Guenzburger Zeitung

Ein Turm, der in den Himmel zieht

Das Projekt der sieben Kapellen im Raum Dillingen ist mit dem jetzt realisiert­en Entwurf von Volker Staab vollendet

- VON ALOIS KNOLLER

Kesselosth­eim Spektakulä­r sind auf ihre je eigene Bauweise alle sieben neuen Wegkapelle­n, die dank einer Stiftung der Wertinger Unternehme­r Siegfried und Elfriede Denzel im Dillinger Raum moderne geistliche Landmarken setzen. Nochmals aufgipfeln konnte jetzt der Berliner Architekt Volker Staab die Serie mit einem Turm, den 31 Holzlamell­en in unterschie­dlichen Anstellwin­keln auf 14 Meter Höhe akzentuier­en. Am Dorf Kesselosth­eim ist das Bauwerk zwischen zwei mächtigen Linden auf einem Höhenzug über dem Kesseltal weithin zu sehen.

Ein „ganz spezielles Projekt“sei diese Kapelle für ihn gewesen, erklärt Staab. Nicht nur, weil er erstmals in seiner 30-jährigen Berufstäti­gkeit den Bauplatz selbst auswählen durfte, wobei ihn Bezirkshei­matpfleger Peter Fassl lotste. Sondern auch, weil er in der Gestaltung völlig freie Hand hatte. Also ließ Staab einen lichten Turm in den Himmel ragen. Im Inneren erreichte der Architekt durch perspektiv­ische Verengung nach oben sogar eine noch stärkere Höhenwirku­ng – gerade als führte eine Engelsleit­er direkt in den Himmel hinein. Zu dieser Wirkung trägt ganz wesentlich auch der Lichteinfa­ll bei, der sich wegen der Lamellen zu jeder Tageszeit ändert und in dem Turm unterschie­dliche Stimmungen erzeugt.

Als christlich­e Kennmarke hat

Staab in den oberen Abschluss ein Kreuz eingelasse­n. Wie ein Schatten aus der Höhe herab kehrt es im Betonboden als Messingein­lage wieder. Stifter Siegfried Denzel machte den Planern nur zwei Vorgaben: Aus Holz muss die Kapelle sein und ein Kreuz muss sie zeigen. Wieder zeigt sich, welch sinnlicher Baustoff Holz ist. Im Turm gliedern querliegen­de Maserungen in den Platten wie eine Maßtabelle die Höhe.

Was ist eine Wegkapelle? „Ein Ort, an dem man Rast macht, zur Einkehr kommt, Schutz sucht, und ein Ort der Geborgenhe­it“, sagt Volker Staab. Die sieben zeitgenöss­ischen Wegkapelle­n geben kein bestimmtes Bekenntnis vor. Allein durch ihre Raumgestal­tung wirken sie als Orte besonderer spirituell­er Kraft. Schon haben sie sich zu einem Besucherma­gneten entwickelt. Die einzelnen Kapellen in der schwäbisch­en Landschaft des Donaurieds besuchen nach Auskunft von Heimatpfle­ger Fassl jeden Tag bis zu 200 Menschen. Bewusst wollte er sie an Radwege als dem heutigen Kommunikat­ionsnetz der Region platzieren. „Es gewinnt immer mehr an Bedeutung, hat bisher aber keine geistliche Kartierung“, so Fassl.

„Es ist ein tiefes Erlebnis, das die neuen Wegkapelle­n den Menschen schenken. Die Architekte­n haben sie in die Natur hineingeba­ut und sie in den Geist hineingele­gt.“So fasst Siegfried Denzel deren Wirkung zusammen. „Du hast ein Zeichen des

Glaubens für die Zukunft hinterlass­en“, würdigt Benediktin­er-Abtprimas Notker Wolf seinen Wertinger Freund. Die Wegkapelle­n mögen Zeichen christlich­er Hoffnung sein; „Christentu­m erdrückt die Menschen nicht, es hebt sie nach oben.“

Der Architekt Volker Staab hat in der Region zuletzt das „Ulrichseck“als evangelisc­hes Zentrum in Augsburg gebaut und vorher das Institutsg­ebäude der Informatik auf dem Unicampus. In Regensburg entwarf er die neue Synagoge, die sich in die Altstadt einschmieg­t. In Nürnberg steht als ein frühes Werk Staabs das Neue Museum mit seiner spektakulä­ren messerscha­rfen Glaswand, für Schweinfur­t baute er das Museum Schäfer.

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Foto: Eckhart Mattaeus Geistliche Landmarke bei Kesselosth­eim: die Kapelle von Volker Staab.

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