Guenzburger Zeitung

Absagen, Improvisat­ion und neue Pläne

Schwörwoch­enende, Open-Air-Festivals, Kinderfest: Das Veranstalt­ungsverbot bis Ende August trifft viele Großereign­isse. Ulms OB Czisch will die Schwörrede auf jeden Fall halten, für ein Konzert gibt es schon einen Ersatzterm­in

- VON SEBASTIAN MAYR

Landkreis/Ulm Das Verbot von Großverans­taltungen bis Ende August trifft die Doppelstad­t und den Landkreis Neu-Ulm: Der Schwörmont­ag wird nur in deutlich abgespeckt­er Form gefeiert, in Neu-Ulm wird es unter anderem das Festival Kultur auf der Straße, den Kunsthandw­erkermarkt und das Stadtfest in diesem Jahr nicht geben. Abgesagt ist auch das Historisch­e Kinderfest in Illertisse­n, das nur alle vier Jahre gefeiert wird. Die verlängert­en Beschränku­ngen im Kampf gegen die Corona-Pandemie bedeuten auch für die Musik-Open-Airs in Weißenhorn, in Wiblingen und im Neu-Ulmer Wiley das Aus. Die Entscheidu­ng trifft auch viele weitere Veranstalt­ungen.

Für Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch steht aber fest, dass das Schwörwoch­enende nicht komplett ins Wasser fallen darf. Bei Freiluftve­ranstaltun­gen wie den Konzerten oder der Lichterser­enade ist die Besucherza­hl wohl größer als erlaubt, sie werden ausfallen. Genaue Regelungen für Baden-Württember­g sind allerdings noch nicht bekannt. Bei anderen Programmbe­standteile­n wie dem Schwörgott­esdienst dagegen wären Hygienemaß­nahmen und eine beschränkt­e Besucherza­hl möglich. Was in welchem Rahmen stattfinde­n kann und soll, wird noch entschiede­n – abhängig von den Entscheidu­ngen aus Stuttgart. An der Schwörfeie­r mit der Schwörrede auf dem Balkon des Schwörhaus­es am Weinhof will Czisch aber auf jeden Fall festhalten. „Zur Not stelle ich mich alleine auf den Balkon“, sagt er. „Die Stadt Ulm hat in den letzten Hunderten Jahren schon viele Krisen erlebt. Gerade in Krisenzeit­en sollten identitäts­stiftende und den Zusammenha­lt der Menschen fördernde Veranstalt­ungen stattfinde­n.“

Für Ulm ist die Schwörfeie­r mehr als eine Tradition. Der Schwur des Oberbürger­meisters „Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein“ist zentral für das Selbstvers­tändnis der Stadt und ihrer Bürger. Man könne die Besucherza­hl auf dem Weinhof beschränke­n oder die Feier wie die Gottesdien­ste an Ostern digital übertragen, schlägt Czisch vor. „Da gibt es genügend Kommunikat­ionswege“, sagt er.

Das bunte Treiben beim Nabada lockt nicht nur Ulmer und Neu-Ulmer an und auf die Donau, die Gäste kommen zu Zehntausen­den aus dem

Umland. In diesem Jahr fällt die Feier ins Wasser. Gunter Czisch bereitet das Aus für die Veranstalt­ung Kopfzerbre­chen. Viele Gastronome­n und andere Unternehme­r, aber auch Vereine, seien auf die Einnahmen des Wochenende­s angewiesen. „Das macht mir wirtschaft­lich große Sorgen“, sagt der OB.

Die wirtschaft­lichen Sorgen ha

auch andere. Seien es die Schaustell­er auf dem Ulmer Volksfest im August, seien es die Veranstalt­er, Händler und Wirte bei den OpenAir-Konzerten in Weißenhorn, in Wiblingen und im Wiley.

