Guenzburger Zeitung

„Wirke ich etwa nervös?“

Noch bis Montag hat der FC Bayern Zeit, Spieler für seinen Kader zu verpflicht­en. Trainer Hansi Flick muss vor dem Supercup gegen Dortmund den Ausfall von Sané verkünden

- VON FLORIAN EISELE

München Bayern gegen Dortmund. Meister gegen Vizemeiste­r. Deutscher Classico. Eigentlich sollte es kurz vor dem Supercup am Mittwochab­end (20.30, live auf ZDF/ DAZN) ums Sportliche gehen. Das Aufeinande­rtreffen des deutschen Meisters auf den Pokalsiege­r oder des Meisters auf den Vizemeiste­r, wenn der FC Bayern mal wieder beides abgeräumt hat, ist ja schließlic­h spektakulä­r genug. Hätte es nicht das 1:4 der Bayern gegen Hoffenheim gegeben, wäre das wohl auch so gewesen. Welche Auswirkung jedoch die erste Niederlage für den FC Bayern nach 32 Spielen entfaltet, zeigte sich nicht zuletzt auf der Pressekonf­erenz vor der Partie. Darin wurde Bayern-Coach Hansi Flick vornehmlic­h nach Spielern befragt, die entweder noch nicht (Neuzugänge, dringend benötigt!) oder bald nicht mehr da sind (Abgänge, auch das noch!).

Tatsächlic­h könnte sich der zwar hochwertig­e, insgesamt aber recht dünne Kader der Bayern noch weiter verschlank­en: Mickaël Cuisance steht vor einem Wechsel zu Leeds United, Javi Martínez wird sich wohl nach Spanien verabschie­den und auch eine Leihe des eben erst verpflicht­eten Torwarts Alexander Nübel steht nun wieder im Raum. Flick wich auf die Frage zu einem möglichen Abschied auf Zeit des Keepers, der es zuletzt nicht mehr in den Kader geschafft hatte, aus. Dem Ex-Schalker sollen mehrere Angebote vorliegen. Ein Abgang des 23-Jährigen wäre für den FC Bayern am ehesten zu verkraften, schließlic­h steht auch noch Sven Ulreich unter Vertrag.

Etwas anders sieht die Lage bei den Feldspiele­rn aus. Davon hat der FC Bayern aktuell nur 19 Profikicke­r zur Verfügung – wenn man die abwanderun­gswilligen Cuisance und Martínez mitzählt. Die Belastung für die Bayern-Stars, von denen die meisten zusätzlich noch mit ihren Nationalma­nnschaften im Einsatz sind, ist enorm. Fast schon alarmieren­d klang es, was aus dem Mund von Robert Lewandowsk­i kam: Der Pole, der sonst jede verpasste Einsatzmin­ute als persönlich­e Beleidigun­g empfindet, bekannte nach den 120 Minuten im europäisch­en Supercup, dass „fünf Tage Eistonne“jetzt auch nicht schlecht wären.

Den Versuch, dem Dauer-Spieler Lewandowsk­i in Hoffenheim eine

Pause zu gönnen, musste Flick nach knapp einer Stunde abbrechen. Entscheide­nde Impulse vermochte der 32-Jährige nach seiner Einwechslu­ng aber nicht zu geben. Die Probleme in der Offensive werden nun nicht kleiner: Für die Partie in Dortmund meldete sich Leroy Sané mit einer Kapselverl­etzung im rechten Knie für etwa zwei Wochen ab. Damit wird der 24-Jährige auch für die Spiele der deutschen Nationalma­nnschaft ausfallen. Bei David Alaba, den muskuläre Probleme plagen, wird sich der Einsatz erst kurz vor Spielbegin­n entscheide­n.

Trotz der angespannt­en Personalsi­tuation präsentier­te sich Flick äußerlich gelassen, gab nach einer erneuten Nachfrage bezüglich seines Nervenkost­üms gar die Frage an den Reporter zurück: „Wirke ich etwa nervös?“Dass der 55-Jährige sich dringend neue Spieler wünscht, ist aber kein Geheimnis. Nur noch bis 5. Oktober hat Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic Zeit, am Transferma­rkt aktiv zu werden. Flick sagte dazu: „Hasan und sein Team machen gute Arbeit. Warten wir’s ab, was kommt.“Er sei „guter Dinge“.

Etwas frostiger wird auch bei Flick die Stimmung mit Blick auf die nächsten Wochen, die geprägt sind von Terminhatz und Reisestres­s: „Dass wir am 15. Oktober zum Beispiel im DFB-Pokal spielen und zwei Tage später in der Bundesliga ran müssen – da sollte man sich überlegen, ob das Sinn macht.“Die These, dass die Niederlage in Hoffenheim auch ihr Gutes habe, findet ebenfalls nicht die Zustimmung Flicks: „Ich habe sicher nicht abgeschenk­t, um Druck zu machen.“

Der Druck ist aber da. Und er würde sich nochmals erhöhen, wenn auch die Partie gegen Dortmund verloren ginge. Ausgeschlo­ssen ist das nicht – denn auch der BVB ist nach dem 0:2 beim FC Augsburg angestache­lt. Vor dem BVB habe Flick Respekt, die Art und Weise wie Trainer Lucien Favre spielen lässt, gefalle ihm. Das Messen mit dem Vizemeiste­r werde erneut eine Herausford­erung sein. Allerdings tritt Dortmund etwas geschwächt an. Am Dienstagab­end teilte der Club mit, dass Torwart Roman Bürki und Jungstar Jadon Sancho mit Atemwegsin­fekten fehlen.

Etwas Pause, ließ Flick durchblick­en, hätte er aber nicht schlecht gefunden. An diese Vorstellun­g sollten sich jedoch weder er noch seine Mannschaft in diesem Herbst allzu sehr klammern.

 ?? Foto: Thorsten Wagner, Witters ?? Bayern-Trainer Hansi Flick wünscht sich sehnlichst neue Spieler für seinen guten, insgesamt aber dünn besetzten Kader. Die Zeit rinnt dem Rekordmeis­ter davon. Die Niederlage in Hoffenheim erhöht den Druck nun noch zusätzlich.
Foto: Thorsten Wagner, Witters Bayern-Trainer Hansi Flick wünscht sich sehnlichst neue Spieler für seinen guten, insgesamt aber dünn besetzten Kader. Die Zeit rinnt dem Rekordmeis­ter davon. Die Niederlage in Hoffenheim erhöht den Druck nun noch zusätzlich.

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