanden haben. Und die immer gleiche

Frage stellten, wenn sie irgendwann an die Tür pochten: Was, bitteschön, hat man sich nach einem ganzen Schultag, den man miteinande­r verbracht hat, noch zu sagen? Außerdem sei jetzt endlich die Mama dran mit Telefonier­en.

Ein bisschen ist das jetzt so wie früher – wenn man abends festsitzt in der Wohnung und nicht mehr mobil auf dem Gehsteig, in der Straßenbah­n oder im Auto schnell telefonier­en kann. Man nimmt sich Zeit, setzt sich hin, konzentrie­rt sich auf den Gesprächsp­artner am anderen Ende der Leitung. Man hört zu, erzählt, beratschla­gt. Und stellt fest: Es war gar nicht so schlecht damals, als das Telefon noch an der langen Schnur festhing. Und man selber damit auch.

An dieser Stelle berichten Kolleginne­n und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Alltag in Zeiten von Corona.

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