Guenzburger Zeitung

Geständnis: Mediziner war jahrelang Doping-Helfer

Mark S. streitet aber ab, dass es ihm bei den Manipulati­onen ums Geld gegangen sei

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München Der Mediziner Mark S. hat als Hauptangek­lagter im Blutdoping­Prozess ein umfassende­s Geständnis abgelegt und Manipulati­onen seit 2012 eingeräumt. In einer von seinen Anwälten verlesenen Erklärung räumte der Erfurter am Dienstag ein, von jenem Jahr an vor allem Winterund Radsportle­r betreut zu haben. Neue und bislang unbekannte Namen von ehemaligen Kunden nannte er nicht. Mark S. unterstric­h, dass es ihm nicht um Geld gegangen sei, sondern dass er nur kostendeck­end gearbeitet habe. „Ich habe mit Doping keinen Gewinn erzielt“, hieß es in der Erklärung. Von den Athleten habe er normalerwe­ise pro Saison 5000 Euro als Grundbetra­g für die medizinisc­he Betreuung erhalten – intensiver­e Maßnahmen kosteten mehr. Er habe große Ausgaben etwa durch Spezialequ­ipment zur Blutaufber­eitung sowie durch Reise- und Hotelkoste­n gehabt. Bei der Verhandlun­g

demonstrie­rte der Arzt in dem Gerichtssa­al des Justizpala­stes an diversen Maschinen, wie diese funktionie­ren. Darüber hinaus widersprac­h er dem Vorwurf, die Athleten durch die Behandlung­en in Gefahr gebracht zu haben. „Mir war immer wichtig, dass den Sportlern kein gesundheit­licher Schaden zugefügt wird.“

Zu einem Fall in der Anklage, wonach er einer Mountainbi­kerin ein gefährlich­es Präparat verabreich­t habe, sagte er, dass er der Österreich­erin sehr wohl berichtet habe, dass er selbst keine Tests mit dem Mittel durchgefüh­rt habe. Die Staatsanwa­ltschaft wirft Mark S. bei dieser Episode gefährlich­e Körperverl­etzung vor. Die Staatsanwa­ltschaft München listet fast 150 Vergehen gegen den 42 Jahre alten Mediziner auf. Mark S. räumte die meisten Taten ein, widersprac­h aber auch in gut einem Dutzend der aufgeliste­ten Fälle.

In den ersten beiden Prozesswoc­hen sagten bereits zwei Helfer von Mark S. – die Krankensch­wester Diana S. und der Rettungssa­nitäter Sven M. – aus und bestätigte­n weitgehend die Ergebnisse der Ermittlung­en in der „Operation Aderlass“. Der Erfurter Arzt habe sie demnach damit beauftragt, Sportlern an diversen Orten

Blut abzunehmen und zuzuführen. Das bestätigte nun auch der Mediziner selbst. Mark S. als weiterer Angeklagte­r hatte ausrichten lassen, von den Machenscha­ften seines Sohnes gewusst zu haben. Einzig der fünfte Angeklagte in dem Verfahren, der Bauunterne­hmer Dirk Q., äußerte sich bislang nicht. Er sitzt neben Mark S. seit Anfang 2019 in Untersuchu­ngshaft, weil er laut Staatsanwa­ltschaft ebenfalls Athleten Blut entnommen und wieder injiziert hat, unter anderem während der Olympische­n Winterspie­le 2018 in Pyeongchan­g. Sein Anwalt hatte zu Beginn des Prozesses gefordert, das Verfahren wegen angeblich mehrerer Unrechtmäß­igkeiten einzustell­en.

Mark S. berichtete von seiner Zeit als Teamarzt der Radrennstä­lle Gerolstein­er und Milram von 2007 bis 2010. Obwohl die beiden Teams wegen Dopingfäll­en aufgelöst worden waren, stritt er ab, in jene Manipulati­onen

verwickelt gewesen zu sein. „Warum ich mich danach entschloss, Eigenblutd­oping anzuwenden, das kann ich nicht sagen. Die Faszinatio­n und die Liebe zum Sport waren die Antriebswe­lle für diese Entscheidu­ng“, ließ der Thüringer verlesen.

Er gab an, dass er von teilweise abenteuerl­ichen Dopingmeth­oden erfahren habe. Er habe aber den Sportlern auf „höchstem Niveau“helfen wollen. Im größten deutschen Doping-Prozess seit Jahren sind insgesamt 26 Verhandlun­gstage anberaumt, ein Urteil wird kurz vor Weihnachte­n erwartet. Die Ermittlung­en hatten im Januar 2019 nach einer ARD-Dokumentat­ion und Aussagen des österreich­ischen Langläufer­s Johannes Dürr begonnen. Am 27. Februar kam es daraufhin zu zwei Razzien, eine während der nordischen Ski-WM in Seefeld und zugleich eine in Erfurt, bei der auch Mark S. verhaftet wurde.

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Foto: dpa Doping-Arzt Mark S. legte ein Geständnis ab.

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