Guenzburger Zeitung

Geld sparen bei der Krankenver­sicherung

Wer eine Betriebsre­nte bezieht, für den fallen als Pflichtver­sicherter weniger Beiträge an. Auch für Privatvers­icherte finden sich Wege, um die Kosten zu drücken. Was die Leser von den Experten wissen wollten

-

Jeder braucht sie – und praktisch jeder nutzt sie. Die Krankenver­sicherung zählt für die Bundesbürg­er zu den wichtigste­n Absicherun­gen. Die meisten Bürger sind gesetzlich versichert. Die Beiträge werden vom Gehalt abgezogen. Doch das System in Deutschlan­d ist komplex: Selbst wenn man nicht mehr im Berufslebe­n steht, werden bei Pflichtver­sicherten Beiträge auf die Krankenver­sicherung fällig, zum Beispiel auf Betriebsre­nten. Doch hier hat sich einiges geändert. Neben der gesetzlich­en Krankenver­sicherung gibt es die private Krankenver­sicherung. Vom einen System in das andere zu wechseln, ist nicht immer leicht. Da bei jedem die Lebenssitu­ationen unterschie­dlich sind, ergeben sich viele Fragen. Am Lesertelef­on unserer Redaktion zum Thema Krankenund Rentenvers­icherung standen deshalb die Telefone nicht still. Da nicht alle Anrufer zu unseren Experten durchkamen, haben wir wichtige Fragen und Antworten zusammenge­fasst. Auskunft gaben Thomas Grau von der AOK Bayern, Hubert Zimmermann vom Verband der privaten Krankenver­sicherung und Peter Klipp von der Stiftung Warentest.

Ich bin schon seit Jahren familienve­rsichert. Kann ich trotzdem etwas hinzuverdi­enen?

Ja, das kann beispielsw­eise ein 450-Euro-Job sein. Oder Sie haben andere Einkünfte bis maximal 455 Euro, etwa aus Vermietung oder Verpachtun­g. Übersteige­n Ihre Einkünfte – dabei werden alle Einnahmen berücksich­tigt – diese 455 Euro monatlich, endet die Familienve­rsicherung. Dann müssen Sie sich freiwillig versichern.

Was würde eine solche freiwillig­e Versicheru­ng kosten?

Da der Gesetzgebe­r freiwillig Versichert­en ein Mindestein­kommen von 1061,67 Euro monatlich unterstell­t, liegt der Mindestbei­trag für die Kranken- und Pflegevers­icherung bei rund 200 Euro im Monat. Das gilt auch dann, wenn Sie geringere Einkünfte haben. Der Höchstbeit­rag kostet aktuell rund 880 Euro im Monat.

Ich war einige Jahre in Österreich gesetzlich krankenver­sichert. Wird das bei uns auch als Mitgliedsc­haft anerkannt?

Ja, diese Zeiten werden voll berücksich­tigt.

Seit Anfang des Jahres gibt es ja ein Gesetz, wonach man weniger Beiträge für die Betriebsre­nte zahlen muss. Wie viel weniger sind es denn genau?

Es gibt tatsächlic­h seit dem 1. Januar für Pflichtver­sicherte einen Freibetrag von 159,25 Euro monatlich für Betriebsre­nten. Nur für die Summe, die darüber hinausgeht, ist dann der Beitrag an die Krankenver­sicherung zu zahlen. Dieser wird wie bisher in voller Höhe – also 14,6 Prozent plus

Zusatzbeit­rag – fällig. 2021 wird der Freibetrag voraussich­tlich bei 164,50 Euro liegen. Eine Besonderhe­it ist auch zu beachten: Für die Pflegevers­icherung gilt der Freibetrag nicht. Für Betriebsre­nten über dem Freibetrag ist also ab dem ersten Euro der volle Beitrag zur Pflegevers­icherung zu zahlen.

Meine Betriebsre­nte liegt nur knapp über dem Freibetrag. Die Beiträge werden mir aber in unveränder­ter Höhe abgezogen. Wie kann das sein?

Wenn Sie Pflichtmit­glied Ihrer Kasse sind, müssen Sie für Ihre Betriebsre­nte seit Januar tatsächlic­h rund 25 Euro weniger an Beiträgen zahlen. Allerdings gibt es technische Umsetzungs­probleme bei den meisten Zahlstelle­n. Die zu viel abgezogene­n Beiträge werden Ihnen automatisc­h erstattet, sobald die Systeme umgestellt sind. Das kann je nach Kasse bis zum Jahresende dauern. Etwas anderes ist es, wenn Sie freiwillig versichert sind. Dann sind die Abzüge korrekt. Denn der Freibetrag gilt für freiwillig versichert­e Kassenmitg­lieder nicht. Der Gesetzgebe­r hat ihn ausdrückli­ch nur für pflichtver­sicherte Mitglieder beschlosse­n.

Neben der Alters- werde ich eine Betriebsre­nte bekommen. Kann ich dann auch den Freibetrag nutzen? Ich bin privat versichert. Privatvers­icherter müssen Sie grundsätzl­ich keine Beiträge für Betriebsre­nten zahlen.

Meine berufliche Selbststän­digkeit werde ich beenden. Kann ich danach von der privaten in die gesetzlich­e Kasse wechseln? Ich bin 60 Jahre alt.

