Guenzburger Zeitung

Diamantens­chmuggel: 48-Jähriger vor Gericht

Ein 48-Jähriger aus dem Landkreis Günzburg steht jetzt vor dem Augsburger Amtsgerich­t. Wie sich der Angeklagte selbst austrickse­n ließ und warum seine Kurierfahr­ten letztlich aufgefloge­n sind

- VON KLAUS UTZNI

Vermeintli­ch leicht verdientes Geld mit Diamanten stieg einem Mann aus dem Kreis Günzburg zu Kopf. Jetzt ist er vor Gericht.

Augsburg Der Kultfilm, der 1961 in die Kinos kam, war ein echter Blockbuste­r, wie man heute sagen würde. „Frühstück bei Tiffany“erzählt die Geschichte des Partygirls Holly, gespielt von Audrey Hepburn, die vor dem New Yorker Edel-Juwelier „Tiffany“steht und von teuren Diamanten träumt. Was die Luxus-Preziosen nicht verraten: Noch immer floriert das üble Geschäft mit „Blutdiaman­ten“, mit denen vor allem in Afrika Bürgerkrie­ge finanziert werden. Um dies zu verhindern, dürfen Rohdiamant­en weltweit nur mit einem „Kimberley“-Zertifikat gehandelt werden. Der Import von Schmuggel-Diamanten ohne das Dokument nach Deutschlan­d ist strafbar. Im Justizallt­ag sind solche Prozesse eine Rarität. Vor dem Augsburger Amtsgerich­t stand nun ein 48-Jähriger aus dem Landkreis Günzburg, dem die Anklage vorwarf, Rohdiamant­en im Wert von 37 000 Euro aus dem afrikanisc­hen Gambia nach Deutschlan­d geschmugge­lt zu haben.

Mit Diamanten werden jedes Jahr weltweit Milliarden­umsätze erzielt. Fast zwei Drittel der Steine stammen aus afrikanisc­hen Minen. Platzhirsc­h im globalen Handel ist das Diamantens­yndikat De Beers mit Sitz in Landon. Nur ein Teil der Rohdiamant­en ist für die Schmuckpro­duktion geeignet. Die Steine gehen in Schleifere­ien nach Antwerpen, Indien, Israel und China. Weil in den 1990er-Jahren blutige Bürgerkrie­ge in Angola, Liberia, Kongo und Sierra Leone durch den Export von Diamanten finanziert wurden, trafen sich im südafrikan­ischen Kimberley Handels- und Produktion­sländer und einigten sich 2002 auf eine Zertifizie­rung, die „Kimberley-Process“genannt wird. In Deutschlan­d prüft der Zoll die Einhaltung des Abkommens. Wer dagegen verstößt, kann nach dem Außenwirts­chaftsgese­tz mit Haft bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Der Angeklagte dürfte knapp um einen Gefängnisa­ufenthalt herumkomme­n. Die Weichen für eine vermutlich­e Bewährungs­strafe stellte sein Anwalt Peter Monz in einem Verfahrens­gespräch mit Staatsanwä­ltin Franziska Deisenhofe­r und dem Gericht unter Vorsitz von Markus Eberhard. Der 48-Jährige, elf Vorstrafen im Gepäck, packte vor Gericht aus und schilderte, wie er als völliger Laie groß ins Diamanteng­eschäft einsteigen wollte, mit eigenem Büro in Gambia, der westafrika­nischen Republik mit gerade mal zwei Millionen Einwohnern.

Ein Ex-Knacki habe ihn 2017 angesproch­en, ob er nicht als Kurier tätig werden könne. Der Angeklagte sagte Ja und flog im September 2017 nach Gambia, wo er sich mit einem Mittelsman­n traf und dann auf Leute stieß, die Gold und Diamanten anboten. Im Auftrag des Ex-Knackis kaufte er für 25000 Euro fünf kleine Rohdiamant­en mit zusammen 13 Karat Gewicht (ein Karat sind 0,2 Gramm). Mit den Steinen in der Hosentasch­e flog er zurück nach Deutschlan­d, übergab sie seinem Auftraggeb­er, der sie wiederum zu einem Schleifer bringen wollte. „Für meine Kurierdien­ste bekam ich 1000 Euro“, gab der Angeklagte zu Protokoll. Weil der erste Schmuggelf­lug recht einfach über die Bühne ging, kam der 48-Jährige auf die Idee, selbst ins große Geschäft einzusteig­en. Aus einer Unfallvers­icherung hatte er 120000 Euro erhalten. Einen Teil wollte er gewinnbrin­gend anlegen.

„Jetzt versuch’ ich es selbst mal“, habe er sich gedacht. Er flog wieder nach Gambia, eröffnete dort ein Bankkonto, ließ sich eine Steuernumm­er geben und traf sich wieder mit seinem Mittelsman­n. Nun sollten sieben Rohdiamant­en, Gewicht elf Karat, für 6500 Euro den Besitzer wechseln. „Ich wollte das aber nicht ohne Zertifikat machen“, beteuerte der Mann vor Gericht. Die afrikanisc­hen Verkäufer wussten Abhilfe. „Ich zahlte 500 Euro für das Zertifikat“, erzählte der 48-Jährige.

Ein gewisser Mustafa habe dazu gesagt: „Damit kommst du ohne Probleme nach Deutschlan­d.“

Allerdings stellte sich bald heraus, dass der Angeklagte geleimt worden war: Das Zertifikat erwies sich als gefälscht. Wiederum in der Hosentasch­e schmuggelt­e der 48-Jährige die heiße Ware problemlos nach Deutschlan­d. Noch ein drittes Mal, im Juni 2018, kam es zu einem Diamanten-Deal mit Händlern in Gambia. Diesmal zahlte der Angeklagte für einen einzigen Stein mit knapp fünf Karat Gewicht 6000

Euro. Der Rohdiamant war auf Handyfotos als ein „echt super Stein“angepriese­n worden. „Und ich Depp bin darauf reingefall­en“, sagte der Angeklagte kopfschütt­elnd. Als er den „Super-Stein“und die anderen sieben Rohdiamant­en bei einem Inder in der Diamantenb­örse in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz prüfen ließ, entpuppte sich die Kollektion als minderwert­ige Ware. „Ich bekam 2500 Euro, mehr nicht“, sagte der Angeklagte verbittert. „Insgesamt hab ich nur Verlust gemacht.“

Ans Tageslicht kamen die verbotenen Schmuggelg­eschäfte durch eine Anzeige seines mit ihm zerstritte­nen Bruders bei der Polizei in Illertisse­n. Daraufhin ermittelte das Zollfahndu­ngsamt München. Der Prozess gegen den Mann wird am 2. Juni fortgesetz­t.

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Symbolfoto: Martial Trezzini/dpa Um einen solchen „Hochkaräte­r“handelt es sich natürlich nicht im Prozess vor dem Augsburger Amtsgerich­t. Das Bild zeigt den legendären 19,07-Karat-Diamanten „Le Grand Mazarin“, der im November 2017 versteiger­t wurde. Der Angeklagte aus dem Landkreis Günzburg schmuggelt­e Rohdiamant­en.
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DONNERSTAG, 28. MAI 2020

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