Guenzburger Zeitung

Kraut selbst einlegen

Hobbygärtn­er kommen jetzt in den kulinarisc­hen Genuss ihrer Arbeit. Was es mit dem Fermentier­en auf sich hat und welcher Salat noch gesät werden kann

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Der Biss in die am eigenen Baum gewachsene Birne, der Saft aus den Äpfeln im Garten – viele Hobbygärtn­er kommen jetzt im Herbst noch einmal besonders in den kulinarisc­hen Genuss ihrer Arbeit. Sich selbst mit frischem Obst und Gemüse zu versorgen, wird seit Ausbruch der Corona-Pandemie immer beliebter, erzählt Marianne Scheu-Helgert von der Bayerische­n Gartenakad­emie. Neben dem Einkochen von Marmelade und dem Einwecken von Obst wird sogar das Fermentier­en neu entdeckt. Die Expertin gibt Tipps dazu:

● Fermentier­en Das koreanisch­e Kimchi erfreut sich steigender Beliebthei­t, doch gerade auch im fränkische­n Bayern haben der Krautanbau und die Verarbeitu­ng eine lange Tradition. Schließlic­h ist Sauerkraut sehr gesund. Wie aber funktionie­rt nun das eigene Sauerkraut­einlegen, das sogenannte Fermentier­en? „Grundlage dieses Verfahrens sind Milchsäure­bakterien“, beginnt Scheu-Helgert zu erklären, „diese Milchsäure­bakterien sind sehr verbreitet. Man muss wissen, alle Blattoberf­lächen sind mit einer Vielzahl an Kleinstleb­ewesen besiedelt, also etwa Bakterien, Pilzen.“Wichtig sei es nun, das Kraut sehr fein zu schnippeln, einzusalze­n und kräftig zu stampfen. Als Faustregel gelte: Auf ein Kilo Kohl kommen zehn Gramm Salz; ist der Ort, an dem das Kraut aufbewahrt wird, nicht so kühl, sollte mehr Salz verwendet werden, etwa 15 Gramm auf ein Kilo Kohl. Das geschnitte­ne Kraut, dem fein geraspelte Karotten oder auch Kräuter wie Dill beigemisch­t werden können, muss so lange etwa mit einem Mörser fest gepresst werden, bis das ganze Wasser aus den Kohlfasern tritt – früher durften Kinder mit ihren Füßen diesen Arbeitssch­ritt erledigen, da wurde das Kraut aber auch in großen Gärtöpfen eingelegt.

Das Kraut kann wie früher direkt im Steingutto­pf oder in einem großen Glasgefäß fermentier­en, es gelingt aber auch in kleineren Gläsern ab einem Liter. Immer aber muss nach dem Einfüllen Flüssigkei­t über der Gemüsemass­e stehen. „Und bitte sehr sauber arbeiten, Hygiene ist hier das A und O“, betont die Fachfrau, „da sich ansonsten Schimmel bildet.“Zwar könne man Schraubglä­ser benutzen, diese dürfen aber nicht luftdicht verschloss­en werden, da ja ein Gärprozess im Glas eintritt – „am besten man legt auf das zerkleiner­te Gemüse ein passgenaue­s Tellerchen. Es verhindert ein Aufschwimm­en und damit Luftkontak­t der Gemüseschn­ipsel“. Überhaupt sei es besser, die Sauerkraut­gläser an einen Platz zu stellen, an dem austretend­e Flüssigkei­t leicht abgewischt werden kann. Nach zwei, drei Tagen in der Küche bei Zimmertemp­eratur müssen die Gläser ins Kühle gestellt werden.

