Die Kritik schmerzt
Das Verhältnis hat gelitten
Ist Österreich das bessere Deutschland? Ist Sebastian Kurz ein besserer Kanzler als Angela Merkel? Angesichts seiner schnellen und harten Entscheidungen in der Flüchtlingsund der Corona-Krise konnten viele Beobachter ihre Begeisterung über den österreichischen Kanzler kaum zügeln. Das Lob aus Deutschland, besonders aus Bayern, war für Wien zur Selbstverständlichkeit geworden. Umso mehr schmerzt die mediale Kritik an der späten Schließung der Skigebiete. Zu einem Zeitpunkt, als sich das Virus von Ischgl aus in die ganze Welt verbreitet hatte. Darauf spielte Sebastian Kurz an, als er zuletzt im deutschen Fernsehen
forderte, auf das „blame game“zu verzichten, also sich nicht mehr gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben. Um genau das dann aber zu tun: Schließlich existiere auch eine Studie, die nahelege, dass München beziehungsweise Stockdorf ein Corona-Hotspot gewesen sei. Virologe Christian Drosten hatte diese Studie allerdings schon vor einiger Zeit widerlegt.
Das Verhältnis zwischen den Ländern wurde außerdem beschädigt, als eine Lieferung bestellter und bezahlter Masken für Österreich wochenlang vom deutschen Zoll an der Grenze festgehalten wurde. Das ändert aber nichts daran, dass Deutschland in der Krise wieder zum Hauptbezugspunkt für die österreichische Wirtschaft und damit auch die Bevölkerung wird.
Die Krise schwächt Südosteuropa, das als Markt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einige Jahre lang sehr wichtig für Österreich war. Das Land wird sich deshalb wieder nach Westen orientieren. Schon jetzt warten die österreichischen Autozulieferer darauf, dass in Deutschland die Produktion anläuft. Ganz zu schweigen vom Tourismus, der auf die Besucher aus dem Nachbarland setzt. Mariele Schulze Berndt