Wie schlechte Chefs für hohe Fehlzeiten sorgen
Erlebte Gerechtigkeit am Arbeitsplatz hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit
Berlin Wer sich vom Chef ungerecht behandelt fühlt, fehlt öfter wegen Krankheit am Arbeitsplatz. Das ist das Ergebnis des aktuellen AOKFehlzeitenreports, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach kommen Arbeitnehmer, die ihre Vorgesetzten als gerecht wahrnehmen, auf durchschnittlich 12,7 Krankheitstage im Jahr. Diejenigen, die ihren Bossen schlechte Noten geben und sie als unfair wahrnehmen, fehlen dagegen im Schnitt 15 Tage.
Für den Fehlzeitenreport hat der Wissenschaftliche Dienst der Kasse 2500 Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren zu ihrem Gerechtigkeitsempfinden am Arbeitsplatz befragt und die Auswirkungen auf die Gesundheit untersucht. Helmut Schröder, Mitherausgeber der Studie, sagt: „Gefühlte Ungerechtigkeit bringt dabei insbesondere emotionale Irritationen und psychosomatische Beschwerden mit sich.“Etwa jeder Fünfte der Beschäftigten, die mit ihren Chefs unzufrieden sind, klagt über Lustlosigkeit, Erschöpfungszustände oder schlechten Schlaf. Ein Viertel leidet unter körperlichen Beschwerden, etwa Rückenoder Gelenkschmerzen. Jeder Zehnte wird regelmäßig von Kopfschmerzen geplagt. Bedenkliche Werte, sagt Schröder: „Die gesundheitlichen Belastungen bei den Beschäftigten
mit einer als fair empfundenen Führungskraft sind nur ein Viertel so hoch wie bei den Beschäftigten mit einer als unfair empfundenen Führungskraft.“Als entscheidend für die Unternehmenskultur stufen die Autoren des Reports das Verhalten der Führungskräfte ein. Wo sie das Gerechtigkeitsempfinden der Belegschaft verletzten, steige nicht nur der Krankenstand. Laut Report schätzt nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten die Konfliktlösung in ihrem Betrieb als gerecht ein, lediglich jeder Zweite glaubt, dass die Arbeit in seiner Firma gerecht verteilt ist. Mehr als jeder Dritte findet sich nicht gerecht bezahlt und nicht ausreichend wertgeschätzt. Ein Drittel der Beschäftigten vermisst die Rückendeckung.
Dort, wo Vorgesetzte ihren Mitarbeitern das Gefühl geben, fair behandelt zu werden, wächst die Zufriedenheit
Wer fair behandelt wird, ist merklich zufriedener
merklich. Die Bereitschaft, Herausforderungen und Krisen gemeinsam zu bewältigen, nehme mit dem Grad des Gerechtigkeitsempfindens zu. Für Helmut Schröder zahlt sich eine wertschätzende Führungskultur aus: „Fairen Betrieben gelingt es eher, hoch qualifizierte, selbstständig arbeitende, zufriedene und gesunde Beschäftigte auch dauerhaft an das Unternehmen zu binden.“
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Gesamtverbands, verweist auf die „Scharnierfunktion“der jeweiligen Führungskraft zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern. Von ihrem Verhalten hänge es letztlich ab, ob das gesamte Unternehmen als gerecht oder ungerecht eingeschätzt wird. Damit komme den Chefs große Bedeutung für den Krankenstand zu: „Das Handeln von Führungskräften und ihr Umgang mit Beschäftigten beeinflussen das Gerechtigkeitsempfinden der Arbeitnehmer und damit auch deren gesundheitliche Verfassung.“