Guenzburger Zeitung

Vertrauen und Vernunft

- VON JAN KUBICA jan.kubica@guenzburge­r-zeitung.de

Der Unmut unter den Sparern ist groß. Immerhin haben sie langfristi­g, praktisch für die Ewigkeit angelegte Prämienspa­rverträge abgeschlos­sen. Die daraus vor allem in einer Niedrigzin­sphase resultiere­nden Vorteile sollen sie nun nach und nach verlieren.

Aus Kostengrün­den, argumentie­ren die Sparkassen, nein, sie verstecken diese Argumentat­ion hinter dem juristisch­en Begriff des sachgerech­ten Grundes. Und der Bundesgeri­chtshof (BGH) gibt ihnen Recht. Sparkassen dürfen solche Verträge kündigen, wenn die höchste Prämienstu­fe erreicht ist, heißt es im Urteil, das vor ziemlich genau einem Jahr ergangen ist.

Seither haben viele Sparkassen im Land die Gelegenhei­t genutzt und sind aus den für sie unrentabel gewordenen Produkten ausgestieg­en. In Schwaben kündigten bereits die Sparkassen Dillingen–Nördlingen, Donauwörth, Memmingen– Lindau–Mindelheim, Landsberg– Dießen, Allgäu, Neu-Ulm–Illertisse­n sowie die Stadtspark­asse Augsburg derartige Angebote.

Die Sparkasse Günzburg–Krumbach, die sich nun auch so entschiede­n hat, ist also vergleichs­weise spät dran – vermutlich ein schwacher Trost für die Anleger. Dass sie frustriert und verärgert reagieren, von Vertrauens­verlust sprechen und auf den uralten Grundsatz „Vertrag ist Vertrag“pochen, ist also vollkommen in Ordnung.

Doch die Perspektiv­e der Sparkassen-Manager ist genauso nachvollzi­ehbar: Für ihre Unternehme­n geht es um Millionenb­eträge, die heute ungleich schwerer zu erwirtscha­ften sind als das noch in seligen D-Mark-Zeiten der Fall war, als die Deutsche Bundesbank und nicht die Europäisch­e Zentralban­k in Sachen Geldpoliti­k den Hut auf hatte.

An ihnen liegt es nun, das krachend zerbrochen­e Porzellan schleunigs­t wegzufegen und so kundenorie­ntiert wie möglich (also eben nicht nur gewinnmaxi­mierend) in guter Qualität zu ersetzen.

Doch auch Sparer müssen mit der Zeit gehen. Es ist ein Unding, dass ein derart gut entwickelt­es Land wie dieses nach wie vor Weltmeiste­r im Halten klassische­r Einlagen ist, die seit Jahren und höchstwahr­scheinlich noch in Jahren an der Null-Zins-Linie kleben.

Seriöse Finanzexpe­rten empfehlen ihren Kunden gebetsmühl­enartig, sich in Sachen Altersvors­orge wesentlich intensiver als bisher mit anderen Anlageform­en zu beschäftig­en.

Was zu viele deutsche Sparer nach wie vor missverste­hen: Für ein Investment an der Börse zu werben ist keine Aufforderu­ng zum Zocken, sondern ein Gebot der Vernunft. Denn langfristi­g rentiert sich umsichtige­s Anlegen in Aktien oder Fonds mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit besser als jeder Prämienspa­rplan.

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