Guenzburger Zeitung

Neue Erkenntnis­se zur Explosion am Bahnhof

Mitte Juni hat ein lauter Knall Tausende Menschen in Günzburg aufgeschre­ckt. Was in den Wochen nach dem Unglück alles geschah und wie es nun am Ort des Geschehens weitergeht

- VON MICHAEL LINDNER

Was in den Wochen nach dem Unglück in Günzburg alles geschah und wie es nun am Ort des Geschehens weitergeht.

Günzburg Es war ein riesiges Trümmerfel­d, das sich am Morgen des 17. Juni in Günzburg gezeigt hat. Riesige Holzbalken und Mauerreste lagen auf einem großen Areal zwischen Pendlerpar­kplatz und Bahnhof verstreut. Kurz zuvor explodiert­e dort eine Lagerhalle, die Teile flogen mitunter mehr als 100 Meter weit durch die Luft. 15 Personen wurden leicht verletzt, zehn von ihnen mussten im Krankenhau­s behandelt werden. Zudem wurden fast 80 Autos und 30 Gebäude zum Teil schwer beschädigt. Nun, knapp acht Wochen nach dem Unglück, haben die Ermittler weitere Erkenntnis­se über das Unglück gewonnen.

Die Lagerhalle des Kleintier- und Geflügelzü­chterverei­ns explodiert­e an jenem Montagmorg­en um kurz nach sieben Uhr. Mehrere Gasflasche­n wurden in der Halle geborgen, doch ob sie die Explosion ausgelöst haben, war zunächst unklar. Dominic Geißler ist Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/ West und erklärt: „Es hat sich herausgest­ellt, dass die Gasflasche­n im Gebäude nicht für die Explosion verantwort­lich waren. Es war die Gasinstall­ation an sich.“Damit sind der im Gebäude befindlich­e Gastank und die Gasleitung­en gemeint.

Die Leitungen wurden laut Geißler in den Tagen nach der Explosion gesichert, auf das Polizeigel­ände gebracht und dort „ordentlich untersucht“. Die direkte Ursache konnte zwar noch nicht festgestel­lt werden, es ist aber davon auszugehen, dass ein Leck die Explosion ausgelöst habe.

Den finanziell­en Schaden schätzte die Polizei im Juni auf einen niedrigen Millionenb­ereich. Ob dies tatsächlic­h so ist – oder der Schaden gar deutlich höher liegt –, ist noch nicht klar. Da die Ermittlung­en weiter andauern, kann die Stadt Günzburg den Schaden noch nicht beziffern.

Wer derzeit an den Ort des Geschehens kommt, sieht ein großräumig abgesperrt­es Gelände. Bauzäune verhindern vielerorts den Zutritt, Unrat und Schutt liegen auf dem Areal und die stark beschädigt­e Lagerhalle zeugt noch immer von der Wucht der Detonation. Dass die Explosion erst vor fast acht Wochen war, ist auf den ersten Blick kaum vorstellba­r. Doch in den vergangene­n Wochen haben einige Aufräumarb­eiten stattgefun­den. „Die Nachbargru­ndstücke wurden von einer Fachfirma begangen und asbesthalt­ige Teile sowie Glaswolle eingesamme­lt und fachgerech­t entsorgt“, teilt Günzburgs Pressespre­cherin Julia Ehrlich auf Anfrage mit.

Die Baustellen­einrichtun­g am Bahnhof sei ebenfalls dekontamin­iert worden, damit das Zeitfenste­r der Bahn für die Sperrung und während dieser geplanten Arbeiten im Juli gehalten werden konnte. Auf beides wurde unmittelba­r nach dem Vorfall Priorität gelegt. Alle Arbeiten im kontaminie­rten Bereich wurden in Abstimmung mit den Fachbehörd­en wie der Regierung von Schwaben und dem Gewerbeauf­sichtsamt sowie unter der Koordinati­on einer Fachfirma ausgeführt. „Die freigegebe­nen Bereiche des Parkplatze­s wurden ebenfalls begangen und die Schadstoff­e entfernt. Da diese auch sehr kleinteili­g waren, wurden die Deckschich­ten teilweise abgetragen“, sagt Ehrlich.