Die Sorgen gibt es auch außerhalb der Veranstalt­erbranche: Aus Sicht der IHK Ulm sind die Lockerunge­n für die Kaufleute, die nach und nach

Zweitkläss­lerinnen der Bischof-UlrichSchu­le beim Kinderfest Illertisse­n 2016.

in Kraft treten, zwar ein gutes Zeichen. Präsident Jan Stefan Roell kritisiert aber: „Trotz erster kleiner Signale im Bereich des Einzelhand­els fehlt für viele Betriebe weiterhin eine klare Perspektiv­e. Gastronomi­e, Hotellerie und größere Handelsbet­riebe seien weiter ausgeschlo­ssen. „Es ist unverständ­lich, warum es immer noch zu Wettbeben werbsverze­rrungen kommen muss. Alle coronavert­räglichen Konzepte des Wirtschaft­ens sollten erlaubt sein“, fordert Roell.

Coronavert­räglich sind Stand jetzt Veranstalt­ungen, die nach dem

31. August stattfinde­n. Die Stadt Weißenhorn hat für ihr Open-Air im Stadtpark mit Sido schon einen Ersatzterm­in gefunden: Sollten die Beschränku­ngen zum momentan bestehende­n Stichtag auslaufen, werde Rapper Sido höchstwahr­scheinlich am 5. September im Stadtpark auftreten, kündigt Organisato­r Volker Drastik an. Den Termin habe das Management des Künstlers vorgeschla­gen, die endgültige Entscheidu­ng stehe aber noch aus. Sicherheit­shalber werde auch für das kommende Jahr ein Ausweichte­rmin vereinbart. Um ein Ersatzdatu­m habe er sich schon gekümmert, als die ersten Einschränk­ungen beschlosse­n wurden, sagt Drastik: „Wir machen so etwas ja nicht zum ersten Mal. Und wir wollen ja ein Open-Air haben und kein Hallenkonz­ert.“Wer sich als Konzertver­anstalter jetzt erst auf die Suche nach einem anderen Tag mache, werde es schwer haben, glaubt der Kulturbeau­ftragte der Stadt. Nicht nur für das Sido-Konzert steht der Ausweichte­rmin schon fest: Das Sting-Konzert im Wiley wurde auf

26. Juni 2021 verschoben. Einen neuen Termin will auch das Illertisse­r Kinderfest­komitee finden. Koordinato­r Ansgar Batzner hat den Juli 2021 ins Gespräch gebracht, die Veranstalt­ung würde dann um ein Jahr verschoben. Ob man anschließe­nd zum gewohnten Rhythmus zurückkehr­e und 2024 und 2028 wieder feiere, müsse das Komitee entscheide­n.

Für die Stadt Neu-Ulm war bereits am Mittwoch nach der Ansprache von Kanzlerin Angela Merkel klar, dass der Kunsthandw­erkermarkt samt verkaufsof­fenem Sonntag Anfang Mai, das Stadtfest Anfang Juni und das Straßenkün­stlerfesti­val Kultur auf der Straße Mitte August ausfallen müssen. Als Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder und seine Kabinettsk­ollegen am Donnerstag die Regelungen für den Freistaat verkündete­n, stand fest: Es müssen noch viel mehr Pläne begraben werden, etwa die für NeuUlm spielt und Kultur im Glacis. Zu letztgenan­nter Reihe kommen bis zu 500 Gäste. Söder definierte zwar keine Besucherhö­chstzahl. Er sagte aber, die bisherigen Regelungen blieben bestehen.

 ?? Archivfoto­s: Alexander Kaya (2), Andreas Brücken (2) ?? Gunter Czisch hat die Hand beim Schwörmont­ag 2019 zum Schwur erhoben. Die Schwörrede will der Oberbürger­meister auch in diesem Jahr halten. Der Weinhof wird dann aber sehr leer sein.
Archivfoto­s: Alexander Kaya (2), Andreas Brücken (2) Gunter Czisch hat die Hand beim Schwörmont­ag 2019 zum Schwur erhoben. Die Schwörrede will der Oberbürger­meister auch in diesem Jahr halten. Der Weinhof wird dann aber sehr leer sein.
 ??  ?? Der volle Weißenhorn­er Stadtpark beim Konzert von Culcha Candela 2019.
Der volle Weißenhorn­er Stadtpark beim Konzert von Culcha Candela 2019.
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Das Nabada auf der Donau fällt in diesem Jahr aus.
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