Wann dürfen hier die Bälle wieder fliegen?
Gebannt warten die Vereinschefs im Landkreis Günzburg auf Entscheidungen zur Verbandsrunde 2020. Es geht natürlich auch ums Geld. Hobbyspielern könnte ein Umstand helfen, der die Sportart von anderen unterscheidet
Günzburg/Krumbach Es mag Wichtigeres geben als Spaß und Sport. Aber das Leben wird zweifellos schöner, wenn der Spaß mitspielt. Und für viele zählt der Sport zu den wichtigsten Nebensächlichkeiten der Welt. Entsprechend tief sitzt bei Aktiven der Frust, wenn ihnen sportliche Betätigung erschwert oder gar verwehrt wird. Bei allem Verständnis für einschneidende Maßnahmen angesichts der CoronaKrise vervielfältigen sich deshalb aus den Reihen der Sportler Forderungen, auferlegte Kontaktverbote mehr als bisher auf den Einzelfall hin zu prüfen und eventuell zu lockern. Im Namen seiner Vereinsmitglieder, aber auch für viele Tennisspieler in der Region formuliert nun Peter Dirlmeier, Vorsitzender des TC Günzburg, gegenüber den Entscheidern den Appell: „Lasst uns endlich wieder spielen!“
Gemeint sei damit zuvorderst die ganz normale, freundschaftliche Begegnung auf dem Platz, betont der Funktionär. Gegenüber vielen anderen Sportarten verfüge Tennis immerhin über die wertvolle Besonderheit, dass direkte Kontakte weitestgehend vermeidbar sind. Dirlmeier führt aus: „Jeder Spieler kann auf seiner Seite des Platzes bleiben. Er kann allein zur Anlage fahren, mit dem Partner auf der anderen Seite ein paar Bälle schlagen und danach allein wieder heimfahren.“
Vor dem Spiel auf rotem Sand steht allerdings überall harte Arbeit. Die Größeren in der Branche, zu denen der TC Günzburg mit seinen etwas mehr als 300 Mitgliedern und einer enormen Anlage mit insgesamt 13 Außenplätzen zählt, tun sich da etwas leichter als Dorfvereine. Im Auwald kümmert sich alljährlich eine Firma um den Frühjahrsputz, die Instandsetzungskosten werden auf die Mitglieder umgelegt. Und während die Behörden den vereinsinternen Arbeitsdienst untersagt haben, ist der Einsatz der Profis auch in diesen Corona-Tagen erlaubt.
Diesen Luxus können und wollen sich nicht alle Klubs leisten. Für den ungefähr 230 Mitglieder starken TC Rot-Weiß Krumbach spricht Präsident Markus Steinhart von einer Halbe-Halbe-Lösung als Wunsch und Wirklichkeit: Normalerweise würden etwa 15, 20 Vereinsmitglieder mit einer Fremdfirma zusammenarbeiten, um die Plätze nach dem Winter aufzuhübschen. „Wir haben immer selber mit angepackt – und das dürfen wir nun nicht“, berichtet der Vereinschef, der nun darauf hofft, „dass wir in den nächsten zwei Wochen grünes Licht bekommen, das zusammen mit den Mitgliedern machen zu dürfen.“Steinhart weiß sich in dieser Problemlage in einem Boot mit zig anderen Vereinen.
Ein Gutes hat die ungeplante Null-Tennis-Zeit aus Sicht des Krumbacher Vereins immerhin: Die längst überfällige, neue Bewässerungsanlage wird derzeit installiert. An und für sich hat das zwar nichts mit der Corona-Krise zu tun, doch die Arbeiten konnten nun in aller Ruhe ausgeführt werden. Steinhart erläutert die Dringlichkeit der Bauarbeiten: „Die Anlage war 40 Jahre alt. Wir haben uns nun für eine große Lösung entschieden. Unter anderem gibt es eine neue Pumpe und einen neuen Trinkwasserbehälter. Das soll nach Möglichkeit ja wieder 30 Jahre halten.“
In Sachen Mannschafts-Spielbetrieb unterstreicht unterdessen der schwäbische Bezirkssportwart im Bayerischen Tennis-Verband (BTV), Stefan Ruess aus Günzburg, dass der Gesundheit möglichst vieler Menschen alle anderen Vorstellungen unterzuordnen seien. Als Sportsmann teilt er vermutlich die Ungeduld vieler Spieler, als Funktionär formuliert er zurückhaltend: „Wir warten einfach darauf, bis es von den Behörden und vom Verband grünes Licht gibt.“Derzeit laute dort der Plan, den zu Anfang Mai nicht möglichen Saisonstart auf 8. Juni zu verschieben und dann die
Runde innerhalb von zwei Monaten durchzuziehen. Ob der Juni-Termin realistisch ist, vermag Ruess nicht weiter zu kommentieren. „Wir müssen abwarten, was die Behörden in den kommenden Tagen und Wochen entscheiden.“Beginne die Runde noch später, bleibe bis Mitte/Ende September Zeit genug, um die Spiele auszutragen.
Interessant in diesem Zusammenhang: Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) hat die Männer-Bundesligen bereits gestrichen und die Präsidenten der bayerischen Tennis-Bezirke neigen offenbar zu der Ansicht, dass die komplette Spielrunde 2020 ausfallen wird. Der BTV selbst dagegen signalisiert weiterhin allergrößtes Interesse, möglichst alle Punktspiele auszutragen. Hintergrund ist natürlich das liebe Geld: Die bayerischen Vereine haben im Voraus Mannschafts-Nenngelder an den Verband überwiesen. Sollte der BTV die komplett zurückzahlen müssen, entsteht wohl ein Millionen-Defizit.
Denkbar ist in dieser Zwickmühle, dass die bayerischen Vereine auf eine Erstattung der Nenngelder verzichten. Ihre Mitglieder scheinen in Sachen Beitragszahlungen mehrheitlich genau dazu bereit. Steinhart und Dirlmeier loben entsprechende Absichtserklärungen vor Ort über den Schellenkönig, sprechen unisono von „viel Solidarität“.
Dass Sport in diesen modernen Zeiten viel mehr ist als bloße Leibesübung, wird in beiden regionalen Tennisvereinen am Beispiel Gastronomie deutlich. Hier machen die Verantwortlichen aus der Not eine Tugend und kommen ihren Gaststättenpächtern ein gutes Stück des beschwerlichen Weges entgegen. Dirlmeier garniert die Abmachung in Günzburg mit der Bemerkung: „Wir unterstützen Christoph Welzhofer in dieser Phase, weil wir froh sind, dass wir einen so guten Wirt haben – was nicht alltäglich ist.“In Krumbach wurde das Klubheim erst im Januar neu verpachtet. Umso mehr fühlt sich der Verein verpflichtet. Laut Steinhart entstehen der Wirtsfamilie Kolb in den nächsten Monaten keine Kosten. „Damit das perspektivisch für beide Seiten Sinn macht, agieren wir da partnerschaftlich“, sagt er.
Für den Verein an sich entstehen laut Steinhart derzeit keine massiven Kosten. „Das würde erst aktuell, wenn wir tatsächlich gar nicht spielen könnten. Aber das hoffen und glauben wir nicht.“Zumindest halb-zuversichtlich führt er aus: „Ich bin überzeugt, dass wir die Anlage bis Ende Mai in Betrieb nehmen dürfen und dann auch irgendwann Tennis gespielt werden kann. Ob es auch eine Punktrunde geben wird? Da sehe ich ein Fragezeichen.“