Warum Sprache so wichtig ist
Man müsse sich Gedanken machen, wie man das Freizeitverhalten vernünftig steuern kann, man könne die Bürger nicht den ganzen Sommer einsperren. Es sind Sätze von Georg Schwarz Mitte April, zu diesem Zeitpunkt noch als Thannhauser Bürgermeister im Amt, befragt zum Thema, welche Öffnungsperspektiven es denn für Freibäder gebe.
Nun sind Freibäder nur eine Randnotiz in diesen so bewegten Zeiten. Doch auch hier deutet sich an, dass die Kritik der Menschen an den staatlichen Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens wächst. Dass die Debatte, wie viel staatliche Beschränkung die Demokratie verträgt, an Fahrt aufnimmt.
In Krumbach waren vor gut einer Woche schätzungsweise rund 150 Personen zu einer Demo gekommen. Am vergangenen Samstag waren es wohl etwa 500 bei einer friedlich verlaufenden und gut organisierten Demonstration.
„Nicht ohne uns“? Was viele vor Tagen noch für einen dieser oft ja schnell dahin gesagten Slogans hielten, ist jetzt der Name für eine konkrete Organisation. Initiiert wurde das Projekt in Berlin von dem Schriftsteller Anselm Lenz. 2014 begründete er das „Haus Bartleby“, das sich auch „Zentrum für Karriereverweigerung“bezeichnete. Die Kapitalismuskritik von Lenz werden viele wohl schlichtweg im linken Spektrum verorten. Er schrieb als fester freier Mitarbeiter für die Tageszeitung TAZ.
Die beendete nun wegen der Aktivitäten von Lenz die Zusammenarbeit mit ihm. Lenz konzentriert sich jetzt auf den Protest gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen, er sieht, wie er immer wieder betont, das Grundgesetz in Gefahr.
Dabei wirkt er eng mit dem ehemaligen Rundfunkmoderator Ken Jebsen zusammen, der inzwischen mit einem eigenen Portal im Netz aktiv ist. Jebsen spricht beispielsweise von „Führer*in“Merkel. Und dann fragt er „Ist das noch Stasi 2.0 oder schon Sicherheitsdienst, kurz SD, als Teil einer neuen Meinungs-SS?“Auf der Homepage von „Nicht ohne uns“findet sich folgender Satz: „Mittwoch, 25. März 2020: Der Deutsche Bundestag beschließt sein Ermächtigungsgesetz. Wir sollen ein Jahr lang in einer de-facto-Diktatur leben.“Das Ermächtigungsgesetz des Jahres 1933 schuf bekanntlich die Grundlage für die Hitler-Diktatur. Nun tauchen solche und ähnliche Begriffe in der aktuellen Debatte wieder auf und so mancher sagt, dass mit dieser Sprache die Bundesrepublik gar mit Nazideutschland auf eine Stufe gestellt werde. Und in der Tat: Diese sprachliche Entwicklung, in so manchem Netzauftritt geradezu befeuert, stimmt nachdenklich.
Dabei steht außer Frage, dass die Debatte, welche staatlichen Rechtseinschränkungen es in Notlagen geben darf, geführt werden muss. Eine Demokratie muss eine solche Diskussion aushalten, ja mehr noch: Diese Debatte ist für eine Demokratie geradezu lebenswichtig. Aber die Qualität der Debatte ist maßgeblich auch eine Frage des sprachlichen Niveaus.
Die friedliche Krumbacher „Nicht ohne uns“-Demo am vergangenen Samstag im Stadtgarten war glücklicherweise weit weg von sprachlichen Abgründen.