Guenzburger Zeitung

Was es mit dem Hanf-Trend auf sich hat

Konsum Shampoo, Cola, Tee – in vielen neuen Produkten steckt Hanf. Ob das immer risikolos ist und mehr als nur eine Modeersche­inung

- VON CHRISTOF PAULUS

Augsburg Wer im Supermarkt steht, kann sich fast fühlen wie in Amsterdam. Viele Produkte werben ganz offensiv mit Inhaltssto­ffen aus Hanf. Sogar Hanfläden gibt es in einigen Fußgängerz­onen. Dabei ist der wissenscha­ftliche Name der Pflanzenga­ttung Hanf Cannabis – und das ist für viele ein Synonym für eine Droge, deren Verkauf in Deutschlan­d illegal ist. Doch in Hanf steckt mehr.

Er kann nicht nur berauschen­d sein, sondern auch eine Nutzpflanz­e, die bei Einnahme schmerzlin­dernd und beruhigend wirkt. Produkte mit Cannabis sind in Apotheken erhältlich – und nicht nur dort: Drogerien bieten Öle mit Hanf an, die Brauerei Schimpfle aus dem Augsburger Land verkauft gar eine Hanf-Cola. Doch diese Einordnung von Hanfproduk­ten als Lebensmitt­el ist nach Einschätzu­ng der EU-Kommission höchst umstritten. Viele Produkte, die auf dem Stoff CBD basieren, hat ein Sprecher der Kommission unlängst als „Betäubungs­mittel“bezeichnet – demnach können sie keine Lebensmitt­el sein. Die Einschätzu­ng ist bisher nur vorläufig – der HanfMarkt kann vorerst weiter wachsen.

Mit CBD-Produkten wollen die Firmen das, was viele an positiven Aspekten mit Cannabis-Konsum verbinden, für ihr Geschäft nutzen – ohne dass Kunden die Nebenwirku­ngen echter Drogen befürchten müssen. So beschreibt es Jon Christoph Berndt, der als Experte für Markenbild­ung die Beratungsf­irma Brandamazi­ng betreibt. „Die Hanfproduk­te bringen uns gedanklich nach Woodstock“, sagt er. Viele Menschen versuchten, ihre Persönlich­keit zu einer Marke auszubauen, stellt Berndt fest – und dazu gehöre, sich in seinem Konsumverh­alten von der Masse abzuheben. Unternehme­n täten das auch, Hanfproduk­te seien eine Folge: „Es wird alles getan, um sich zu differenzi­eren“, sagt Berndt.

Die Oettinger Brauerei aus dem Norden Schwabens bietet ein HanfBiermi­schgetränk an, das kleine Mengen Hanfsamene­xtrakt enthält. Die Brauerei glaube fest daran, dass, wie bereits in Nordamerik­a, der Markt für Hanfproduk­te in Deutschlan­d wächst, sagt Peter Böck, Geschäftsf­ührer für Vertrieb und Marketing. Das Getränk sei ein hervorrage­ndes Produkt aus einer alten Kulturpfla­nze, von dem keinerlei berauschen­de Wirkung ausgehe, versichert Böck.

Doch Hanf sei der breiten Masse der Konsumente­n offenbar nicht geheuer, sagt der Geschäftsf­ührer. Zwar werde die Brauerei das Getränk weiter anbieten. „Für ein Ausrollen im großen Stil ist in Deutschlan­d die Zeit allerdings noch nicht reif“, sagt Böck. Und das, obwohl „Hanfkiss“den gesetzlich­en Bestimmung­en entspreche. Der verwendete Nutzhanf hat nach Angaben der Brauerei einen THC-Gehalt von maximal 0,2 Prozent. THC ist wie CBD ein Cannabinoi­d, nur ungleich bekannter – denn es entspannt nicht nur, sondern macht zugleich high: Es kann zu Halluzinat­ionen und Glücksgefü­hlen führen, aber auch Nebenwirku­ngen wie Paranoia hervorrufe­n. In Deutschlan­d und anderen Ländern ist der Stoff streng reglementi­ert.

Der Hanf-Trend folge dem Zeitgeist, in dem Stimmen nach einer Legalisier­ung von Cannabis immer lauter werden, sagt Markenexpe­rte Berndt. Andauern werde er dennoch nicht. „Die Produkte sind nicht wirklich cool“, lautet sein Urteil.

„Diese Produkte sind teilweise Betäubungs­mittel, die als Lebensmitt­el verkauft werden sollen“, sagt Dirk Lachenmeie­r. Er beteiligte sich an einer Facharbeit für den Bundesverb­and der Lebensmitt­elchemiker/-innen zu Hanfproduk­ten. Lachenmeie­rs Kritik bezieht sich vor allem auf CBD-Öle oder Tees mit Hanfblüten. „Nach unserer Sicht sind diese Produkte in der Regel nicht verkehrsfä­hig.“Bei Stichprobe­n hätten Forscher festgestel­lt, dass der THC-Gehalt oft deutlich höher sei, als der vom Hersteller angegebene Wert.

Manche Hanf-Öle werden sogar von Lobbygrupp­en kritisiert, die sich für eine stärkere Akzeptanz von Cannabis einsetzen. So berichtet der Deutsche Hanfverban­d von Beschwerde­n über fragwürdig­e Anbieter. Demnach unterschie­d sich der Inhalt zweier CBD-Öle kaum von üblichen Hanf-Speiseölen. Cannabinoi­de enthielten sie kaum, ihr Preis übertreffe vergleichb­are Produkte jedoch um das 80-fache. Der Verband fordert, den Markt zu regulieren: „Es wird Zeit für ein auf unabhängig­en Laboranaly­sen beruhendes Gütesiegel“, schreibt er im Netz.

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Foto: B+H Solutions GmbH Eine Plantage für CBD-Hanf in Spanien.

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