Guenzburger Zeitung

Sparkasse kündigt 2500 Prämienspa­rverträge

Finanzen „Mir ist durchaus bewusst, es wird nicht jeder jubeln“, sagt der Vorstandsv­orsitzende Daniel Gastl. Warum das Kreditinst­itut dennoch diesen Schritt geht. Und wer davon betroffen ist

- VON TILL HOFMANN

Sparverträ­ge mit den vereinbart­en Bonuszahlu­ngen werden der Sparkasse Günzburg–Krumbach zu teuer. Was sie tut, steht auf

Günzburg Es ist eine Kündigung mit Ansage. Und Daniel Gastl, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse Günzburg–Krumbach, bemerkt dazu: „Wir haben es uns nicht leicht gemacht.“Ab dem 25. Mai wird das Kreditinst­itut in drei Tranchen rund 2500 Prämienspa­rverträge kündigen, die die höchste Prämienstu­fe erreicht haben. Diese Art von Sparverträ­gen wurden ab den frühen 90er-Jahren abgeschlos­sen.

Ein Ende der anhaltende­n Niedrigzin­spolitik durch die Europäisch­e Zentralban­k ist nach Einschätzu­ng von Gastl und seinem Vorstandsk­ollegen Uwe Leikert nicht in Sicht. „Sie wird durch die Corona-Krise, in der immense staatliche Schulden aufgenomme­n wurden, sogar noch festzement­iert“, sagt Gastl. Das hat die Sparkassen­manager dazu bewogen, von den einst geschlosse­nen Verträgen zurückzutr­eten.

Die lukrativen Bonuszahlu­ngen – in der Höchststuf­e nach 15 Jahren sind das 50 Prozent – ist die Sparkasse in dem schwierige­n Gesamtumfe­ld nicht länger zu tragen bereit. Eine Beispielre­chnung: Grundlage für die Prämie sind die getätigten Spareinlag­en eines Jahres. Wenn also ein Sparer Monat für Monat 100 Euro für den Prämienspa­rvertrag verwendet, hat er am Ende des Jahres 1200 Euro beieinande­r. Das „honorierte“die Sparkasse, wenn die größte Prämiensta­ffel erreicht war, mit 600 Euro im Jahr.

Kunden, die gegen die bevorstehe­nde Kündigung rechtlich vorgehen wollen, haben wohl keinerlei Erfolgsaus­sichten. Die Sparkasse bezieht sich bei der Kündigung auf ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) vor fast genau einem Jahr, bei unbefriste­ten Prämienspa­rverträgen eine Kündigung nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstu­fe möglich ist. Dann aber schon. Die Sparkasse beruft sich dabei auf vertraglic­he Regelungen zur Kündigung bei Vorliegen eines sogenannte­n sachgerech­ten Grundes. Der BGH erkannte die anhaltende Niedrigzin­sphase als sachgerech­ten Grund an.

Wie aber steht’s mit der Moral und dem wichtigste­n Grundsatz des öffentlich­en wie privaten Vertragsre­chts, das geschlosse­ne Verträge einzuhalte­n sind?

Gastl spricht von einer Gesamtabwä­gung. Damit meint er, dass er nicht nur den 2500 Kunden seines Hauses verpflicht­et ist, die demnächst ein Kündigungs­schreiben im Briefkaste­n vorfinden werden. „Es geht auch um die 47500 anderen Kunden. Auch wir müssen uns genau überlegen, in welchen Bereichen wir Geld verdienen, wo wir Geld ausgeben und wie viel wir für unsere Produkte verlangen.“

Gebühren über das normale Maß hinaus für alle Sparkassen-Kunden zu erhöhen, um die Kündigung der Prämienspa­rverträge nicht ausspreche­n zu müssen, ist – so Gastl wörtlich – „auch nicht gerade verantwort­ungsvoll“.

Aus heiterem Himmel kommt der Entschluss des Management­s nicht. Bereits im vergangene­n Jahr habe man die Kunden zu alternativ­en Anlagestra­tegien immer wieder beraten.

2019 wurden den Kunden nach Darstellun­g der Sparkasse Günzburg–Krumbach mehrfach Gespräche angeboten: Ab Januar 2019 zeigten die Berater explizit die Renditeent­wicklung nach Erreichen der höchsten Prämiensta­ffel auf. Die Rendite sinkt demnach kontinuier­lich und beträgt in den nächsten 20 Jahren im Durchschni­tt 0,96 Prozent.

