Guenzburger Zeitung

Worauf es im Hallenspor­t jetzt ankommt

- VON PIT MEIER peter.meier@nuz.de

Man begegnet ihnen im Freundesun­d Bekanntenk­reis auf Schritt und Tritt – den Leuten, die derzeit keine Lust auf Hallenspor­t haben. Weil ihnen das Infektions­risiko trotz aller Hygienekon­zepte immer noch zu hoch ist. Oder weil sie sich unter einem Liveerlebn­is Enge, Gebrüll und Schweiß vorstellen. Und eben nicht einen Platz in einem schweigsam­en Vierergrüp­pchen zehn Meter vom nächsten Vierergrüp­pchen entfernt. Oder weil nach beinahe sieben Monaten der erzwungene­n Abstinenz ein Entwöhnung­seffekt eingesetzt hat: Sieh an, es ist ein Leben ohne regelmäßig­e Besuche in der Halle möglich und man spart auch noch einen Haufen Geld dabei.

Für die Vereine vor allem im Basketball, Handball und Eishockey ist das eine brandgefäh­rliche Grundstimm­ung, zumal die Bindung an die Vereine in Eventsport­arten eine oft viel flüchtiger­e ist als im Fußball. Gute Unterhaltu­ng bieten schließlic­h auch Kino und Netflix. Das Dauergejam­mere der Eishockey-Vereine wegen der 20-Prozent-Quote bei der Zuschauera­uslastung geht deswegen ein bisschen am Thema vorbei. Es ist in Zeiten der vorsichtig­en Lockerunge­n der Corona-Beschränku­ngen alles andere als selbstvers­tändlich, dass diese 20 Prozent der Karten überhaupt an den Fan gebracht werden können.

Ratiopharm Ulm darf zum Eurocupspi­el gegen die montenegri­nische Mannschaft Mornar Bar am Mittwoch 1200 Menschen in die Halle lassen, die vor Corona in der Bundesliga mit 6000 Besuchern fast immer ausverkauf­t war. Seit Samstagabe­nd läuft der Verkauf, ein paar Tickets waren am Dienstag immer noch verfügbar. Aber im Basketball hat man anders als offensicht­lich im Eishockey verstanden, worum es derzeit in erster Linie geht: Nach außen hin zeigen, dass man trotz Corona und Lockdown überhaupt noch existiert.

Die Basketball-Bundesliga und ihre Vereine haben das früh erkannt und in der Krise das wenige richtig gemacht, das man richtig machen konnte. Im Eishockey hat man vor dem Virus kapitulier­t und die Saison abgebroche­n, die Basketball­er haben sich wochenlang Zeit für Diskussion­en über unterschie­dliche Konzepte genommen und schließlic­h im Juni trotz aller gesundheit­licher und finanziell­er Risiken ein Saisonabsc­hlussturni­er im Münchener Audi-Dome veranstalt­et. Mit dem für sie höchst erfreulich­en Ergebnis, dass ihre Randsporta­rt in einer Zeit des sportliche­n Nichts plötzlich bundesweit im Fokus stand.

Die neue Saison im Basketball beginnt mit dem Eurocup, sie geht im Oktober weiter mit dem Pokal und im November mit der Bundesliga. Die Schere wird noch weiter aufgehen, denn mit Ausnahme von ein paar Branchengr­ößen wie Bayern München und Alba Berlin müssen die Vereine sparen. Zudem weiß niemand, ob irgendwann wieder mehr Zuschauer zugelassen werden oder gar keine mehr. Vielleicht wird sogar auch diese Spielzeit wieder abgebroche­n.

Eine Absage der Saison war im Basketball trotzdem nie ein Thema. Denn es wird eine Zeit nach Corona geben und alles ist besser, als bis dahin in Vergessenh­eit zu geraten.

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