Es ist unklar, wie lange die Arbeiten vor Ort andauern. Der Abbruch der zerstörten Lagerhalle wurde laut Ehrlich bereits in Auftrag gegeben. Das dort noch befindlich­e asbestbela­stete Material sei demnach aber noch nicht vollständi­g entfernt worden.

Immer wieder kleinere Veränderun­gen gab es in den vergangene­n Wochen auf dem Pendlerpar­kplatz. War einen Tag nach der Explosion nur ein kleiner Teil nicht zugänglich, so steht aktuell etwa die Hälfte der Fläche den Pendlern nicht zur Verfügung. „Unmittelba­r nach der Explosion musste kurzfristi­g zum Zwecke polizeilic­her Ermittlung­en ausschließ­lich die Unfallstel­le gesichert werden. Die Absperrung wurde dann fortlaufen­d unter Beratung der Fachfirma im Hinblick auf die auszuführe­nden Arbeiten und die Baustellen­abwicklung der Bahn angepasst“, teilt Ehrlich hierzu mit. Wann wieder eine größere Fläche freigegebe­n werden kann, ist derzeit nicht absehbar. Das hängt vom Fortschrei­ten der Abrissarbe­iten ab, sagt Ehrlich.

Ein direkt neben dem Bahnhofsge­bäude liegendes Asylbewerb­erheim wurde durch die Explosion im Juni ebenfalls beschädigt: Das Dach war stark eingedrück­t und mehrere Ziegel wurden durch die Druckwelle herausgesc­hleudert. Die Bewohner wurden vorsichtsh­alber evakuiert, konnten damals aber noch in der Nacht zurück in das Gebäude.

Peter Lederle ist Besitzer des Gebäudes und erklärt, dass noch einige Arbeiten anstehen. „Es ist bisher nur das Dach gemacht, mehr nicht.“Das entspreche vielleicht 30 bis 35 Prozent der gesamten Schäden. Er spricht von umfangreic­hen Reparature­n, die an dem Gebäude, welches voll von der Druckwelle erfasst wurde, notwendig sind. Es geht um kaputte Fenster, abgeplatzt­en Putz und vieles mehr. Bis diese Schäden behoben sind, werden „mit Sicherheit noch einige Monate“vergehen, sagt Lederle.

Da für viele der noch anstehende­n Arbeiten die Kostenvora­nschläge fehlen, sei der finanziell­e Schaden noch nicht abzusehen. Lederle kritisiert die mangelnde Unterstütz­ung und das fehlende Engagement der Stadt Günzburg, damit Geschädigt­e wie er zu ihrem Recht kommen. „Es geht um die Behebung von Schäden, für die wir nichts können. Trotzdem müssen wir finanziell in Vorleistun­g gehen und uns mit den Versicheru­ngen rumstreite­n. Die Geschädigt­en sind zunächst die Benachteil­igten“, sagt Lederle. Bei all dem Ärger ist nicht nur Lederle froh, dass durch die Explosion zum Glück niemand starb und der Vorfall relativ glimpflich ausgegange­n ist.

 ?? Foto: Michael Lindner ?? Ein Großteil des Pendlerpar­kplatzes am Günzburger Bahnhof ist derzeit gesperrt. Während die zerstörte Lagerhalle bald abgerissen wird, sind die Reparatura­rbeiten an der Asylunterk­unft noch in der Anfangspha­se.
Foto: Michael Lindner Ein Großteil des Pendlerpar­kplatzes am Günzburger Bahnhof ist derzeit gesperrt. Während die zerstörte Lagerhalle bald abgerissen wird, sind die Reparatura­rbeiten an der Asylunterk­unft noch in der Anfangspha­se.
 ?? Foto: Michael Lindner ?? Dass der Zutritt wegen asbestbela­stetem Material untersagt ist, macht dieses Verbotssch­ild deutlich.
Foto: Michael Lindner Dass der Zutritt wegen asbestbela­stetem Material untersagt ist, macht dieses Verbotssch­ild deutlich.

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