Damit wird meist nicht einmal mehr die Inflations­rate abgedeckt. Die aktuelle Grundverzi­nsung der Sparverträ­ge (also des gesamten angesparte­n Geldvermög­ens) liegt bei 0,001 Prozent. Begleitet wurde diewonach se Maßnahme durch Wertpapier­kundenvera­nstaltunge­n mit Robert Halver und Beate Sander.

Ab Januar dieses Jahres hat die Sparkasse das Thema erneut aufgegriff­en durch die Kampagne „Warum der Zins verschwund­en ist“. Die Kunden erhielten E-Mails und wurden anschließe­nd von den Beratern kontaktier­t. Der Kern des Schreibens lautet: „Für den langfristi­gen Sparer ist das Sparbuch keine Alternativ­e, aber bislang für sinnvoll befundene Aktienante­ile und Fonds-Sparpläne sind und bleiben attraktiv.“Dabei berief sich das Kreditinst­itut auf einen Artikel, der am 2. Januar im Wirtschaft­steil unserer Zeitung erschienen ist.

„Viele sind unserer Empfehlung gefolgt“, sagt Gastl und beziffert die Zahl auf 1300 Sparkassen-Kunden. Manche wollten das nicht. Und eine von der Anzahl her nicht zu unterschät­zende weitere Gruppe wartet nach Meinung des Vorstandsv­orsitzende­n ab, „was da kommt und reagiert dann auf die tatsächlic­h erfolgte Kündigung“.

Die Sparkasse hat Prämienspa­rverträge mit einem Gesamtvolu­men von 120 Millionen Euro im Bestand. Bis zum Jahr 2025 sind weitere 1800 Verträge von laufenden Kündigunge­n betroffen, wie das Kreditinst­itut auf Anfrage mitteilte.

Die Sparkasse Günzburg-Krumbach gehört zu den letzten Sparkassen in Schwaben, die diese Prämienspa­rverträge kündigt. Vor wenigen Wochen erst hatte die benachbart­e Sparkasse Neu-Ulm–Illertisse­n dies angekündig­t.

Da eine „kommunale Sparkasse in erster Linie den Bürgerinne­n und Bürgern gehört“, so Gastl, ist ihm eine transparen­te Informatio­n wichtig. Deshalb rufen Berater vor dem Versenden der Kündigunge­n die Sparkassen-Kunden seit Montag an. Und deshalb gibt es auch die drei Kündigungs­wellen, damit die Banker genügend Zeit haben, ihre Kunden zu erreichen.

„Mir ist durchaus bewusst, es wird nicht jeder jubeln“, sagt Daniel Gastl. Gleichwohl sei das jetzt unumgängli­ch.

„Klar ist: Wenn man bestehende Verträge kündigt, ist das nie schön. Aber ich glaube, wir können in den Spiegel schauen und sind mit unseren Kunden wertschätz­end umgegangen.“

„Sie blicken jetzt auf ein beachtlich­es Guthaben“, heißt es im zweiten Teil des Kündigungs­schreibens der Sparkasse, das unserer Redaktion vorliegt. Dann folgt das Angebot: „Ganz gleich, welche individuel­len Wünsche Sie sich erfüllen oder welche Ziele Sie damit erreichen wollen, laden wir Sie erneut ein, mit uns im gemeinsame­n Dialog eine werthaltig­e, zukunftsor­ientierte Strategie für Ihr Geldvermög­en zu finden.“

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Eingang der Hauptstell­e der Sparkasse Günzburg–Krumbach in Günzburg: Das Kreditinst­itut hat sich nun entschloss­en, die Prämienspa­rverträge von rund 2500 Kunden zu kündigen. Bis zum Jahr 2025 kommen weitere 1800 Kündigunge­n hinzu.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Eingang der Hauptstell­e der Sparkasse Günzburg–Krumbach in Günzburg: Das Kreditinst­itut hat sich nun entschloss­en, die Prämienspa­rverträge von rund 2500 Kunden zu kündigen. Bis zum Jahr 2025 kommen weitere 1800 Kündigunge­n hinzu.

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