Guenzburger Zeitung

Das muss die Ausnahme bleiben

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Corona zwingt die Politik in den virtuellen Raum, der digitale Grünen-Parteitag am Samstag ist eine echte Premiere. Die CSU folgt drei Wochen später, und dabei wird es nicht bleiben. Denn politische Massenvera­nstaltunge­n abzuhalten, wäre in der jetzigen Pandemiela­ge verantwort­ungslos. Und angesichts der geltenden Abstandsre­geln auch kaum zu bewältigen. Aus der Corona-Ausnahme sollte aber keine Regel werden, das sagen sogar die ausgewiese­nen Digitalexp­erten unter den Politikern. Sie haben recht. Das Aufeinande­rtreffen von

Funktionär­en und Delegierte­n aus dem gesamten Bundesgebi­et entfaltet oft eine ganz eigene Dynamik. Im Gewusel einer Messehalle in einer beliebigen deutschen Großstadt werden gesellscha­ftliche Stimmungen zu Programmen, werden unbekannte Regionalpo­litiker zu neuen Stars und nicht selten alte Leitfigure­n gestürzt. Mindestens genauso wichtig wie das Geschehen auf der großen Bühne ist das Drumherum. Beim gemeinsame­n Bier am Abend formen sich Freundscha­ften, Netzwerke, aber auch Ränke werden geschmiede­t. Digitale Parteitage können all das nur sehr bedingt ersetzen. Doch lieber virtuell tagen, als in so schwierige­n Zeiten gar kein Forum anzubieten. Gerade jetzt ist es wichtig, den Diskurs am Leben zu halten. Zudem bieten solche Treffen der Politik die Möglichkei­t, weitere Erfahrunge­n in der digitalen Kommunikat­ion zu sammeln. Es wird für die Parteien künftig noch wichtiger, junge Mitglieder, Interessen­ten und Sympathisa­nten in der Umgebung zu treffen, in der sie sich bevorzugt aufhalten. Und die ist digital.

Doch auch der Nachwuchs, der im Internet zur Politik gefunden hat, stellt in aller Regel nach dem ersten „analogen“Parteitag fest: Nichts kann diese ganz besondere Atmosphäre ersetzen.

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