„Eine einmalige Kraftanstrengung“
Deutschland und Frankreich schlagen zusätzlich 500 Milliarden Euro Hilfe für die von den Folgen des Coronavirus besonders betroffenen Regionen vor
Brüssel Es ist das Signal des Aufbruchs aus der Coronavirus-Krise, auf das Europa gewartet hat: Deutschland und Frankreich haben ein noch nie dagewesenes Finanzpaket über 500 Milliarden Euro vorgeschlagen, das von den 27 Mitgliedstaaten gemeinsam getragen und den besonders betroffenen Regionen in der Gemeinschaft als Unterstützung gewährt werden soll. Dies haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am Montag bei einer Videokonferenz vereinbart. „Unser Ziel besteht darin, dass die EU aus dieser Krise gestärkt, zusammenhaltend und geeint hervorgeht“, sagte Merkel. „Es ist eine außergewöhnliche und einmalige Kraftanstrengung. … Wir werden in die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union investieren.“Macron erklärte: „Zum ersten Mal schlagen wir vor, gemeinsam Mittel aufzunehmen und zusammenzustehen.“
Der Vorschlag sieht vor, dass die 27 Mitgliedstaaten zusammen am Finanzmarkt 500 Milliarden Euro aufnehmen und dafür bürgen. Dieser Kredit muss vermutlich innerhalb der nächsten 20 Jahre zurückgezahlt werden, die Brüsseler EUKommission soll die entsprechenden Einzelheiten ausarbeiten und überwachen. Dieser Fonds wird dann von der EU-Behörde nach einem Schlüssel, „den wir noch finden müssen“(Macron), auf die von der Coronavirus-Krise besonders schwer getroffenen Mitgliedstaaten aufgeteilt, die diese Zuschüsse als Geschenk erhalten. Rein formal wird die Summe zusammen mit dem nächsten Sieben-Jahres-Etat von der Kommission verwaltet. Macron: „Dies ist ein großes Zeichen europäischer Solidarität.“
Merkel wie Macron legten viel Wert darauf, dass dies zwar ein deutsch-französischer Vorschlag sei, der aber von allen 27 Regierungen mitgetragen werden müsse. Erste Vorgespräche habe es bereits mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie einigen Staatsund Regierungschefs gegeben – darunter vor allem mit dem niederländischen Premier Mark Rutte, der sich in den vergangenen Wochen mehrfach gegen europäische Initiativen dieser Art gesperrt hatte.
Die Gelder sollen vorrangig in ausgewählte Themenbereiche investiert werden. So regen Merkel und Macron an, dass Europa seine Abhängigkeit von anderen Staaten vor allem im Gesundheitsbereich zurückfahren müsse. Es sollten nicht nur Lager in der EU für medizinische Produkte angelegt, sondern auch eine neue Zuständigkeit der Gemeinschaft für die Prävention gegen Pandemien geschaffen werden. „Das hat noch nie existiert“, erklärte der französische Staatspräsident.
Die nun insgesamt 1,5 Billionen Euro, die die EU innerhalb der nächsten Finanzperiode ab 2021 ausgeben kann, sollen in die Schwerpunkte Klimaschutz, Digitalisierung, Industriepolitik und Wirtschaft investiert werden. „Der Green Deal bekommt eine neue Dynamik“, betonte Merkel. „Ich bin sehr zufrieden.“
Scharfe Kritik übte der französische Präsident an den „nationalistischen Tendenzen“, die es am Anfang der Krise gegeben habe – beispielsweise als einige Mitgliedstaaten ohne Rücksprache mit den Nachbarn die Grenzen geschlossen hätten. „Das war ein trauriges Bild von Europa“, sagte Emmanuel Macron – der dabei bewusst überging, dass auch die Bundesrepublik ohne Abstimmung ihre Übergänge dicht machte. Ausdrücklich lobte der französische Staatspräsident dagegen die Zusammenarbeit und die Solidarität Deutschlands, aber auch Luxemburgs, der Schweiz und Österreichs, die auf dem Höhepunkt der Coronavirus-Krise in Frankreich Patienten aufgenommen und behandelt sowie medizinische Hilfsmaterialien geliefert hatten.
Die Zuschüsse erhalten die Staaten als Geschenk