Guenzburger Zeitung

Handballer altern langsamer

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger-allgemeine.de

In einem Alter, in dem andere Spitzenspo­rtler schon die erste postaktive Depression hinter sich haben, will Christian Zeitz es noch einmal wissen. Mitte November feiert er seinen 40. Geburtstag – und wenn ihm keine Verletzung und kein Corona-Lockdown dazwischen funken, wird er wenige Tage später für den Bundesligi­sten Minden schon wieder in der Handballha­lle stehen und sich durch die Abwehrreih­e der Rhein-Neckar-Löwen wühlen. In der dürfte dann auch der Isländer Alexander Petersson stehen. Er ist im Juli bereits 40 geworden.

Seltene Ausnahmen? Von wegen! Während in der Fußball-Bundesliga der Jugendkult manische Züge annimmt und in Dortmund bereits 17-jährige in der Startelf stehen, sind im Handball zu Beginn der neuen Saison an diesem Donnerstag Routine und Erfahrung gefragt. In Minden zum Beispiel wird hinter Zeitz der Franke Carsten Lichtlein das Tor hüten, der zwei Wochen vor ihm die 40 vollmacht. Die RheinNecka­r-Löwen haben soeben den 37-jährigen Kreisläufe­r Rafael Baena verpflicht­et, in Ludwigshaf­en steht mit dem Slowenen Gorazd Skof ein 43-jähriger im Tor – und bei den Berliner Füchsen trifft Hans Lindberg, gerade 39 geworden, auf Rechtsauße­n so zuverlässi­g wie eh und je. In der abgelaufen­en Saison war der Schwede der zweitbeste Torschütze der Liga.

Zeitz, einer der erfolgreic­hsten deutschen Handballer überhaupt, hatte seine Karriere eigentlich bei Nussloch in der dritten Liga ausklingen lassen wollen, ehe ihn zunächst ein Ruf des schwächeln­den Erstligist­en TBV Stuttgart ereilte und jetzt das Angebot aus Minden. Dass Spieler wie er sich im fortgeschr­ittenen Sportleral­ter während einer Partie ihre Auszeiten auf der Bank nehmen und anschließe­nd wieder eingewechs­elt werden können, macht die Sache natürlich leichter. Aber vielleicht sind Handballer auch nur härter im Nehmen und keine solchen Mimosen wie die Kollegen vom Fußball. Sie wälzen sich nicht nach jedem Rempler auf dem Boden, sie müssen bei Weltoder Europameis­terschafte­n nicht einmal pro Woche ran, sondern jeden zweiten Tag – und sie sind es auch sonst gewohnt, sich zu quälen. Dem Isländer Petersson etwa drohte mit Anfang 30 nach einer Schulterve­rletzung schon das Karriereen­de – in einem Alter also, in dem Fußballer sich für gewöhnlich in ein sorgenfrei­es Leben danach verabschie­den. Petersson aber kämpfte sich unter Schmerzen zurück und will im nächsten Jahr auch noch bei den Olympische­n Spielen dabei sein – mit dann 41 Jahren.

Dafür werden die Trainer immer jünger. Jaron Siewert, der Nagelsmann des Handballs, ist gerade mit Tusem Essen in die Bundesliga aufgestieg­en und anschließe­nd zu den Berliner Füchsen gewechselt. Er ist 13 Jahre jünger als sein Rechtsauße­n Lindberg.

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