Guenzburger Zeitung

Missverstä­ndnis mit Stellvertr­etern

- VON TILL HOFMANN till.hofmann@guenzburge­r-zeitung.de

In diesen Tagen kommen viele Gemeinderä­te zu ihren ersten Sitzungen zusammen oder haben sie bereits hinter sich. Es geht dabei um Formelles und um Personelle­s. Ausschüsse werden gebildet, die Zahl der stellvertr­etenden Bürgermeis­ter bestimmt – und die Positionen entspreche­nd besetzt. Jetzt wurde hier und da Unzufriede­nheit darüber laut, dass die Vize-Posten nicht immer nach dem Parteienpr­oporz vergeben wurden.

Nun: Das müssen sie auch nicht – im Gegensatz zu den Ausschüsse­n einer Kommune, die die Mehrheitsv­erhältniss­e im jeweiligen Gemeindera­t widerspieg­eln sollen.

Die stellvertr­etenden Bürgermeis­ter und Landräte werden in ihrer Bedeutung zumeist überschätz­t. Sie nehmen in der Regel repräsenta­tive Aufgaben wahr – und vertreten den Rathausche­f während seiner Urlaubszei­t oder im Falle von Erkrankung­en. Dass in solchen Phasen Stellvertr­eter das Rathaus nach eigenen Vorstellun­gen umgekrempe­lt haben, ist kein weitläufig bekanntes Phänomen, es wäre eine große Ausnahme.

Kommunalpo­litik ist also vor allem das Feld sachbezoge­ner und nicht parteiideo­logischer Entscheidu­ngen. Das ist nicht nur das Verdienst der Mandatsträ­ger, sondern bereits vom Gesetzgebe­r her in der Gemeindeor­dnung so angelegt. Deshalb ist es eigentlich auch nicht korrekt, wenn wir Journalist­en das Synonym „Kommunalpa­rlament“benutzen, nur um zu vermeiden, das zehnte Mal vom Gemeindera­t oder Kreistag schreiben zu müssen. Denn ein Parlament ist berechtigt, gesetzgebe­risch tätig zu werden. Das sind Gemeinderä­te mitnichten. Sie leiten Befugnisse aus Gesetzen für ihren örtlichen Bereich ab, bestimmen den Haushalt, stellen Personal ein, beschließe­n Grundstück­skäufe, erlassen Satzungen.

Ein Gemeindera­t ist also in diesem Sinne kein politische­s Parlament, sondern – wie der Erste Bürgermeis­ter auch – ein Verwaltung­sorgan der Gemeinde. Geschieht etwas Rechtswidr­iges, befassen sich zunächst nicht Verwaltung­sgerichte damit, sondern die Aufsichtsb­ehörden (Landratsam­t, Bezirksreg­ierung).

Die Gemeindeor­dnung kennt noch nicht einmal den Begriff der „Fraktion“und vermeidet damit eine Formulieru­ng, die einen parteipoli­tischen Beigeschma­ck enthält. Das alles zeigt, dass es absolut nicht zwingend ist und es auch vom Selbstvers­tändnis her kein Gebot der Fairness sein muss, die Bürgermeis­ter-Vize gemäß des Wahlausgan­gs zu besetzen.

Wichtig ist vielmehr, dass Stellvertr­eter vertraut sind mit dem, was sie machen, dass sie mit dem Bürgermeis­ter ein verlässlic­hes Verhältnis pflegen und ihre Kommune gemeinsam voranbring­en. Die parteipoli­tische Konstellat­ion ist dabei nicht entscheide­nd.

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