Neue Erkenntnisse zur Explosion am Bahnhof
Mitte Juni hat ein lauter Knall Tausende Menschen in Günzburg aufgeschreckt. Was in den Wochen nach dem Unglück alles geschah und wie es nun am Ort des Geschehens weitergeht
Was in den Wochen nach dem Unglück in Günzburg alles geschah und wie es nun am Ort des Geschehens weitergeht.
Günzburg Es war ein riesiges Trümmerfeld, das sich am Morgen des 17. Juni in Günzburg gezeigt hat. Riesige Holzbalken und Mauerreste lagen auf einem großen Areal zwischen Pendlerparkplatz und Bahnhof verstreut. Kurz zuvor explodierte dort eine Lagerhalle, die Teile flogen mitunter mehr als 100 Meter weit durch die Luft. 15 Personen wurden leicht verletzt, zehn von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zudem wurden fast 80 Autos und 30 Gebäude zum Teil schwer beschädigt. Nun, knapp acht Wochen nach dem Unglück, haben die Ermittler weitere Erkenntnisse über das Unglück gewonnen.
Die Lagerhalle des Kleintier- und Geflügelzüchtervereins explodierte an jenem Montagmorgen um kurz nach sieben Uhr. Mehrere Gasflaschen wurden in der Halle geborgen, doch ob sie die Explosion ausgelöst haben, war zunächst unklar. Dominic Geißler ist Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/ West und erklärt: „Es hat sich herausgestellt, dass die Gasflaschen im Gebäude nicht für die Explosion verantwortlich waren. Es war die Gasinstallation an sich.“Damit sind der im Gebäude befindliche Gastank und die Gasleitungen gemeint.
Die Leitungen wurden laut Geißler in den Tagen nach der Explosion gesichert, auf das Polizeigelände gebracht und dort „ordentlich untersucht“. Die direkte Ursache konnte zwar noch nicht festgestellt werden, es ist aber davon auszugehen, dass ein Leck die Explosion ausgelöst habe.
Den finanziellen Schaden schätzte die Polizei im Juni auf einen niedrigen Millionenbereich. Ob dies tatsächlich so ist – oder der Schaden gar deutlich höher liegt –, ist noch nicht klar. Da die Ermittlungen weiter andauern, kann die Stadt Günzburg den Schaden noch nicht beziffern.
Wer derzeit an den Ort des Geschehens kommt, sieht ein großräumig abgesperrtes Gelände. Bauzäune verhindern vielerorts den Zutritt, Unrat und Schutt liegen auf dem Areal und die stark beschädigte Lagerhalle zeugt noch immer von der Wucht der Detonation. Dass die Explosion erst vor fast acht Wochen war, ist auf den ersten Blick kaum vorstellbar. Doch in den vergangenen Wochen haben einige Aufräumarbeiten stattgefunden. „Die Nachbargrundstücke wurden von einer Fachfirma begangen und asbesthaltige Teile sowie Glaswolle eingesammelt und fachgerecht entsorgt“, teilt Günzburgs Pressesprecherin Julia Ehrlich auf Anfrage mit.
Die Baustelleneinrichtung am Bahnhof sei ebenfalls dekontaminiert worden, damit das Zeitfenster der Bahn für die Sperrung und während dieser geplanten Arbeiten im Juli gehalten werden konnte. Auf beides wurde unmittelbar nach dem Vorfall Priorität gelegt. Alle Arbeiten im kontaminierten Bereich wurden in Abstimmung mit den Fachbehörden wie der Regierung von Schwaben und dem Gewerbeaufsichtsamt sowie unter der Koordination einer Fachfirma ausgeführt. „Die freigegebenen Bereiche des Parkplatzes wurden ebenfalls begangen und die Schadstoffe entfernt. Da diese auch sehr kleinteilig waren, wurden die Deckschichten teilweise abgetragen“, sagt Ehrlich.
Es ist unklar, wie lange die Arbeiten vor Ort andauern. Der Abbruch der zerstörten Lagerhalle wurde laut Ehrlich bereits in Auftrag gegeben. Das dort noch befindliche asbestbelastete Material sei demnach aber noch nicht vollständig entfernt worden.
Immer wieder kleinere Veränderungen gab es in den vergangenen Wochen auf dem Pendlerparkplatz. War einen Tag nach der Explosion nur ein kleiner Teil nicht zugänglich, so steht aktuell etwa die Hälfte der Fläche den Pendlern nicht zur Verfügung. „Unmittelbar nach der Explosion musste kurzfristig zum Zwecke polizeilicher Ermittlungen ausschließlich die Unfallstelle gesichert werden. Die Absperrung wurde dann fortlaufend unter Beratung der Fachfirma im Hinblick auf die auszuführenden Arbeiten und die Baustellenabwicklung der Bahn angepasst“, teilt Ehrlich hierzu mit. Wann wieder eine größere Fläche freigegeben werden kann, ist derzeit nicht absehbar. Das hängt vom Fortschreiten der Abrissarbeiten ab, sagt Ehrlich.
Ein direkt neben dem Bahnhofsgebäude liegendes Asylbewerberheim wurde durch die Explosion im Juni ebenfalls beschädigt: Das Dach war stark eingedrückt und mehrere Ziegel wurden durch die Druckwelle herausgeschleudert. Die Bewohner wurden vorsichtshalber evakuiert, konnten damals aber noch in der Nacht zurück in das Gebäude.
Peter Lederle ist Besitzer des Gebäudes und erklärt, dass noch einige Arbeiten anstehen. „Es ist bisher nur das Dach gemacht, mehr nicht.“Das entspreche vielleicht 30 bis 35 Prozent der gesamten Schäden. Er spricht von umfangreichen Reparaturen, die an dem Gebäude, welches voll von der Druckwelle erfasst wurde, notwendig sind. Es geht um kaputte Fenster, abgeplatzten Putz und vieles mehr. Bis diese Schäden behoben sind, werden „mit Sicherheit noch einige Monate“vergehen, sagt Lederle.
Da für viele der noch anstehenden Arbeiten die Kostenvoranschläge fehlen, sei der finanzielle Schaden noch nicht abzusehen. Lederle kritisiert die mangelnde Unterstützung und das fehlende Engagement der Stadt Günzburg, damit Geschädigte wie er zu ihrem Recht kommen. „Es geht um die Behebung von Schäden, für die wir nichts können. Trotzdem müssen wir finanziell in Vorleistung gehen und uns mit den Versicherungen rumstreiten. Die Geschädigten sind zunächst die Benachteiligten“, sagt Lederle. Bei all dem Ärger ist nicht nur Lederle froh, dass durch die Explosion zum Glück niemand starb und der Vorfall relativ glimpflich ausgegangen ist.