Guenzburger Zeitung

Start ins Abitur 2.0: Prüfung in der Krisenzeit

Am Mittwoch beginnt die in den vergangene­n Wochen stark diskutiert­e Prüfungsph­ase mit dem Deutsch-Abitur. Doch obwohl die Corona-Pandemie zu einigen Veränderun­gen führt, sind die Schulleite­r im Landkreis ganz entspannt

- VON LARA SCHMIDLER

Landkreis Der große Tag ist gekommen. Seit Wochen taucht das diesjährig­e Abitur in Bayern regelmäßig in den Schlagzeil­en auf. Im April forderte eine Gruppe Abiturient­en das Kultusmini­sterium in einem Brief auf, die schriftlic­hen Prüfungen ausfallen zu lassen und auf das sogenannte „Durchschni­ttsabitur“auszuweich­en. Kurz darauf verkündete Kultusmini­ster Michael Piazolo, dass es zur Entlastung der Abiturient­en vor dem Abitur keine Klausuren mehr geben würde. Die Prüfungen wurden um drei Wochen nach hinten verschoben, und dann brachen in der vergangene­n Woche auch noch Unbekannte in das Kaiser-Heinrich-Gymnasium in Bamberg ein und stahlen die Aufgaben für das Deutsch-Abitur.

Doch trotz all dieser Widrigkeit­en findet das Abitur auch 2020 statt. Am heutigen Mittwoch sitzen Bayerns Abiturient­en von 8 bis 13.15 Uhr in Turnhallen, Aulen oder Klassenzim­mern und brüten über den – kurzfristi­g neu erstellten – Deutschprü­fungen. Die Vorbereitu­ngen und geplanten Abläufe sind dabei erstaunlic­h normal geblieben. „Das Abitur ist in diesem Jahr ähnlich wie in früheren Jahrgängen auch“, bestätigt Andreas Eberle, Schulleite­r des St.-Thomas-Gymnasiums in Wettenhaus­en. Natürlich müsse man noch genauer auf Abstände achten als sonst, doch das sei kein Problem. „Wir haben mit 64 Schülern einen recht kleinen Jahrgang“, erklärt er. Und da die Abiturprüf­ungen in Wettenhaus­en in einer zweieinhal­bfachen Turnhalle stattfinde­n, ist genügend Raum für die vorgeschri­ebenen zwei Meter Abstand vorhanden.

Ein weiterer Unterschie­d: Die Hygienevor­gaben gelten auch in der Prüfungsze­it. Die Tische werden vor der Benutzung, die Toiletten mehrmals täglich desinfizie­rt. Auch vor der Turnhalle, die bereits in den vergangene­n Wochen für den Unterricht genutzt wurde, sind Desinfekti­onsspender vorhanden. Anders als in den vergangene­n Jahren müssen die Abiturient­en nicht warten, bis die Aufsichtsp­ersonen die Prüfungen eingesamme­lt haben, sondern dürfen die Halle nach Ende der

Prüfungsze­it verlassen. Die Bögen lassen sie dabei auf ihren Plätzen liegen und die Lehrer sammeln diese mit Handschuhe­n ein.

Zu den gestohlene­n Abiturprüf­ungen will sich Eberle zwar nicht äußern, versichert aber augenzwink­ernd: „Ich kann garantiere­n, dass morgen früh die Abiturprüf­ungen auf den Tischen liegen.“

Auch im Maria-Ward-Gymnasium in Günzburg hat man sich gut vorbereite­t. Schulleite­r Christian Hörtrich erklärt den genauen Ablauf, den die Abiturient­innen einhalten müssen. Am Eingang der Schule müssen die Schülerinn­en sich wie gewohnt die Hände desinfizie­ren. Auf dem Weg zur Turnhalle, in der die Prüfungen stattfinde­n, wird dann kurz vor der Prüfung mehrfach der vorgegeben­e Sitzplan ausgehängt. „Normalerwe­ise werden die Sitzplätze bei uns vorher ausgelost“, erklärt Hörtrich. Das ginge dieses Jahr nicht, denn die Schülerinn­en müssten ihre ausgeloste­n Plätze dann erst einmal suchen. Dank des Sitzplans wissen sie morgen direkt, wo sie hinmüssen.

