Mit 90 Jahren ein Millionen-Lifting
1930 ging in Oberstdorf die „längste Personenseilschwebebahn der Welt“in Betrieb. In diesem Sommer steht sie still. Wegen Corona – und einer aufwendigen Sanierung
Oberstdorf Eigentlich hätten die Oberstdorfer kommenden Monat groß feiern können. Genauer gesagt am 10. Juni. Denn an diesem Tag vor 90 Jahren ging nach zweijähriger Bauzeit die „längste Personenseilschwebebahn“aufs Nebelhorn in Betrieb. In vielen Schritten ist die Bahn in den folgenden Jahrzehnten immer wieder modernisiert und erneuert worden, 1949 begann der Betrieb des ersten Schlepplifts am Nebelhorn, 1960 wurde ein Schlepper auf dem Koblat errichtet. Jüngste große Investitionsbrocken am Nebelhorn waren die Erweiterung der Beschneiung und 2016 der Bau einer neuen Gastronomie am Gipfel mit dem Nordwandsteig.
Um die Zeit der behördlich angeordneten Corona-Pause nutzen zu können, hat die Nebelhornbahn AG kürzlich beschlossen, den geplanten Bau einer neuen Bahn vorzuziehen. Deshalb ist die Nebelhornbahn diesen Sommer und kommenden Winter nicht in Betrieb. Die neue Anlage soll zu Ostern 2021 fertig sein.
Nach Auskunft von Bergbahnsprecher Jörn Homburg wird dann direkt in die Sommersaison gestartet. Normalerweise können die Pisten im oberen Bereich des Nebelhorn-Skigebiets bis Anfang Mai befahren werden. Ursprünglich war geplant, die neue Bahn erst im Sommer 2021 in Betrieb zu nehmen und mit der alten Großkabinenbahn diesen Sommer noch bis Mitte September zu fahren. „Wir stecken trotz der Krise den Kopf nicht in den Sand, sondern sehen die Situation als große Chance, ein lang gehegtes und einmaliges Konzept voranzutreiben“, sagt Henrik Volpert, Vorstand der Nebelhornbahn AG.
Gebaut wird eine Zwei-Seil-Umlaufbahn mit Zehner-Kabinen. Bisher standen die Fahrgäste eng zusammengedrängt in den Großkabinen. Häufig mussten Ausflügler unten mehr oder weniger lange warten, bis es endlich hinauf ging. Die Wartezeiten würden jetzt deutlich verkürzt, verspricht Johannes Krieg, ebenfalls Bahn-Vorstand. Zudem sei die Fahrt im Sitzen in den kleineren Kabinen wesentlich komfortabler. Auch das Umsteigen an der Mittelstation, der Seealpe, entfällt künftig. Dort können die Fahrgäste dann wählen: Aussteigen oder eben weiterfahren bis zur Station Höfatsblick auf 1932 Metern Höhe.
55 Millionen Euro investiert die Nebelhornbahn AG in das Projekt. Mit ersten Arbeiten war bereits im vergangenen Sommer begonnen worden. Zum Gesamtpaket gehört auch der Neubau der Bahnstationen im Tal und am Berg. Ein moderner Bau mit Holz- und Glaselementen und geschwungenen Linien soll künftig die Gäste im Tal erwarten. Bahn-Vorstand Volpert denkt bereits an die Zeit nach der Krise: „Dann können wir nächstes Jahr gestärkt in die Sommersaison 2021 starten – hoffentlich ohne CoronaNachwehen“.
Die neue Bahn ermöglicht im Winter eine bessere Nutzung der Anfahrten bis zur Station Seealpe. Dort mussten Skifahrer bisher längere Wartezeiten befürchten und deshalb konzentrierte sich das Geschehen zumeist auf den oberen Teil des Skigebiets. Neben dem Ifen gilt das Nebelhorn als schneesicherstes Wintersportgebiet in der Region.
Unverändert bleibt die obere
Sektion der Nebelhornbahn. Die Seilbahn von der Station Höfatsblick zum Gipfel wird nicht erneuert, der Zugang soll allerdings erleichtert werden.
Ebenfalls gebaut wird diesen Sommer am Söllereck bei Oberstdorf. Nach der Erneuerung der Schrattenwangbahn für den Skibetrieb im vergangenen Jahr wird heuer eine neue Hauptbahn gebaut, die bis zur kommenden Wintersaison fertiggestellt sein soll. Mit dem Abbau der alten Anlage war wegen der Corona-Krise zwei Monate früher als zunächst geplant begonnen worden. Insgesamt 42,9 Millionen Euro werden in die Modernisierung des Söllerecks zum „Ganzjahres- und Familienberg“gesteckt. Auch die Schlepplifte in der sogenannten Wanne und auf der Höllwies sollen bis 2022 durch Sechser-Sesselbahnen ersetzt werden.
Obwohl die Bahn nicht läuft, soll als Attraktion am Söllereck der Allgäu-Coaster im Sommer in Betrieb sein. Die Kinderspielplätze und der Hochseilgarten würden voraussichtlich am 25. Mai öffnen, teilte die Bahngesellschaft mit.