Streik im Nahverkehr
Arbeitsniederlegungen führen zu Behinderungen im Berufsverkehr
Augsburg/Berlin Mitten im Berufsverkehr wirkte das Haltestellendreieck am Augsburger Königsplatz am Dienstagmorgen zeitweise wie ausgestorben. Fahrgäste, die trotzdem eine der wenigen Straßenbahnen nehmen wollten, mussten teilweise über eine Stunde warten. Die massiven Warnstreiks haben den öffentlichen Nahverkehr hier wie in vielen Städten Deutschlands weitgehend lahmgelegt. Betroffen waren etwa Berlin, Hamburg, Hannover, Magdeburg, Kiel, Erfurt, Konstanz und Freiburg. In Bayern war auch das Personal des öffentlichen Nahverkehrs in München, Nürnberg und Würzburg aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.
Trotz der Einschränkungen haben die Fahrgäste meist gelassen reagiert. Die meisten hätten von dem Streik wohl schon aus den Medien erfahren und sich entsprechend eingestellt, sagte etwa ein Sprecher der Stadtwerke in Augsburg, wo zudem noch die städtischen Kindertagesstätten bestreikt wurden. Nach Auskunft der Stadt waren 33 Kitas von dem Streik betroffen.
Schuld daran, dass sich Schüler und Berufstätige nach alternativen Verkehrsmitteln umsehen mussten, ist die Gewerkschaft Verdi. Mit den
Warnstreiks will der Verdi-Bundesverband bundesweite Verhandlungen über einen einheitlichen Tarifvertrag für die 87000 Beschäftigten im ÖPNV durchsetzen.
Derzeit werden in den 16 Bundesländern jeweils eigene Tarifverträge mit den kommunalen Arbeitgebern ausgehandelt. Dabei hätten sich viele Regelungen auseinanderentwickelt, etwa bei Arbeits- und Urlaubszeiten. „Der ÖPNV ist völlig unterfinanziert“, sagte die VerdiVizevorsitzende, Christine Behle, bei einer Kundgebung der Berliner Verkehrsbetriebe. „Das ist ein strukturelles Problem, viele Kommunen haben kein Geld.“
Die Betriebe finanzieren sich in der Regel zur Hälfte über den Verkauf von Fahrkarten und Abos. Die andere Hälfte kommt von den Kommunen, die dafür wiederum über die sogenannten Regionalisierungsmittel Geld vom Bund erhalten. In der Corona-Pandemie hatten Bund und Länder zugesagt, die hohen Verluste der Betriebe mit jeweils 2,5 Milliarden Euro auszugleichen. Eine Erhöhung ist dies aber nicht. Die Warnstreiks verurteilte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zuletzt als „Anschlag auf die Allgemeinheit“. (att, dpa)