„Ein Bürgermeister muss Ideen haben“
Wie die Bilanz von Ernst Walter nach zwölf Jahren Rathauschef in Kötz ausfällt
Kötz Nach vielen Jahren als Geschäftsstellenleiter der Gemeinde Kammeltal habe er das Gelernte eigenverantwortlich anwenden und „selber gestalten, Richtung weisen“wollen. So erklärt Ernst Walter, warum er sich 2008 um das Amt des Kötzer Bürgermeisters beworben hat. Jetzt geht der diplomierte Finanzwirt Walter nach zwei Amtsperioden in den Ruhestand.
Konnte der heute 63-Jährige seinen ursprünglichen Wunsch in den zwölf Jahren an der Spitze der Kötzer Verwaltung umsetzen? „Überwiegend schon“, sagt Ernst Walter im Rückblick, und immer noch ist er davon überzeugt: „Ideen haben, das muss schon der Bürgermeister machen.“Allerdings ist er Realist genug, um zu wissen, dass es allein mit Ideen nicht getan ist. Der Gemeinderat muss mitziehen, die Ideen müssen finanzierbar sein. Und Kötz war lange Jahre nicht gerade auf Rosen gebettet, äußerste Sparsamkeit das oberste Gebot. Dass die etwa 3300 Einwohner zählende Gemeinde mit ihren drei Ortsteilen finanziell jetzt so gut dran ist „wie nie zuvor“, sagt der frühere Bürgermeister erfreut.
Auch dass die Kinderbetreuung ausgebaut worden ist, verbucht Walter auf der Erfolgsseite seiner Bilanz. Er nennt den Neubau des Großkötzer Kindergartens, in dem seinerzeit mit Wannen das durchs Dach eindringende Regenwasser aufgefangen werden musste, den
Neubau des Kindergartens in Kleinkötz und den neuen Hort, der dort entsteht, wo bis vor ein paar Jahren das Kötzer Rathaus stand. Walter spricht von „großen Errungenschaften“. Die als Mehrzweckgebäude viel genutzte Günzhalle wurde in den vergangenen Jahren „ziemlich weit saniert“, sagt er und zählt auf: neue Lüftungsanlage, Türen und Fenster, sanierte Duschen und das überarbeitete Alarmsystem.
Auch ein neues Rathaus hat das Verwaltungsteam, das in einer Verwaltungsgemeinschaft auch die Geschäfte der Nachbargemeinde Bubesheim erledigt – allerdings nicht so, wie Ernst Walter es für sinnvoll gehalten hätte. Der von ihm favorisierte Neubau des Verwaltungssitzes auf einer brachliegenden Wiese in unmittelbarer Nähe zum früheren Rathaus „war politisch nicht durchsetzbar“sagt er.
Dabei war man nach einem Ideenwettbewerb mit den Planungen schon ziemlich weit gediehen gewesen. Aber nicht zuletzt Vertreter der Gemeinde Bubesheim hatten immer wieder große finanzielle Bedenken geäußert, der fertige Plan wurde nicht realisiert, sondern das Gebäude der Raiffeisenbank am Großkötzer Dorfplatz gekauft und zum Verwaltungssitz umgebaut. Der sei jetzt „auf Kante genäht, was den Platz anbelangt“, sagt Ernst Walter, und mittlerweile käme auch „leise Kritik“weil die Kommunikation über drei Stockwerke hinweg nicht ganz einfach sei.
Ein Anliegen, für das Walter sich schon bei seiner Kandidatur 2008 stark gemacht hatte, verschwand ebenfalls in der Schublade: Die Schaffung eines Dorfladens. Man hatte Arbeitsgruppen gebildet und einen externen Berater eingebunden, aber das Projekt sei an den Bedenken von örtlichen Gewerbetreibenden gescheitert, sagt er.
Auch der Jugendtreff, den insbesondere der damalige Gemeinderat Michael Dörner tatkräftig unterstützt hat, ist nicht verwirklicht worden. „Zunächst war das Interesse groß“, sagt Ernst Walter, es sei dann aber rasch abgekühlt. Heute erklärt er sich dieses Scheitern mit dem damals noch stärkeren Ortsteildenken, gewinnt der Sache aber doch etwas Positives ab: „Das Ortsteildenken ist nicht mehr so stark wie vor 20 Jahren.“Die gemeinsame Jugendarbeit der Sportvereine in Kleinkötz und Großkötz und die Nachwuchsarbeit des Blasorchesters Kötz zeigt das dem Ex-Bürgermeister deutlich: „Die Jugend wächst zusammen.“
Auch wenn man es nicht allen recht machen könne, sei es doch „wichtig, die Gemeinde voranzubringen“, sagt Walter noch kurz vor seinem Abschied aus dem Kötzer Rathaus. Als Bürgermeister sei er weniger mit dem täglichen Ablauf der Verwaltungsgeschäfte befasst gewesen, er habe vielmehr „die Vertretung nach außen“gehabt und: „Das hat mir immer Spaß gemacht.“Dass er von der „Erfordernis ständiger Präsenz“mit der Übergabe seines Amtes an Nachfolgerin Sabine Ertle befreit sein wird, sei dann aber doch auch erfreulich.
Wenn auch für den Ruhestand geplante Reisen in der aktuellen Situation nicht möglich sind, so freut Walter sich doch, mehr Zeit für seine Ehefrau Ursula, die beiden erwachsenen Kinder und die zwei Enkelkinder zu haben. Mehr Muße könnte dann auch zum Lesen von Sachbüchern mit vielfältigen Themen und zum Sammeln älterer Schriften beispielsweise über die ehemalige DDR und den Ostblock bleiben. Und dann ist da noch die Liebe zu den Oldtimermotorrädern, die Walter in den zwölf Jahren als Bürgermeister von Kötz ziemlich vernachlässigen musste.