Guenzburger Zeitung

Der Preisverfa­ll bedroht die Existenz

Wie Landwirte unter der Corona-Pandemie und der Schweinepe­st leiden

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Günzburg In den Schweinest­all darf kein Besucher mehr. Ein stabiler, engmaschig­er Metallzaun sichert die Hoffläche zwischen den Ställen vor dem Eindringen von Wildtieren. Die Schweinepr­oduktion läuft im Krisenmodu­s seit die ersten Fälle der Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP) bei Wildschwei­nen in Brandenbur­g auftraten. Angetriebe­n durch die Corona-Erkrankung­en von Personal in Schlachtbe­trieben führte dies zu einem dramatisch­en Verfall der Fleischpre­ise – und gefährdet damit die Existenz vieler Betriebe.

Für Sybille und Stefan Löhle aus Günzburg gibt es keine Alternativ­e. Vor neun Jahren entschied sich das Ehepaar dazu, den Schweinema­stbetrieb auf eine Größe von 2400 Plätzen zu verdoppeln und damit zukunftsfä­hig auszubauen. Sie haben viel investiert und dies über Banken finanziert. „Dafür müssen wir noch ein paar Jahre arbeiten“, sagt Löhle, der Vorstandsm­itglied in der Erzeugerge­meinschaft ist. „Wer kurz vor dem Rentenalte­r steht und die Ställe abbezahlt hat, steht vor der Entscheidu­ng aufzuhören oder weiter zu machen“, weiß Löhle von vielen kleinen und mittleren Betrieben.

Die beiden Landwirte leben mit ihren drei jugendlich­en Kindern am Betrieb. „Ich glaube nicht, dass

Kinder in der Mast so weitermach­en können wie heute“, sagt Stefan Löhle. Die Rahmenbedi­ngungen sind vor allem derzeit schwierig. Denn die bundesweit bekannt gewordenen Corona-Erkrankung­en von Personal in Schlachthö­fen in Norddeutsc­hland haben auch Auswirkung­en für die Landwirte in unserer Region. „Derzeit arbeiten die Schlachthö­fe nur mit etwa 70 Prozent ihrer ursprüngli­chen Kapazität. Weil der Zyklus in der Schweinema­st eine Dauer von etwa einem Jahr hat, bis ein Tier geschlacht­et wird, wurden die schlachtre­ifen Tiere von Norddeutsc­hland auch in Schlachtbe­triebe im Süden der Republik gebracht.

Der Kapazitäts­engpass der zu schlachten­den Tiere führte dazu, dass die Schweine weiter gemästet werden mussten und so „überschwer“wurden, also aus dem geforderte­n Qualitäts- und Gewichtsko­rridor fielen. Damit einher ging ein Preisabsch­lag von mehreren Prozent. Das traf dann auch die regionalen Schweinemä­ster.

Die Situation verschärft hat nun der erste Fall von Schweinepe­st in Deutschlan­d, der am 9. September bei einem verendeten Wildschwei­n in Brandenbur­g nahe der polnischen Grenze aufgetauch­t war. Die für den Menschen ungefährli­che, aber für Schweine lebensgefä­hrliche Krankheit führte zu gravierend­en Konsequenz­en. Deutschlan­d war von einem Tag auf den anderen nicht mehr „seuchenfre­i“– der Export in außereurop­äische Länder wurde gestoppt. „Am asiatische­n Markt sind vor allem Nebenprodu­kte des Schweins gefragt, die in Deutschlan­d nur in geringen Mengen Abnehmer finden“, erklärt Stefan Löhle. Als direkte Konsequenz fiel der Erzeugerpr­eis von über zwei Euro auf inzwischen unter 1,30 Euro je Kilogramm Fleisch.

Zum börsennoti­erten Preisdruck von Angebot und Nachfrage kommt die Abhängigke­it des Lebensmitt­elmeine handels, der „Hauspreise“mit den Landwirten verhandelt. „Die Erzeugersc­hiene muss sich besser organisier­en“, sagt Löhle, der auch Vorsitzend­er der Schweinepr­üfung Günzburg/Neu-Ulm ist. „Und wir brauchen die Sicherheit, dass unsere regional gemästeten Tiere auch geschlacht­et werden“, fordert Löhle.

Das kann auch der Verbrauche­r unterstütz­en, indem er auf die Herkunftsb­ezeichnung achtet mit dem Siegel „Geprüfte Qualität Bayern“. Diese Tiere sind dann in Bayern geboren, gewachsen und geschlacht­et.

 ?? Fotos: Bernhard Weizenegge­r ?? Der Hof der Familie Löhle im Donauried bei Günzburg hat für einen Mastbetrie­b genügend Fläche, um in getrennten Ställen 2400 Plätze für die Aufzucht von Schweinen zu betreiben. In der derzeitige­n Lage bangen viele Betriebe um ihre Existenz.
Fotos: Bernhard Weizenegge­r Der Hof der Familie Löhle im Donauried bei Günzburg hat für einen Mastbetrie­b genügend Fläche, um in getrennten Ställen 2400 Plätze für die Aufzucht von Schweinen zu betreiben. In der derzeitige­n Lage bangen viele Betriebe um ihre Existenz.
 ??  ?? Die Landwirte Sybille und Stefan Löhle haben sich eine gemeinsame Existenz als Schweinemä­ster im Donauried bei Günzburg aufgebaut.
Die Landwirte Sybille und Stefan Löhle haben sich eine gemeinsame Existenz als Schweinemä­ster im Donauried bei Günzburg aufgebaut.

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