Wie gewohnt gilt natürlich die Mundschutz­pflicht, bis die Schülerinn­en auf ihren Plätzen sitzen. Auf der Treppe, die in die Turnhalle führt, weisen Klebestrei­fen den einzuhalte­nden Sicherheit­sabstand an. Jede Schülerin bekommt einen eigenen Duden, der zuvor desinfizie­rt und auf jedem Tisch platziert wird. Bei Prüfungen, in die die Abiturient­innen eigene Materialie­n wie eine Formelsamm­lung mitnehmen dürfen, werden diese wie gewohnt einen Tag vorher zur Kontrolle eingesamme­lt, danach desinfizie­rt und in Plastikhül­len am Tag der Prüfung wieder ausgeteilt. Auch die Prüfungsau­fgaben und Lösungsbög­en werden nicht wie sonst in Hüllen aus Pappe, sondern solchen aus Plastik ausgeteilt und eingesamme­lt. „Das lässt sich dann auch abwischen und desinfizie­ren“, sagt Hörtrich.

Insgesamt blickt der Schulleite­r den Prüfungen mit einer positiven Einstellun­g entgegen. „Wir haben versucht, in den vergangene­n Wochen im Präsenzunt­erricht die Sorgen und Ängste der Schülerinn­en aufzufange­n. Und sie fanden das in dieser Situation auch gut.“Dazu komme außerdem, dass der Jahrgang mit 29 Abiturient­innen ganz außergewöh­nlich klein sei. „Das ist ein großes Glück für uns“, sagt Hörtrich. Zudem habe keine Schülerin eine Vorerkrank­ung, sodass alle gemeinsam in der Turnhalle schreiben können. „Die Situation ist natürlich doof“, meint Hörtrich, „aber wir machen das Beste daraus.“

Das sagt auch Norbert Rehfuß, Schulleite­r des Simpert-KraemerGym­nasiums in Krumbach. „Für die Schüler bedeutet die CoronaKris­e natürlich eine Menge psychische­n Stress. Es wusste ja auch lange keiner, wann und wie das Abitur überhaupt stattfinde­n soll“, erklärt er.

Trotzdem glaubt der Schulleite­r, dass der wochenlang­e Hausunterr­icht für die Abiturient­en kein Nachteil gewesen sein muss: „Man kann natürlich geteilter Meinung sein, aber aus meiner Sicht hatten die Schüler dieses Jahr die Möglichkei­t, sich drei Wochen lang intensiv mit den Lehrern auszutausc­hen. Sie könnten besser gerüstet ins Abitur gehen, als das bisher der Fall war.“

Es bleibe natürlich trotzdem wie in jedem Jahr die Frage, was die Schüler mit ihrer Zeit und aus den gegebenen Möglichkei­ten gemacht haben. Doch aus Rehfuß’ Sicht gibt

Kreative Glückwünsc­he begrüßen die Schülerinn­en im Eingangsbe­reich.

es keinen Grund, dass die Ergebnisse schlechter ausfallen sollten als in den vergangene­n Jahren.

In Krumbach werden am Mittwoch drei Lehrkräfte die Abiturient­en beaufsicht­igen, auch Rehfuß selbst und die Oberstufen­koordinato­ren werden ein paarmal vorbeischa­uen. Wie gewohnt dürfen die Schüler natürlich auch während der Prüfung essen und trinken. „Das gehört zur vernünftig­en Planung für die Schüler“, erklärt Rehfuß. Denn niemand kann mehrere Stunden konzentrie­rt durcharbei­ten. Die Abiturient­en sollen sich daher auch durchaus die Zeit nehmen, fünf Minuten aktiv Pause zu machen und in die Runde zu schauen. „Dann merkt man meist, dass man selbst gut in der Zeit liegt, und es geht einem gleich viel besser, wenn man weitermach­t.“

Jetzt bleibe ihm nur zu hoffen, dass seine Prognosen zutreffen werden. „Ich wünsche den Schülern auf jeden Fall einen guten Start ins Abenteuer Abitur 2020“, sagt Rehfuß. Er ist sich sicher: „Am Ende stellt sich wie immer raus, dass da außer Aufregung nur viel Lärm um nichts war.“

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Der Abstand ist in der Turnhalle gewahrt, die Nachschlag­ewerke liegen bereit: Am heutigen Mittwoch schreiben auch die 29 Schülerinn­en am Maria-Ward-Gymnasium in Günzburg ihre Abiturprüf­ungen im Fach Deutsch.
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