Da gibt’s ein Hendl zu rupfen
Irgendwann kommt eines zum anderen und zum Schluss hat man seinen Ruf weg. Das war schon bei Edmund Stoiber so, der mit seltsam schrägen Sätzen („Es sind noch keine Scherben zerbrochen“oder „Der Vater des Wunsches ist hier der Gedankengang“) Kultstatus erlangte. Und auch Hubert Aiwanger scheint auf dem besten Weg zur Kultfigur zu sein. Legendär ist seine Rede vor dem Landtag, als er versuchte, den coronageschädigten Wirten den Kompromiss zur Betriebsschließungsversicherung schmackhaft zu machen, den er mit den Versicherungsunternehmen ausgehandelt hatte: „Die Versicherungen sind auf die Gastrobranche zugegangen und zahlen jetzt schon – also die haben jetzt schon das halbe Hendl bratfertig auf dem Tisch. Alternative wäre gewesen, wenn ich mich zurücklehne, dass ich sag, da läuft das Hendl irgendwo im Garten rum, fang’s dir ein, dann hast du ein ganzes Hendl. Da brauchst du aber einen Rechtsanwalt dazu, und ich garantier dir nicht, dass du das ganze Hendl jemals sehen wirst ...“
Ein Münchner Wirt hat Aiwangers Rat ausgeschlagen und sein Rechtsanwalt hat sich als versierter Hendl-Fänger erwiesen. 1,014 Millionen Euro hat er vor Gericht rausgeholt. Das ist eine fette Beute. Legt man den Preis zugrunde, der zuletzt auf der Wiesn für ein halbes Hendl zu zahlen war (rund zwölf Euro), dann wären das 84 500 bratfertige Portionen. Um sie unter Einhaltung der Corona-Regeln (1,5 Meter Abstand) gemeinsam verzehren zu können, müsste ein beidseitig besetzter „Kumpeltisch“(eine Erfindung Aiwangers) knapp 80 Kilometer lang sein.
Bratfertig auf dem Tisch freilich liegt das fette Eine-Million-EuroHendl noch nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aiwanger ist noch nicht widerlegt. Wenn der Wirt sich aber erfolgreich durch alle Instanzen klagt, dann werden all jene Wirte, die Aiwangers Rat gefolgt sind, mit dem Wirtschaftsminister ein Hendl zu rupfen haben.
Lesen Sie dazu den Artikel „Eine Million Euro für den Augustinerkeller“auf der Wirtschaft.