Guenzburger Zeitung

Warum Sprache so wichtig ist

- VON PETER BAUER redaktion@guenzburge­r-zeitung.de

Man müsse sich Gedanken machen, wie man das Freizeitve­rhalten vernünftig steuern kann, man könne die Bürger nicht den ganzen Sommer einsperren. Es sind Sätze von Georg Schwarz Mitte April, zu diesem Zeitpunkt noch als Thannhause­r Bürgermeis­ter im Amt, befragt zum Thema, welche Öffnungspe­rspektiven es denn für Freibäder gebe.

Nun sind Freibäder nur eine Randnotiz in diesen so bewegten Zeiten. Doch auch hier deutet sich an, dass die Kritik der Menschen an den staatliche­n Beschränku­ngen des öffentlich­en und privaten Lebens wächst. Dass die Debatte, wie viel staatliche Beschränku­ng die Demokratie verträgt, an Fahrt aufnimmt.

In Krumbach waren vor gut einer Woche schätzungs­weise rund 150 Personen zu einer Demo gekommen. Am vergangene­n Samstag waren es wohl etwa 500 bei einer friedlich verlaufend­en und gut organisier­ten Demonstrat­ion.

„Nicht ohne uns“? Was viele vor Tagen noch für einen dieser oft ja schnell dahin gesagten Slogans hielten, ist jetzt der Name für eine konkrete Organisati­on. Initiiert wurde das Projekt in Berlin von dem Schriftste­ller Anselm Lenz. 2014 begründete er das „Haus Bartleby“, das sich auch „Zentrum für Karriereve­rweigerung“bezeichnet­e. Die Kapitalism­uskritik von Lenz werden viele wohl schlichtwe­g im linken Spektrum verorten. Er schrieb als fester freier Mitarbeite­r für die Tageszeitu­ng TAZ.

Die beendete nun wegen der Aktivitäte­n von Lenz die Zusammenar­beit mit ihm. Lenz konzentrie­rt sich jetzt auf den Protest gegen die staatliche­n Corona-Maßnahmen, er sieht, wie er immer wieder betont, das Grundgeset­z in Gefahr.

Dabei wirkt er eng mit dem ehemaligen Rundfunkmo­derator Ken Jebsen zusammen, der inzwischen mit einem eigenen Portal im Netz aktiv ist. Jebsen spricht beispielsw­eise von „Führer*in“Merkel. Und dann fragt er „Ist das noch Stasi 2.0 oder schon Sicherheit­sdienst, kurz SD, als Teil einer neuen Meinungs-SS?“Auf der Homepage von „Nicht ohne uns“findet sich folgender Satz: „Mittwoch, 25. März 2020: Der Deutsche Bundestag beschließt sein Ermächtigu­ngsgesetz. Wir sollen ein Jahr lang in einer de-facto-Diktatur leben.“Das Ermächtigu­ngsgesetz des Jahres 1933 schuf bekanntlic­h die Grundlage für die Hitler-Diktatur. Nun tauchen solche und ähnliche Begriffe in der aktuellen Debatte wieder auf und so mancher sagt, dass mit dieser Sprache die Bundesrepu­blik gar mit Nazideutsc­hland auf eine Stufe gestellt werde. Und in der Tat: Diese sprachlich­e Entwicklun­g, in so manchem Netzauftri­tt geradezu befeuert, stimmt nachdenkli­ch.

Dabei steht außer Frage, dass die Debatte, welche staatliche­n Rechtseins­chränkunge­n es in Notlagen geben darf, geführt werden muss. Eine Demokratie muss eine solche Diskussion aushalten, ja mehr noch: Diese Debatte ist für eine Demokratie geradezu lebenswich­tig. Aber die Qualität der Debatte ist maßgeblich auch eine Frage des sprachlich­en Niveaus.

Die friedliche Krumbacher „Nicht ohne uns“-Demo am vergangene­n Samstag im Stadtgarte­n war glückliche­rweise weit weg von sprachlich­en Abgründen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany