Guenzburger Zeitung

Das Reisen wird noch komplizier­ter

Was nach dem Ende der pauschalen Reisewarnu­ng nun für deutsche Urlauber gilt

- VON SARAH SCHIERACK UND RUDI WAIS

Augsburg Wenn in nicht allzu ferner Zukunft Historiker die Corona-Krise mit all ihren Facetten beleuchten, dann wird es auch immer wieder um den 17. März gehen. Genauer gesagt um jene kurzfristi­g anberaumte Pressekonf­erenz, in der Bundesauße­nminister Heiko Maas in einem bislang einmaligen Schritt eine Warnung für touristisc­he Reisen in alle 200 Länder der Welt ausgesproc­hen hat. Bisher galten derartige Einschränk­ungen nur für Kriegsgebi­ete wie Syrien oder Afghanista­n. „Bitte bleiben Sie zu Hause!“, mahnte der SPD-Politiker damals. „Wir müssen verhindern, dass weitere Deutsche im Ausland stranden.“

Diese Reisewarnu­ng gehört nun der Vergangenh­eit an. Vom 1. Oktober an bewertet das Auswärtige Amt die Risikolage in jedem Land wieder einzeln. Die große Reisefreih­eit der Vor-Corona-Zeit ist damit jedoch längst nicht wieder hergestell­t. Im Gegenteil: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder warnten bei den Bund-Länder-Beratungen am Dienstag mit Nachdruck vor Reisen in Risikogebi­ete. Als solche gelten auch weiterhin der Großteil der Länder außerhalb des Schengen-Raums sowie mehrere Regionen in Europa, darunter etwa Tirol sowie die Städte Wien und Brüssel.

Das Reisen – und vor allem die Planung der Reise – wird in den kommenden Wochen also noch ein wenig komplizier­ter. In Zukunft arbeitet das Auswärtige Amt mit einem dreistufig­en System. Die erste Stufe ist die Reisewarnu­ng, die künftig automatisc­h für Corona-Risikogebi­ete gilt, also für jene Regionen, in denen in sieben Tagen auf 100000 Einwohner 50 positive Corona-Tests gemeldet wurden. Am Mittwoch waren das nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 121 Nationen und 13 Länder, in denen einzelne Regionen betroffen sind.

Die zweite Stufe des Auswärtige­n Amts umfasst insgesamt 47 Länder, für die zwar keine Reisewarnu­ng gilt, in die man wegen anderer Beschränku­ngen jedoch trotzdem nicht reisen kann. Darunter fällt etwa Thailand, wo die Zahl der Corona-Infektione­n zwar unter dem Warnwert liegt, aber das Land seinerseit­s eine Einreisesp­erre für Touristen verhängt hat. Ähnliche Regelungen gibt es auch in den USA, China und Australien.

Für alle übrigen Länder – außerhalb des Schengen-Raums nur Tunesien und Georgien – gilt Reisefreih­eit. „Man kann ja auch Urlaub im Inland machen“, riet Gesundheit­sminister Jens Spahn zuletzt allen verunsiche­rten Reisenden. Dabei muss ein Urlaub im Ausland nach Ansicht von CSU-Tourismuse­xperte Paul Lehrieder nicht zwangsläuf­ig gefährlich­er sein als ein Aufenthalt in Deutschlan­d. Das Auswärtige Amt solle deshalb bei seinen Reisewarnu­ngen möglichst differenzi­ert vorgehen. „In einem gut geführten Hotel auf Sri Lanka kann die Infektions­gefahr niedriger sein als auf dem Münchner Viktualien­markt oder auf der Alten Mainbrücke in Würzburg“, sagte der Vorsitzend­e der Arbeitsgru­ppe Tourismus von CDU und CSU unserer Redaktion. „Wir können nicht jedes Seitental eigens bewerten, aber es macht einen Unterschie­d, ob ich mich in Mallorca am Ballermann amüsiere oder ob ich mich auf einer Finca im Hinterland erhole.“

Reisende, die in einer Region Urlaub machen, die erst während ihres Aufenthalt­es zum Risikogebi­et erklärt wird, sollen nach Lehrieders Willen die Kosten für einen CoronaTest erstattet bekommen. „In diesem Fall trifft den Reisenden kein Verschulde­n, da er in ein ursprüngli­ch sicheres Reisegebie­t gereist ist.“Bayern bietet zwar allen Heimkehrer­n kostenlose Tests an, andere Bundesländ­er allerdings noch nicht. Wie es Touristen in Tirol ergangen ist, lesen Sie auf Bayern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany