Der Profisport, ein Flickenteppich
Die Corona-Krise hat die großen Ligen hart getroffen. Doch alle gehen anders damit um. Einige haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, andere dagegen komplett
Augsburg Die Fußball-Bundesliga wird ihre Saison sehr wahrscheinlich vor leeren Zuschauerrängen fortsetzen. Für die anderen großen deutschen Profi-Ligen ist das bestenfalls eine Notlösung, denn die Zuschauereinnahmen sind dort sehr viel wichtiger für das Überleben der Klubs. Die Corona-Krise hat den Sport zum Erliegen gebracht. Die verschiedenen Sportarten gehen aber höchst unterschiedlich mit der Situation um. Ein Überblick.
● Basketball Die Bundesligen der Frauen und Männer gehen getrennte Wege. Die der Frauen, in der die Xcyde Angels aus Nördlingen spielen, wurde quasi annulliert. Es gibt keinen Meister, keine Absteiger und keine Aufsteiger aus der zweiten Liga. Ursprünglich geplant war, die Tabelle nach dem vorletzten Spieltag einzufrieren. Es hätte eine Abschlusstabelle samt Meister und Absteiger gegeben. Bei einer Abstimmung unter den 32 Vereinen gab es aber zwei Neinstimmen für diesen Plan. Damit war er hinfällig.
Die Männer hingegen wollen die unterbrochene Saison irgendwie zu Ende zu bringen. BBL-Präsident Alexander Reil sagte der Bild: „Wenn die Behörden es erlauben, müssen wir weiterspielen. Es geht um Fernsehgelder, um Sponsoren für die nächste Saison, um mediale Berichterstattung, um die Fans, die heiß auf Basketball sind.“Am Montag soll es deshalb eine weitere Videokonferenz der Klubvertreter, darunter auch Ratiopharm Ulm, geben. Im Gespräch ist unter anderem, die restliche Saison in Form von drei regionalen Turnieren im Süden, in der Mitte und im Norden Deutschlands zu spielen. Möglicherweise wird die Teilnahme daran freiwillig sein, da einige Klubs schon Teile ihres spielenden Personals nach Hause geschickt haben, um Geld zu sparen. Auch Ulms sechs ausländische Profis sind längst zurück in die USA gereist, sollen aber bei Fortsetzung der Saison zurückkommen – wenn es logistisch überhaupt möglich ist.
● Eishockey Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), in der die Augsburger Panther und der ERC Ingolstadt antreten, hatte Glück im Unglück. Die Corona-Krise begann gerade, als die 52 Partien der Hauptrunde absolviert waren. Die Play-offs wurden ersatzlos gestrichen. Es gibt keinen deutschen Meister, Hauptrundensieger München hatte auch kein Interesse an diesem Titel. Auf- und Abstieg sind ohnehin erst ab der kommenden Spielzeit vorgesehen.
Die Bundesliga der Frauen unter dem Dach des Deutschen Eishockeybundes wurde ebenfalls abgebrochen – unmittelbar vor dem
Play-off-Finale zwischen dem Titelverteidiger Memminger Indians und Planegg.
● Handball Hier ist der Ärger groß, denn die Bundesligen der Frauen und Männer wurden unterschiedlich behandelt. Bei den Männern wählte der HBL-Vorstand das Modell einer Quotientenregel, um den Tabellenführer THW Kiel auch zum deutschen Meister zu küren. Die Rechnung lautet: Pluspunkte am 12. März geteilt durch die Anzahl der Spiele mal 100. Angesichts der verworrenen Situation ist das die vermeintlich fairste Lösung, wenn man unbedingt einen Meister küren will. Bei den Frauen ging die Mannschaft von Borussia Dortmund als
Tabellenführer in die CoronaZwangspause. 17 von 18 Spielen hatte der BVB gewonnen, acht Spiele standen noch aus. Rechnerisch hätte das den Titel bedeutet. Der Verband aber entschied, dass die Saison beendet wird, ohne den Meistertitel zu vergeben. Als Reaktion posteten die BVB-Spielerinnen Bilder von sich in den sozialen Netzwerken, auf denen sie künstliche Bärte tragen. Darunter steht: „Wäre ich ein Mann, wäre ich jetzt deutscher Meister.“Andreas Thiel, Vorstandschef der Handball-Bundesliga der Frauen HBF (die getrennt von der HBL agiert), hatte argumentiert, dass noch fast ein Drittel der Saison zu spielen gewesen sei und unter anderem auch das direkte Top-Duell zwischen Bietigheim und Dortmund noch ausstand.
● Volleyball Bei Männern und Frauen wurde die Saison abgebrochen, die Meistertitel nicht vergeben. Finanziell werden im Volleyball deutlich kleinere Brötchen gebacken als in den meisten anderen deutschen Profiligen. Momentan sieht es trotzdem so aus, als könnten alle Frauenteams auch in der kommenden Spielzeit antreten.
Ganz anders ist die Situation bei den Männern. Dort geht die Angst um. Nach dem TV Rottenburg und den Eltmann Volleys gaben zuletzt auch die Alpenvolleys Haching bekannt, keine Lizenz für die kommende Saison zu beantragen. Das deutsch-österreichische Projekt startete 2017 und war sportlich erfolgreich. Zuletzt erreichte das Team zweimal das Play-off-Halbfinale, bis zum Abbruch dieser Spielzeit war es Vierter. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben das Projekt nun aber gestoppt. Rottenburg meldete sich ebenfalls aus finanziellen Gründen vom Spielbetrieb ab, Eltmann musste gar in die Insolvenz.
Grund ist überall die wirtschaftliche Krise vieler Unternehmen, die die Klubs sponsoren. Rottenburg etwa habe laut Spiegel innerhalb weniger Tage 150 000 an Sponsorenzusagen verloren. Das mache etwa ein Drittel des Etats aus. Je länger die Krise andauert, desto wahrscheinlicher wird es, dass es nicht bei den drei Klubs bleibt.
● Tischtennis Anfang April brach der DTTB den kompletten Mannschaftsspielbetrieb von der untersten Kreisklasse bis hinauf in die Bundesliga der Frauen endgültig ab. Die Tabelle zum Zeitpunkt der jeweiligen Aussetzung der Spielzeit werde auch als Abschlusstabelle gewertet, hieß es. Bemerkenswert daran ist, dass die in diesen Abschlusstabellen auf den Auf- und Abstiegsplätzen befindlichen Mannschaften tatsächlich auf- oder absteigen. Der TCC Eastside Berlin ist deutscher Meister der Frauen.
Einen Sonderweg beschreiten die Männer, deren oberste Spielklasse TTBL von einer GmbH eigenständig organisiert und verwaltet wird. Auf deren Homepage heißt es, dass die Austragung der Play-offs bis auf weiteres ausgesetzt worden sei. Und weiter: „Sollte sich die Situation im Laufe des Frühjahrs verbessern und die Möglichkeit der Durchführung einer Sportveranstaltung mit oder ohne Zuschauer aus Sicht der Behörden bestehen, werden die Playoffs und das (...) Finale angesetzt.“Die Unsicherheit bleibt also – auch für die Mannschaft des neu gegründeten TTC Neu-Ulm, die gerade ihre Premierensaison in der Bundesliga absolviert. (mit pim)