Goldfinger: Druck auf Staatsanwälte wächst
Oberlandesgericht setzt Ermittlern Frist. Landgericht hebt einen Haftbefehl auf
Augsburg Die Verteidigung feiert im Augsburger Goldfinger-Verfahren weitere Erfolge. Gleichzeitig wächst damit der Druck auf die Staatsanwaltschaft immer mehr. Das Landgericht Augsburg hat einen Haftbefehl gegen den Angeklagten Diethard G. in einem neuen Verfahren aufgehoben. Und nun macht auch das Oberlandesgericht (OLG) München, das sich bislang ein paarmal auf die Seite der Ankläger gestellt hatte, Druck auf die Staatsanwälte.
Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat der Generalstaatsanwaltschaft nach Recherchen unserer Redaktion ein deftiges Schreiben geschickt. Darin heißt es, dass seit der letzten Beschwerde der Verteidiger schon mehrere Monate verstrichen seien. Das OLG bittet um Mitteilung, ob noch Ermittlungsergebnisse ausstehen, welche das sind und seit wann diese vorliegen. Ferner will der Senat wissen, wie die weiteren Planungen der Staatsanwaltschaft Augsburg sind. Das OLG setzt den Ermittlern sogar eine Frist: Binnen zehn Tagen will es Antworten.
Aus dem Schreiben wird zum einen klar, dass es dem Oberlandesgericht nicht schnell genug geht. Wenn in einem Verfahren Haftbefehle bestehen, und das ist in diesem Fall seit 20. Dezember 2019 so, gilt ein gesetzliches Beschleunigungsgebot. Zum anderen wollen die OLG-Richter aber offenbar auch Klarheit darüber, wie es inhaltlich weitergehen soll. Das ist insofern interessant, weil sie damit praktisch zwei Forderungen der Verteidiger im Goldfinger-Prozess aufgreifen. Die monieren seit langem, dass die Ankläger das Verfahren verschleppen und ihre Vorwürfe nicht konkreter fassen und belegen.
Hintergrund des Schreibens ist ein neueres Ermittlungsverfahren gegen die beiden angeklagten Münchner Rechtsanwälte und Steuerberater Martin H. und Diethard G. Nachdem der Gesetzgeber das Goldfinger-Steuerschlupfloch 2013 geschlossen hatte, haben die beiden neue Modelle zur Steuergestaltung entworfen. Eines davon heißt „Forward“, auch hier ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Und auch hier hatte das Amtsgericht Augsburg einen Haftbefehl erlassen, eben am 20. Dezember 2019.
Doch parallel zum Schreiben des OLG hat das Augsburger Landgericht jetzt diesen Haftbefehl aufgehoben. Die Augsburger Richter stoßen sich ebenfalls am langen Zeitraum und sehen einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Der Haftbefehl sei daher unverhältnismäßig. Die Richter setzen sich aber auch inhaltlich mit dem „Forward“-Verfahren auseinander. Sie kommen, in aller Kürze erklärt, zu dem Schluss, dass im Moment völlig offen sei, ob es sich bei dem „Forward“-Modell übehaupt um Steuerhinterziehung handelt.