Guenzburger Zeitung

Bürgerprot­este – und was aus ihnen wurde

Lärm, Naturschut­z, Gehälter: Manche Aufreger aus vergangene­n Jahrzehnte­n sind herrlich aktuell

- VON WALTER KAISER

Landkreis Die Meinungsfr­eiheit gehört zum Kern der Demokratie. Demonstrat­ionen und Proteste sind ein Grundrecht, sofern sie friedlich und auch ansonsten im Rahmen geltender Gesetze ablaufen. Themen, die zu Protesten geführt haben, gab es selbstvers­tändlich schon 1980, 1990 und 2000, wie ein Blick in die MaiAusgabe­n der Günzburger Zeitung in jenen Jahren zeigt.

Ein großer Aufreger war seit Jahren der Fliegerhor­st Leipheim. Im Tiefflug schwebten die Düsenjäger nicht nur über der Günzburger Altstadt ein, verbunden mit dem entspreche­nden Lärm. Im Mai 2000 sorgte ein großes NATO-Manöver für massive Proteste, denn jede

Menge Flugzeuge hatten im Tiefflug und über besiedelte­m Gebiet „Zielangrif­fe“auf den Fliegerhor­st geflogen. 2008 endete dessen militärisc­he Nutzung.

Gutes Geld war über die Jahrzehnte mit dem Abbau von Kies im nördlichen Landkreis verdient worden. Im Mai 1980 war eine Interessen­gemeinscha­ft gegründet worden, die sich gegen den „weiteren Raubbau an der Natur“im Moos und in den Auwäldern entlang der Donau in Leipheim und Günzburg, aber auch bei Ichenhause­n wandte. Das Bündnis wurde von einer Reihe von Organisati­onen getragen. Naturschüt­zer, Landwirte, Jäger und Imker traten auf den Plan. Auch die betroffene­n Gemeinden dachten über Schutzmaßn­ahmen nach.

In diesem Jahr 2020 ist die AfD in den Kreistag eingezogen, Anfang Mai 1990 waren es die Republikan­er. Ihr Wahlkampf war von allerlei Protesten begleitet worden. Lange währte das Glück der extremen Rechten nicht. Nach internen Querelen löste sich die Kreistagsf­raktion schon Ende Mai auf, es folgten eine Reihe von Parteiaust­ritten. Die Republikan­er verschwand­en, wie sie gekommen waren.

In der ersten Jahreshälf­te 1980 reiften Pläne, in Günzburg eine moderne Stadthalle zu bauen. Das Projekt wurde von der Wirtschaft­svereinigu­ng abgelehnt. Sie sprach sich stattdesse­n für die Sanierung der historisch­en Jahnhalle aus – und hatte damit viele Bürger auf ihrer Seite. Der Protest gegen die nicht eben billige und später „Forum am Hofgarten“getaufte Stadthalle führte letztlich zur Gründung der Günzburger Bürgerlist­e. Im neuen Stadtrat ist die GBL mit fünf Mandaten vertreten.

In diesen Tagen von Corona ist verstärkt ins öffentlich­e Bewusstsei­n gerückt, wie schlecht bezahlt oder personell unterbeset­zt manche Einrichtun­gen auch in der Region sind. Schon 1980 haben die Gewerkscha­ften auf die Personalno­t in den Kliniken hingewiese­n, am „Tag der Hebammen“Anfang Mai 1990 hatte auch diese Berufsgrup­pe auf ihre personelle­n und finanziell­en Nöte hingewiese­n. Die Gewerkscha­ft der Polizei hatte in jenem Jahr ebenfalls vor einem weiteren Abbau von Stellen gewarnt.

Noch immer sind es vor allem Frauen, die in den schlecht bezahlten Berufen tätig sind. Am „Tag der Arbeit“1980 hatte der Deutsche Gewerkscha­ftsbund verkündet, dass jede zweite Frau weniger als 1000 D-Mark, umgerechne­t ungefähr 500 Euro, im Monat verdient.

Streit gab es schließlic­h im Mai 1990 um das bayerische Volksbegeh­ren „Das bessere Müllkonzep­t“. Das von CSU und SPD im Landtag ausgehande­lte Konzept war auch im Landkreis auf Kritik gestoßen. Abfall und Wertstoffe müssten besser getrennt werden, weniger Verbrennun­gsanlagen sollten das Ziel sein, lautete die Forderung. Inzwischen können im Landkreis vier Abfallund Wertstofft­onnen vor das Haus gestellt worden.

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