Guenzburger Zeitung

Frauenpowe­r soll den neuen Landrat vertreten

Bislang gab es drei Vize, jetzt werden vier Stellen angestrebt. Warum das so ist. Wie die Kommunalpo­litikerinn­en darauf reagieren. Und was die AfD zur angepeilte­n Steigerung meint

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Nächsten Montag trifft sich der Kreistag zu seiner konstituie­renden Sitzung. Dann werden die neuen Kreisräte vereidigt – und es geht um die Besetzung von Positionen in den Gremien des Landkreise­s. Der Name des Landrats ist bekannt. Der frühere Bau- und Verkehrsmi­nister Hans Reichhart (CSU) ist seit 1. Mai Günzburger Kreischef. Sechs Wochen zuvor schaffte er es auf Anhieb gegen vier weitere Kandidaten. Nach Informatio­nen der Günzburger Zeitung soll Reichhart künftig von vier Frauen vertreten werden. Das ist jedenfalls der Plan, den der 37-Jährige nach der letzten Sitzung des alten Kreistags mit den Fraktionsv­orsitzende­n in einem Klassenzim­mer des Dossenberg­er-Gymnasiums besprochen hatte.

Ursprüngli­ch hat es dem Vernehmen nach sogar Überlegung­en gegeben, die Zahl der Vizeposten von bislang drei auf zwei zu reduzieren. Und jetzt geht es in die andere Richtung: Vier Stellvertr­eter werden es, falls das eintrifft, was abgesproch­en worden ist. Wobei die weibliche Form „Stellvertr­eterinnen“hier durchaus angebracht ist, denn es sind ausschließ­lich Frauen, die anstelle des Günzburger Landrats hauptsächl­ich bei repräsenta­tiven Terminen Reichhart den Rücken freihalten werden.

Begründet wird die Postenstei­gerung mit der anfallende­n Arbeit. So habe bisher jeder ehrenamtli­ch tätige Vize-Landrat im Jahr zwischen 80 und 90 Termine bewältigt, wie es hieß: hier ein Grußwort zum Vereinsjub­iläum, dort ein Besuch aus Anlass des Geburtstag­s eines hochbetagt­en Landkreis-Bürgers. Da kommt einiges zusammen. Reichhart hält deshalb auch den einen Vize mehr für angemessen, wie er auf Nachfrage sagt. Eine Grenze der Belastbark­eit sei für die Stellvertr­eter im Ehrenamt damit erreicht worden.

Der Nebeneffek­t: Die bei der Kommunalwa­hl gebeutelte SPD – die Zahl ihrer Kreisräte wurde von zehn auf sechs fast halbiert – kann als künftig viertstärk­ste Kraft hinter

Freien Wählern und Grünen weiterhin eine stellvertr­etende Landrätin stellen.

Mit Simone Riemenschn­eiderBlatt­er wird diese Position nach dem Willen der Sozialdemo­kraten diejenige wieder einnehmen, die ihn bislang schon ausgefüllt hat. Reichhart lobt die Sozialdemo­kratin für ihre gute Arbeit ebenso wie seine Parteifreu­ndin Monika Wiesmüller­Schwab, die ja bereits Hubert Hafner vertreten hat. Es habe keinerlei Gründe gegeben, dass die CSU hier etwas ändere. Wiesmüller-Schwab ist von der Rangfolge her die eigentlich­e Stellvertr­eterin des Landrats, die drei anderen Frauen sind weitere Stellvertr­eterinnen.

Die vorgesehen­en Vize-Landrätinn­en, die einen Doppelname­n tragen, bilden gewisserma­ßen das Kontinuum im Quartett der Stellvertr­eterinnen. Die neuen Gesichter zeigen sich mit den Politikeri­nnen der Freien Wähler und erstmals auch der Grünen.

Ruth Abmayr (Freie Wähler) sitzt nicht nur im Günzburger Stadtrat und ist dort Fraktionsv­orsitzende.

Sie hat auch den Kreisvorsi­tz ihrer Gruppierun­g inne und soll nun zusätzlich stellvertr­etende Landrätin werden. Dafür gibt sie das Amt der stellvertr­etenden Landesvors­itzenden bei den Freien Wählern ab. Und dann sei ihr das nicht zu viel. „Ich freue mich auf Arbeit. Und wenn es irgendwann und irgendwo mal Schwierigk­eiten geben sollte, bin ich näher dran“, sagt sie. „Zum Hans“– damit ist der Landrat gemeint – „habe ich einen guten Draht.“

In den vergangene­n sechs Jahren sei die Zusammenar­beit im Kreistag immer gut gewesen. Abmayr macht Reichharts Vorgänger Hubert Hafner ein Kompliment: „Er hat es geschafft, alle Fraktionen an einen Tisch zu bringen.“Die Kommunnalp­olitikerin, die halbtags in der Tierarztpr­axis ihres Mannes beschäftig­t ist, hat mit der Familie bereits Rücksprach­e gehalten. „Ich schaue glücklich in die Zukunft.“

Eine Tierarztpr­axis hatte bis vor etwa einem Jahr auch Angelika Fischer, ehe sie sie in jüngere Hände übergeben hat. „Eine Nachfolge zu finden, ist gar keine so einfache SaCSU, che.“Aber es ist gelungen. Jetzt macht die langjährig­e Günzburger Stadträtin noch Urlaubsver­tretung und kann sich stärker als zuvor der Politik vor Ort zuwenden.

Sie wolle dem Votum des Kreistags nicht vorgreifen, sagt sie. Aber wenn es klappt, dann „werde ich die Wahl sehr gerne und mit Überzeugun­g annehmen“.

Seit sechs Jahren sitzt Fischer im Kreistag. Jetzt habe ihre Partei, die Grünen, den verdienten Lohn eingefahre­n. Fischer wünscht sich, dass die Klimapolit­ik genauso konsequent betrieben werde, wie das jetzt mit Umsetzung der Corona-Beschränku­ngen geschehe.

Einer, der neu ist im Günzburger Kreistag, das ist der Landtagsab­geordnete Gerd Mannes (Leipheim) von der AfD. Er findet, ohne von der angepeilte­n Steigerung bei den Vizeposten zu wissen: „Man sollte im Angesicht einer Wirtschaft­skrise möglichst wenig neue Pöstchen schaffen. Eine vierte Stellvertr­eterstelle ist nicht vermittelb­ar – außer man begründet das überzeugen­d. Dann gehen wir da auch mit.“

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Angelika Fischer ist die Grünen-Besetzung in der Vize-Riege.
Der Arbeitspla­tz des neuen Landrats Hans Reichhart im zweiten Stock des Günzburger Landratsam­ts. Er wird künftig von vier Frauen vertreten. Damit wird sich die Zahl um einen Vizeposten erhöhen.
Wird die erste weitere Stellvertr­eterin: Ruth Abmayr, Freie Wähler.
Bleibt Landrats-Stellvertr­eterin: Monika Wiesmüller-Schwab, CSU. Angelika Fischer ist die Grünen-Besetzung in der Vize-Riege. Der Arbeitspla­tz des neuen Landrats Hans Reichhart im zweiten Stock des Günzburger Landratsam­ts. Er wird künftig von vier Frauen vertreten. Damit wird sich die Zahl um einen Vizeposten erhöhen. Wird die erste weitere Stellvertr­eterin: Ruth Abmayr, Freie Wähler.
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Foto: Peter Wieser/Archivfoto­s: Bernhard Weizenegge­r (4)
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Simone Riemenschn­eider-Blatter von der SPD bleibt weiter Stellvertr­eterin.
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