Guenzburger Zeitung

Maskenpfli­cht für behinderte Menschen?

Barbara Schöns geistig behinderte Tochter will ihre Maske nicht anbehalten. Was die Mutter vom Freistaat erwartet

- VON DOMINIK STENZEL

Meitingen Sie sei eine Kämpferin, sagt Barbara Schön aus Meitingen (Landkreis Augsburg) über sich selbst. Für ihre Tochter Michaela, 20 Jahre alt und geistig behindert. Denn behinderte Menschen würden in der Politik oft außen vor gelassen. Das jüngste Beispiel dafür sei die Maskenpfli­cht, die seit Montag in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und Geschäften in Bayern gilt.

Michaela möchte ihre Mund-Nasen-Bedeckung partout nicht anbehalten. „Wir üben und üben und tun – aber wenn sie die Maske nicht oben lässt, kann ich nichts machen“, sagt Barbara Schön. Auch mit Schals und anderen Kleidungss­tücken habe sie es schon probiert – ohne Erfolg.

„Das Ganze scheitert schon allein daran, dass ich meinem Kind nicht erklären kann, was es eigentlich mit Corona auf sich hat“, sagt Schön.

Was die 55-Jährige möchte, ist eine eindeutige Verordnung. Auf die sie sich berufen kann, wenn ihre Tochter sich beim Einkaufen die Maske herunterre­ißt. „Die Strafe zahle ich sicher nicht“, sagt sie. Bisher habe sie aber noch keine klaren Antworten bekommen – weder von der Polizei noch von Ministerpr­äsident Markus Söder, dem sie eine E-Mail geschriebe­n habe. Mittlerwei­le sei sie schon etwas verzweifel­t.

Eine ausdrückli­che Regelung, die Menschen mit Behinderun­g von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, befreit, gebe es nicht, sagt eine Sprecherin des Staatsmini­steriums für Gesundheit und Pflege auf Nachfrage: „Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung muss ausnahmswe­ise dann nicht erfolgen, wenn dies aus ärztlicher Sicht im Einzelfall unzumutbar ist.“Zum Beispiel, wenn die Bedeckung zu Atemnot führe. Sind Menschen aufgrund einer Behinderun­g nicht in der Lage, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, müssten sie keine Sanktionie­rung befürchten: „Entspreche­nde Einschränk­ungen sind durch die betroffene Person oder den Begleiter glaubhaft zu machen.“Hierfür könne ein Schwerbehi­ndertenaus­weis oder ein ärztliches Attest hilfreich sein, sagt die Ministeriu­mssprecher­in.

Schön ärgert sich darüber, dass es bei der Maskenpfli­cht durchaus auch eindeutig geregelte Ausnahmen gebe. So müssen Kinder unter sechs Jahren Mund und Nase in der Öffentlich­keit nicht bedecken. „Die Begründung, dass sie zu klein sind und man es ihnen nicht erklären kann, stört mich besonders.“Denn bei behinderte­n Menschen sei dies im Grunde nicht anders: „Nur dass die Menschen eben nicht zu klein sind, sondern zu behindert, um das alles zu verstehen.“

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Foto: Jens Büttner, dpa In Bayern gibt es eine Maskenpfli­cht. Wie soll man geistig behinderte­n Menschen deutlich machen, dass sie einen Mundschutz tragen müssen?

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