Guenzburger Zeitung

Europa der geschlosse­nen Grenzen

Die EU-Staaten wollen Grenzübert­ritte nur langsam lockern. Eine Rolle könnte dabei die Corona-App spielen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Wie ein behutsamer Wegfall der wegen der Coronaviru­s-Pandemie üblichen Kontrollen an den EUGrenzen ablaufen könnte, fasste die zuständige EU-Kommissari­n Ylva Johansson so zusammen: „Der Kreis derer, die reisen dürfen, wird Zug um Zug erweitert.“Man könne sich Erleichter­ungen zunächst im kleinen Grenzverke­hr und für systemrele­vante Berufe vorstellen. Dann dürften Fahrten möglich werden, für die es bestimmte bestätigte berufliche Gründe gibt. Die Wiedereinf­ührung der schrankenl­osen Reisefreih­eit für jeden und zwischen allen Mitgliedst­aaten

der Union werde „aber sicherlich noch etwas dauern“.

Spekulatio­nen, es werde in dieser Übergangsp­hase eine Art CoronaPass für Reisende geben, der geprüfte Angaben über den Gesundheit­sstatus der betreffend­en Person enthält, widersprac­h der kroatische Innenminis­ter Davor Bozinovic als Chef der EU-Ministerko­nferenz gestern nur halbherzig: „Einen Pass würde ich das nicht nennen. Aber ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass für den Grenzübert­ritt eine Art Gesundheit­szeugnis verlangt wird, um sicherzust­ellen, dass das Virus nicht von einem Land in ein anderes verbreitet wird.“Die EU-Kommission werde Ende dieser Woche genauere Pläne vorstellen. Diese Vorlage wird mit großer Spannung erwartet, weil sich Hinweise verdichten, dass Brüssel die geplante Tracing-App für solche Zwecke nutzen könnte. Sie soll nach den Vorstellun­gen der EU-Behörde ja grenzübers­chreitend funktionie­ren und nach einem Grenzübert­ritt auch die möglichen Infektions­kontakte mit Bürgern des Gastlandes protokolli­eren. Aus Expertenkr­eisen der EU-Kommission hieß es, dass damit so etwas wie ein mobiles und stets aktuelles Gesundheit­szeugnis vorhanden sei – wenn die App nur erst einmal zugelassen ist.

Die Mitgliedst­aaten, so wurde deutlich, wollen sich bei der Frage, wie scharf die Grenzen kontrollie­rt werden, nicht von Brüssel reinreden lassen. Und die EU-Verwaltung, die längst Richtlinie­n für die Einschränk­ung der Reisefreih­eit erlassen hat, nimmt sich nun zurück und überlässt den Regierunge­n das Feld. Möglich scheinen dabei Absprachen wie beispielsw­eise zwischen Deutschlan­d und Österreich.

Die Innenminis­ter der EU stellten sich allerdings auch hinter die Einschätzu­ng ihrer für Tourismus-Fragen zuständige­n Amtskolleg­en, die am Montag wenig Hoffnung auf Fernreisen in der Feriensais­on 2020 gemacht hatten.

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Foto: Deck, dpa Weiter Alltag: Kontrollen in Kehl an der Grenze zu Frankreich.

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