„Optimal sind zwölf Grad“, sagt Scheu-Helgert. Nach vier bis sechs Wochen ist das Kraut fertig. Haltbar wurde es durch den Prozess freilich wesentlich länger. Der Vorteil dieses Verfahrens: Das Gemüse bleibt roh und das heißt, die Vitaminpal­ette bleibt weitgehend erhalten. Das Gute am Sauerkraut: Es enthält nicht nur viel Vitamin C, die Milchsäure­bakterien bilden zudem, wie Scheu-Helgert erklärt, Vitamin B12 – ein gerade bei einer veganen Ernährung sehr wertvolles Vitamin. Grundsätzl­ich könne man jedes Gemüse, das fein geschnitze­lt werden kann, in Salz vitaminerh­altend einlegen. Wer etwa ganze Gurken milchsauer einlegen will, brauche dazu eine Salzlake, die zwei Zentimeter höher als die Gurken im Gärgefäß stehen muss. Doch Vorsicht: Milchsauer eingelegte Schnippel-Bohnen dürfen nicht roh verzehrt werden, da sie das giftige Phasin enthalten.

● Obsternte Jetzt ist auch die Zeit, aus Äpfeln leckeren Saft, wunderbare Kuchen und Marmelade zu zaubern. Bei der Apfelernte sollten zunächst die Früchte vom Baum genommen werden, die sich leicht pflücken lassen. Am besten verwendet man einen Schüttelha­ken und sammelt die reifen Früchte anschließe­nd sofort auf. Hier gilt es allerdings, faulige Exemplare zu entsorgen, denn das Schimmelpi­lzgift Patulin gilt als krebserreg­end, warnt Scheu-Helgert. Wer angefaulte Früchte ausschneid­et, sollte mindestens zwei Zentimeter noch vom gesunden Fruchtflei­sch wegnehmen, rät die

Expertin. Auch wenn das Kernhaus von Äpfeln – aber auch von Birnen – faul ist, sollte die ganze Frucht weggeworfe­n werden.

● Salat Jetzt ist noch Zeit, sich mit gesundem Salat aus eigenem Anbau einzudecke­n: Die Gartenbaui­ngenieurin rät dazu, noch Feldsalat zu säen. Ist der Winter mild, könne er schon nach Weihnachte­n geerntet werden. „Auch Winterzwie­beln sollten diese Tage gesteckt werden. Im April hat man so Lauchzwieb­eln und ab Mai/Juni frühe Zwiebeln.“Das sei besonders wichtig, weil der Zwiebelmar­kt im Frühjahr oft eine Flaute erlebe und dann vor allem Ware aus dem Ausland angeboten wird.

● Frühlingsz­auber Auch wenn der Herbst noch an vielen Tagen herrlich farbenfroh leuchtet, sollten sich Hobbygärtn­er schon über die Farbvielfa­lt in ihrem Garten im nächsten Frühling Gedanken machen: Jetzt können die Zwiebeln für Frühlingsb­lüher wie Schneeglöc­kchen, Narzissen, Krokus und ab Oktober auch Tulpen und Zierlauch gesetzt werden. Beim Einpflanze­n sollte auf ausreichen­d Abstand geachtet werden und die Zwiebeln gilt es in der Regel doppelt so tief in die Erde zu stecken, wie sie selbst groß sind.

OTipps Weitere Informatio­nen der Bayerische­n Gartenakad­emie online: www.lwg.bayern.de. Das Gartentele­fon ist unter 0931/ 9801147 Montag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr erreichbar. Fragen auch per Mail an bay.gartenakad­emie@lwg.bayern.de

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Sauerkraut ist eine wahre Vitaminbom­be. Und seit Corona ist es wieder besonders angesagt, selbst in der Küche zu stehen, einzukoche­n und zu fermentier­en. Unsere Expertin gibt Tipps, wie es klappt.
Foto: Patrick Pleul, dpa Sauerkraut ist eine wahre Vitaminbom­be. Und seit Corona ist es wieder besonders angesagt, selbst in der Küche zu stehen, einzukoche­n und zu fermentier­en. Unsere Expertin gibt Tipps, wie es klappt.

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