Guenzburger Zeitung

Zwischen Knast und Kasten

Hope Solo hat eine Karriere entgegen allen Erwartunge­n gemacht. Allerdings verliert sie auch oft genug die Kontrolle über sich selbst

- VON TILMANN MEHL

Der Weg war vorgezeich­net. Die Mutter alkoholkra­nk, der Vater ein Hochstaple­r. Gezeugt wurde Hope Solo im Gefängnis. Papa saß gerade mal wieder wegen Betrugs ein. Als die kleine Hope sechs Jahre alt war, ließen sich die Eltern scheiden. Vater Jeffrey ist anschließe­nd phasenweis­e obdachlos. Was also soll aus so einem Kind werden, außer einer vulgären Mutter, die ihr tristes Leben in einem Trailer-Park fristet? Solo wurde die weltbeste Torhüterin. Eine US-amerikanis­che Ikone, zu finden auf den roten Teppichen, in Klatschzei­tungen oder auch mal im Gefängnis.

Im März brachte Solo Zwillinge zur Welt, zwei Jahre zuvor hatte sie eine Fehlgeburt erlitten. Der Vater der Zwillinge: der ehemalige Footballpr­ofi Jerramy Stevens. Von Zeit zu Zeit macht auch er Bekanntsch­aft mit der Staatsgewa­lt. Die Nacht vor der Hochzeit mit Solo verbringt er beispielsw­eise in der Zelle. Häusliche Gewalt. Solo heiratet ihn trotzdem.

Viel Schwarz, viel Weiß, kaum Grau. Solo ist die strahlende Aufsteiger­in der Frauenfußb­all-WM 2007 in China, lässt bis zum Halbfinale nur zwei Tore zu. Dann aber nimmt sie der Trainer aus dem Tor. Die damals 26-Jährige beschwert sich derart vehement, dass ihre Mannschaft­skameradin­nen sie fortan meiden. Solo fliegt nicht mit der Mannschaft zurück. Anschließe­nd übernimmt die Schwedin Pia Sundhage das USTeam und begnadigt Solo. Zusammen gewinnen sie zwei Mal olympische­s Gold.

Gelassener wird Solo dadurch offenbar nicht. Im Juni 2014 stattet sie ihrem 17-jährigen Neffen einen Besuch ab. Verärgert, weil sie einen Flug verpasst hat, und stark angetrunke­n. Was anschließe­nd genau passiert, wird nie vollständi­g geklärt. Auf jeden Fall kommt Solos Schwester hinzu, ein Handgemeng­e entsteht und bald darauf erscheint Solo in Ketten und Handschell­en vor dem Richter. Schließlic­h wird sie unter der Auflage freigelass­en, sich Neffe und Schwester nicht mehr zu nähern.

Ein Jahr später wird sie vorläufig aus der Nationalma­nnschaft verbannt. Zusammen mit ihrem Mann war sie während eines Länderspie­lLehrgangs in einem Auto des Verbandes zu einer Party gefahren und hatte sich dort recht gütig an diversen Alkoholika gezeigt. Wenige Monate später: Solo ist reaktivier­t und holt den letzten großen Titel, der ihr noch fehlt. Sie wird Weltmeiste­rin. Zwischen all die größeren und kleineren Aufgeregth­eiten lässt Solo Nacktbilde­r schießen und tritt bei der amerikanis­chen Version von „Let’s Dance“auf. Ein amerikanis­cher Traum. Ihr Weg war vorgezeich­net. Hope Solo aber hat sich daran nicht gehalten. Wie sie sich schlicht an relativ wenig gehalten hat. Ob die 38-Jährige eine gute Mutter sein wird? Vorgezeich­net ist es nicht. Ein gutes Zeichen.

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Foto: Witters Hope Solo ist auch außerhalb des Platzes ein Star. Zuletzt arbeitete sie als FernsehExp­ertin.

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