Normalerwe­ise darf man nicht mehr in die gesetzlich­e Kasse wechseln, wenn man über 55 ist. Aber eine Möglichkei­t gibt es: Sollten Ihre monatliche­n Gesamteink­ünfte unter 455 Euro liegen, können Sie in die beitragsfr­eie Familienve­rsicherung Ihrer gesetzlich versichert­en Ehefrau wechseln. Zu den Gesamteink­ünften zählen unter anderem private Renten- und Lebensvers­icherungen, Miet- und Pachteinna­hmen sowie Kapitalert­räge. Im nächsten Jahr steigt der Betrag, bis zu dem die Familienve­rsicherung möglich ist, voraussich­tlich auf 470 Euro monatlich.

Ich weiß, dass man eine bestimmte Zeit gesetzlich versichert gewesen sein muss, um in die Krankenver­sicherung der Rentner (KVdR) zu kommen. Mir fehlen nur zwei Jahre, sodass ich zum freiwillig Versichert­en wurde und nun auch auf meine Mieteinnah­men und meine private Rente Beiträge zahlen muss. Kann ich das ändern?

Für die KVdR-Mitgliedsc­haft ist tatsächlic­h Voraussetz­ung, dass Sie 90 Prozent der zweiten Hälfte des Erwerbsleb­ens gesetzlich versichert waren. Da Ihnen nur zwei Jahre fehlen, können Sie eine Regelung nutzen: Weil Sie Kinder erzogen haben, werden Ihnen pro Kind drei Jahre Mitgliedsc­haft angerechne­t. Legen Sie die Nachweise Ihrer Kasse vor und Sie können in die KVdR wechAls seln. Dann müssen Sie nur für Ihre Altersrent­e und gegebenenf­alls für Arbeitsein­kommen und Betriebsre­nten Beiträge zahlen.

Ich werde im November mein Gewerbe aufgeben und in Altersrent­e gehen. Dann wird mir der Beitrag zur privaten Krankenver­sicherung zu teuer. Kann ich den auf irgendeine Weise senken lassen?

Als Erstes können Sie Ihre Krankentag­egeldversi­cherung kündigen. Außerdem sollten Sie mit dem Rentenantr­ag auch den Antrag auf den Beitragszu­schuss zur privaten Krankenver­sicherung stellen. Das sind 7,85 Prozent der gesetzlich­en Rente. Ab nächstem Jahr sind es voraussich­tlich 7,95 Prozent. Dann lassen Sie sich von Ihrem Versichere­r Angebote für einen gleichwert­igen, aber günstigere­n Tarif zuschicken. Das Wechselrec­ht ist gesetzlich verbrieft. Ist Ihr Wunschtari­f dabei, können Sie problemlos wechseln – ohne neue Gesundheit­sprüfung. Ist ein Tarifwechs­el für Sie keine Option, können Sie durch Leistungsv­erzicht oder die Erhöhung des Selbstbeha­ltes Beiträge sparen. Ob der Wechsel in den Standardta­rif im Fall einer finanziell­en Notlage sinnvoll ist, sollten Sie mit der Versicheru­ng besprechen und sich Für und Wider erläutern lassen. Der Standardta­rif umfasst etwa das Leistungss­pektrum der gesetzlich­en Kassen.

Ich wechsle von der Selbststän­digkeit in eine Festanstel­lung. Hat das Konsequenz­en für meine private Krankenver­sicherung? Ich bin 39 Jahre alt.

Das hängt allein von Ihrem Bruttogeha­lt ab. Verdienen Sie weniger als 5212,50 Euro im Monat, werden Sie gesetzlich pflichtver­sichert. Gegenüber der Privatvers­icherung haben Sie dann ein Sonderkünd­igungsrech­t. Verdienen Sie mehr, bleiben Sie privat versichert. Der Arbeitgebe­r zahlt dann einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegevers­icherung. Und zwar die Hälfte des Beitrages, maximal 439,45 Euro. Im nächsten Jahr liegt der Maximalzus­chuss voraussich­tlich bei 458,35 Euro monatlich.

Ich habe in diesem Jahr erstmals eine Beitragsrü­ckerstattu­ng von meiner privaten Krankenver­sicherung überwiesen bekommen. Muss ich davon einen Teil an meinen Arbeitgebe­r zahlen? Er hat ja den Beitrag bezuschuss­t.

Nein. Sie können die komplette Summe behalten.

Ich interessie­re mich angesichts der hohen Eigenantei­le für eine ZahnZusatz­versicheru­ng. Kann man irgendwo einen guten Preis-Leistungs-Vergleich nachlesen?

Ja, unter www.test.de ist das bei der Stiftung Warentest möglich. Dort sind auch die wichtigste­n Vertragsbe­dingungen und Auswahlkri­terien beschriebe­n.

Notiert von Uwe Strachovsk­y

 ?? Foto: Lothar Drechsel, stock.adobe.com ?? Pflichtmit­glieder einer Krankenver­sicherung zahlen seit Januar rund 25 Euro weniger an Beiträgen auf ihre Betriebsre­nte. Dieser Vorteil ist noch nicht bei allen Betroffene­n angekommen.
Foto: Lothar Drechsel, stock.adobe.com Pflichtmit­glieder einer Krankenver­sicherung zahlen seit Januar rund 25 Euro weniger an Beiträgen auf ihre Betriebsre­nte. Dieser Vorteil ist noch nicht bei allen Betroffene­n angekommen.
 ??  ?? Thomas Grau von der AOK Krankenkas­se Bayern
Thomas Grau von der AOK Krankenkas­se Bayern
 ??  ?? Peter Klipp von der Stiftung Warentest
Peter Klipp von der Stiftung Warentest
 ??  ?? Hubert Zimmermann vom Verband der privaten Krankenver­sicherung
Hubert Zimmermann vom Verband der privaten Krankenver­sicherung

Newspapers in German

Newspapers from Germany