Missverständnis mit Stellvertretern
In diesen Tagen kommen viele Gemeinderäte zu ihren ersten Sitzungen zusammen oder haben sie bereits hinter sich. Es geht dabei um Formelles und um Personelles. Ausschüsse werden gebildet, die Zahl der stellvertretenden Bürgermeister bestimmt – und die Positionen entsprechend besetzt. Jetzt wurde hier und da Unzufriedenheit darüber laut, dass die Vize-Posten nicht immer nach dem Parteienproporz vergeben wurden.
Nun: Das müssen sie auch nicht – im Gegensatz zu den Ausschüssen einer Kommune, die die Mehrheitsverhältnisse im jeweiligen Gemeinderat widerspiegeln sollen.
Die stellvertretenden Bürgermeister und Landräte werden in ihrer Bedeutung zumeist überschätzt. Sie nehmen in der Regel repräsentative Aufgaben wahr – und vertreten den Rathauschef während seiner Urlaubszeit oder im Falle von Erkrankungen. Dass in solchen Phasen Stellvertreter das Rathaus nach eigenen Vorstellungen umgekrempelt haben, ist kein weitläufig bekanntes Phänomen, es wäre eine große Ausnahme.
Kommunalpolitik ist also vor allem das Feld sachbezogener und nicht parteiideologischer Entscheidungen. Das ist nicht nur das Verdienst der Mandatsträger, sondern bereits vom Gesetzgeber her in der Gemeindeordnung so angelegt. Deshalb ist es eigentlich auch nicht korrekt, wenn wir Journalisten das Synonym „Kommunalparlament“benutzen, nur um zu vermeiden, das zehnte Mal vom Gemeinderat oder Kreistag schreiben zu müssen. Denn ein Parlament ist berechtigt, gesetzgeberisch tätig zu werden. Das sind Gemeinderäte mitnichten. Sie leiten Befugnisse aus Gesetzen für ihren örtlichen Bereich ab, bestimmen den Haushalt, stellen Personal ein, beschließen Grundstückskäufe, erlassen Satzungen.
Ein Gemeinderat ist also in diesem Sinne kein politisches Parlament, sondern – wie der Erste Bürgermeister auch – ein Verwaltungsorgan der Gemeinde. Geschieht etwas Rechtswidriges, befassen sich zunächst nicht Verwaltungsgerichte damit, sondern die Aufsichtsbehörden (Landratsamt, Bezirksregierung).
Die Gemeindeordnung kennt noch nicht einmal den Begriff der „Fraktion“und vermeidet damit eine Formulierung, die einen parteipolitischen Beigeschmack enthält. Das alles zeigt, dass es absolut nicht zwingend ist und es auch vom Selbstverständnis her kein Gebot der Fairness sein muss, die Bürgermeister-Vize gemäß des Wahlausgangs zu besetzen.
Wichtig ist vielmehr, dass Stellvertreter vertraut sind mit dem, was sie machen, dass sie mit dem Bürgermeister ein verlässliches Verhältnis pflegen und ihre Kommune gemeinsam voranbringen. Die parteipolitische Konstellation ist dabei nicht entscheidend.