Neuer Blick auf den Gründer
Erster Berlinale-Chef mit NS-Vergangenheit
Berlin Der erste Leiter der Berlinale, Alfred Bauer, hat nach einer neuen Studie eine bedeutendere Rolle im NS-Regime gespielt als bisher bekannt. Nach 1945 habe Bauer seine Stellung in der Filmindustrie in der NS-Zeit systematisch verschleiert, heißt es in einer von der Berlinale in Auftrag gegebenen Untersuchung des Münchner Instituts für Zeitgeschichte (IfZ). Die Erkenntnisse über Bauers Verantwortlichkeiten in der Reichsfilmintendanz und sein Verhalten im Entnazifizierungsverfahren seien bestürzend, erklärte Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek.
Bauer hatte die Berlinale von ihren Anfängen 1951 bis 1976 geleitet. Es stelle sich die Frage, welche personellen Kontinuitäten die deutsche Kulturszene in den Nachkriegsjahren prägten, erklärte Rissenbeek weiter. „Durch die neuen Kenntnisse verändert sich auch der Blick auf die Gründungsjahre der Berlinale.“
Der Autor der Studie, der Historiker Tobias Hof, kommt zu dem Schluss, dass Bauer durch seine Tätigkeit bei der Reichsfilmintendanz einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Funktionieren des deutschen Filmwesens in der NS-Diktatur und damit zu ihrer Stabilisierung und Legitimierung geleistet habe. Es sei deutlich geworden, so das IfZ, dass Bauer als Referent der Reichsfilmintendanz von 1942 bis 1945 über die gesamte deutsche Filmindustrie bestens informiert war und im Bereich der Produktionsplanung eine zentrale Rolle spielte.